LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5799 07.05.2014 Datum des Originals: 07.05.2014/Ausgegeben: 12.05.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2130 vom 26. März 2014 der Abgeordneten Dirk Wedel und Angela Freimuth FDP Drucksache 16/5419 Untragbare Zustände beim Vollzug des Wochenendarrestes in den Arresträumen der Amtsgerichte Bielefeld und Minden? Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 2130 mit Schreiben vom 7. Mai 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In Nordrhein-Westfalen werden Kurz- und Freizeitarreste auch in Arrestzellen, welche sich in Gebäuden von Amtsgerichten befinden, vollzogen. Die Vollstreckung und Überwachung der Freizeitarreste erfolgt durch Bedienstete des Justizwachtmeisterdienstes. Der Arrest beginnt regelmäßig jeweils am Samstag um 8:00 Uhr und endet in der Regel jeweils am Montagmorgen 8:00 Uhr. Es gibt Hinweise darauf, dass beim Vollzug des sog. Freizeitarrest (umgangssprachlich auch „Wochenendarrest“ genannt) in den Amtsgerichten Bielefeld und Minden völlig untragbare Zustände herrschen sollen. So sollen durch einen einzigen Justizwachtmeister die Vollstreckung und Überwachung – inkl. Beschäftigung und etwaiger Ausgänge – sämtlicher dortiger Arrestanten erfolgen und dies teilweise über die gesamten 48 Stunden. Die Verpflegung der Arrestanten soll so organisiert sein, dass die Ehefrauen der Bediensteten den Einkauf und das Kochen übernehmen. An erzieherische oder pädagogische Ausgestaltung sei durch die zudem insoweit ungeschulten Bediensteten gar nicht zu denken: „es werde z.B. mal Monopoly mit Ihnen gespielt.“ Die Fraktionen von SPD und Grünen hatten im April 2013 ein von der Landesregierung in den Landtag eingebrachtes Jugendarrestvollzugsgesetz verabschiedet, dessen Anwendung – trotz massiver Kritik der FDP-Fraktion – nach § 36 für den Freizeit -und Kurzarrest stark eingeschränkt ist. Die FDP-Fraktion hatte während des Gesetzgebungsverfahrens massiv davor gewarnt, dass durch diese Ausnahmeregelung in § 36 gerade für Arresträume bei den Amtsgerichten die für den Jugendarrestvollzug verbindlichen Standards begründungslos unterlaufen werden können. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5799 2 Der damalige Gesetzentwurf der Landesregierung führte zur Arrestsituation in NordrheinWestfalen aus (vgl. Drs. 16/746, S. 19) aus: „In Nordrhein-Westfalen stehen in sechs Anstalten insgesamt 254 Arrestplätze für den Vollzug des Jugendarrestes zur Verfügung, wobei in einer Anstalt nur Kurz- und Freizeitarreste vollzogen werden. Zusätzlich sind landesweit 170 Plätze in Freizeitarresteinrichtungen bei insgesamt 30 Amtsgerichten für den Vollzug von Kurz- und Freizeitarresten vorhanden.“ 1. Wie viele Arrestanten befanden sich an den bisherigen Wochenenden des Jahres 2014 jeweils in den Arresträumen der Amtsgerichte Bielefeld und Minden zum Vollzug eines Freizeitarrests (bitte getrennt aufgeschlüsselt für beide Gerichte und jedes Wochenende)? Zeitraum Anzahl der Arrestanten AG Bielefeld Anzahl der Arrestantinnen und Arrestanten AG Minden 04.01.2014 - 06.01.2014 11.01.2014 - 13.01.2014 6 18.01.2014 - 20.01.2014 6 25.01.2014 - 27.01.2014 7 01.02.2014 - 03.02.2014 2 (weiblich/männlich) 08.02.2014 - 10.02.2014 5 5 (weiblich) 15.02.2014 - 17.02.2014 22.02.2014 - 24.02.2014 6 01.03.2014 - 03.03.2014 08.03.2014 - 10.03.2014 6 15.03.2014 - 17.03.2014 