LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5800 08.05.2014 Datum des Originals: 07.05.2014/Ausgegeben: 13.05.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2119 vom 19. März 2014 der Abgeordneten Simone Brand PIRATEN Drucksache 16/5333 UVP Richtlinien in der Landwirtschaft – Sind die Modelle noch Zeitgemäß? Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 2119 mit Schreiben vom 7. Mai 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Beim Bau, oder der Erweiterung von Anlagen, wie in Landwirtschaft oder Industrie, die eine bestimmte Größe überschreiten sind Umwelt-Verträglichkeit-Prüfungen, sogenannte UVPs, gesetzlich vorgeschrieben. Sinn und Ziel solcher UVPs ist es durch solche Bauvorhaben mögliche negative Beeinträchtigungen für die Umwelt zu erkennen, benennen und gegebenenfalls zu vermeiden. In manchen ländlichen Regionen Nordrhein-Westfalens kommt es in letzter Zeit immer wieder zu heftigen Konflikten zwischen Agrarindustrie und Anwohnern, weil durch stetig wachsende Anlagen die Belastungen für die Anwohner immer größer werden. Mitverantwortlich für diese Konflikte sind unter Anderem die Altbestandsregelung für Anlagen die vor 1999 errichtet wurden, die Möglichkeit durch Splittung von Unternehmen mehrere Anlangen die jeweils knapp unter der UVP Pflicht liegen direkt nebeneinander zu bauen oder auch die fehlende Kumulierung von Bauten wenn sie baulich nicht miteinander verbunden sind, die in dem 2013 überarbeiteten Gesetz immer noch verankert sind. Als aktuelles Beispiel sei hier ein Erweiterungsbau eines Schweinezucht und Mastbetriebs in Neubeckum genannt. Kern des Betriebs ist eine Altbestandsanlage mit 620 Sauen und 1026 Ferkeln die als Neubau UVP-pflichtig wäre. Das neue direkt angrenzende Stallgebäude mit 1488 Mastschweinen ist gerade eben nicht UVP-pflichtig. Eine Kumulierung wird nicht als gegeben angesehen, weil die beiden direkt benachbarten Gebäude baulich nicht miteinander verbunden sind. Die beiden Anlagen stehen sehr dicht bei einander wodurch es zu einer LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5800 2 sehr hohen Tierkonzentration in diesem Bereich kommt mit allen negativen Emissionserscheinungen . Würde es sich bei dem Bauvorhaben um einen einzelnen Betrieb handeln, wäre der Bau dennoch UVP-pflichtig. Durch Gründung eines neuen Unternehmens und damit der geschäftlichen Trennung der Betriebe wird hier die UVP-Pflichtigkeit umgangen. 1. Inwiefern plant die Landesregierung die bisherigen Lücken in den Vorschriften zu überarbeiten? Der Anwendungsbereich der Kumulation ist, wie in der Anfrage zutreffend beschrieben wird, eng gefasst, so dass die Kumulation nur selten zur Anwendung kommt. Die Kumulationsregelung des § 3 b Absatz 2 UVPG ist aber eine Bundesregelung, die von der Landesregierung nicht selbst geändert werden kann. Ein denkbarer Bundesratsantrag zur Erweiterung der Regelung hat derzeit keine Erfolgsaussicht. Innerhalb der nächsten 3 Jahre ist sowieso das UVPG an die neue UVP-Richtlinie der Europäischen Union anzupassen. In diesem Rahmen wird dann über mögliche Änderungen des bestehenden UVPG, so z.B. über eine ausgewogene Kumulation, zu entscheiden sein. 2. Wie hoch ist der Prozentsatz der durch die neue Regelung beanstandeten Bau- vorhaben im Vergleich zur vor 2013 geltenden Regelung, aufgelistet nach Kreis und Bezirk? Eine derartige nach Kreis und Bezirk differenzierte Auflistung liegt weder für die immissionsschutzrechtlich noch für die baurechtlich genehmigten Betriebe vor und ist im zeitlichen Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage nicht zusammenzustellen. 3. In welchem Maß ist die Emissionsbelastung in ländlichen Gebieten in den letzten Jahren angestiegen? In Bezug auf die Emissionen in NRW sind die aus dem Emissionskataster Luft bekannten Daten in der nachfolgenden Tabelle dargestellt: Gg (1.000 t) 2000 2004 2008 2012 NOx NH3 PM 10 PM 2,5 NOx NH3 PM 10 PM 2,5 NOx NH3 PM 10 PM 2,5 NOx NH3 PM 10 PM 2,5 Industrie 202 1,6 19,7 k.A. 195 1,5 16,2 k.A. 169 1,3 11,0 k.A. 163,6 1,5 8,7 4,0 Verkehr 225 4,5 15,0 10,7 193 2,6 13,9 7,7 171 2,2 13,8 6,2 113,5 4,1 10,5 4,7 Haushalte/Klein- verbraucher 29 - 1,8 k.A. 30 - 1,9 k.A. 25 - 2,5 k.A. 19,5 - 2,9 2,8 Landwirtschaft 15,8 71,1 4,5 0,8 12,7 69,3 4,5 0,7 12 71,5 4,7 0,8 11,4 70,5 5,1 0,8 Gesamt 471,8 77,2 41,0 430,7 73,4 36,5 377,0 75,0 32,0 308,0 76,1 27,2 12,3 Vom UBA bundesweit erhobene Emissionsmengen zeigen für die Emissionen von PM10, PM2,5und NOx seit 1995 einen deutlichen Rückgang. Für Ammoniak wurden dagegen längerfristig nur geringe Rückgänge beobachtet. 4. Wieviele Einsprüche durch Anwohner gegen den Bau von landwirtschaftlichen Neuanlagen gab es in den letzten 3 Jahren? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5800 3 Je nach Größe der Tierhaltungsanlagen sind für deren Errichtung und Betrieb eine Baugenehmigung oder eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erforderlich. Derzeit sind dem Umweltministerium zehn Klagen gegen die immissionsschutzrechtliche (Neu-) Genehmigung von Tierhaltungsanlagen nach der Nummer 7.1 der Vierten Verordnung zum Bundes -Immissionsschutzgesetz für den Zeitraum 01.01.2010 bis heute bekannt. Es wird darauf hingewiesen, dass diese Daten möglicherweise nicht vollständig sind. Sie sind dem Datensystem „Informationssystem Stoffe und Anlagen ISA“ entnommen und erfassen daher nur die Klagen, die von den Genehmigungsbehörden in das System eingegeben wurden. Zahlen zu Klagen gegen baurechtlich genehmigte Tierhaltungsanlagen liegen nicht vor. 5. Inwieweit hat sich die Gülleproduktion pro Betrieb und Quadratmeter Stallfläche in den letzten Jahren verändert? Der Gülleanfall pro Betrieb und Quadratmeter Stallfläche ist von der Tierart abhängig und kann für typische Haltungsverfahren aus Angaben der Düngeverordnung und Kalkulationsdaten für die Landwirtschaft wie folgt abgeleitet werden: Tierart Gülleanfall m³ je Stallplatz und Jahr Stallplatz pro Tier m² Gülleanfall m³ pro m² Stallfläche und Jahr Milchkuh 20 4,5 4,4 Mastbulle 7,3 3,5 2,1 Sauen 6 2,25 2,7 