22.03.2014 - 24.03.2014 6 3 (1 weiblich/ 2 männlich) 29.03.2014 - 31.03.2014 4 (1 weiblich/ 3 männlich) 2. Wie viele Justizwachtmeister waren jeweils an den Wochenenden in 2014 zeit- gleich für welche Dauer für die Vollstreckung und Überwachung dieser Arrestanten im Dienst (bitte getrennt aufgeschlüsselt für beide Gerichte und jedes Wochenende die Zahl der gleichzeitig anwesenden Justizwachtmeister und Dienstzeit pro Kopf)? Bei dem Amtsgericht Bielefeld war für die Dauer der Vollstreckung eines Freizeitarrestes jeweils ein Justizwachtmeister im Dienst. Die Vollstreckung erfolgt von Samstag, 8:00 Uhr, bis Montag, 06:00 Uhr. Bei dem Amtsgericht Minden war an einem Wochenende ein Justizwachtmeister, an drei Wochenenden ein Justizwachtmeister sowie eine Justizbeschäftigte für die Dauer der Vollstreckung des Freizeitarrestes im Dienst. Die Unterstützung durch die Justizbeschäftigte erfolgte an Wochenenden, an denen Freizeitarrest sowohl an Arrestantinnen als auch an Arrestanten vollstreckt wurde. Die Vollstreckung erfolgt von Samstag, 8:00 Uhr, bis Montag, 6:15 Uhr. Die Dienstzeiten der Justizwachtmeister bzw. der Justizbeschäftigten stehen im Einklang mit der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5799 3 3. Inwieweit trifft es zu, dass Justizwachtmeister selbst oder deren Ehefrauen den Einkauf und das Kochen für die Arrestanten übernehmen bzw. wie ist die Verpflegung der Arrestanten ansonsten organisiert? Bei dem Amtsgericht Bielefeld wird die Verpflegung für die dortigen Freizeitarrestanten von der dortigen Kantine geliefert. Bei dem Amtsgericht Minden erfolgt die Verpflegung der Freizeitarrestanten durch den diensthabenden Justizwachtmeister. Dabei handelt es sich ausschließlich um Kaltverpflegung ; eine Zubereitung durch Kochen findet nicht statt. 4. Wie gestaltete sich im Vergleich dazu die Zahl der Freizeitarrestanten, Zahl und Dienstzeiten der Justizwachtmeister sowie Verpflegung der Arrestanten jeweils in den Arresträumen der anderen Amtsgerichte in NRW an den bisherigen Wochenenden des Jahres 2014? Wie auch bei den Amtsgerichten Bielefeld und Minden wurde bei den übrigen Amtsgerichten nicht an jedem Wochenende Freizeitarrest vollstreckt. Sofern vollstreckt wurde, schwankte die Zahl der Arrestantinnen und Arrestanten auch vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Belegungsfähigkeiten der Freizeitarresteinrichtungen von einem bis zu 20 Arrestanten. Die Diensteinteilung der Justizwachtmeisterinnen und Justizwachtmeister bzw. Justizbeschäftigten an Wochenenden mit Freizeitarrest erfolgte zum Teil vergleichbar mit der Diensteinteilung bei den Amtsgerichten Bielefeld und Minden, es gab jedoch ebenfalls Dienstplanmodelle mit bis zu drei Schichten für bis zu neun Justizbedienstete. Die Verpflegung erfolgte zum Teil durch die Justizwachtmeister und Justizwachtmeisterinnen selbst, durch externe Dienstleister oder benachbarte Justizvollzugsanstalten. 5. Wird der von Richtern verhängte Freizeitarrest in den Arresträumen der Amtsge- richte Bielefeld und Minden aus Sicht der Landesregierung insoweit sachgerecht vollzogen (insb. mit Blick auf Gestaltung und Ziel des Arrests und der Sicherheit der Bediensteten)? Ja. Die Landesregierung strebt gleichwohl eine weitere Optimierung des Freizeitarrestes im Lichte der Zielsetzung des Jugendarrestvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen an.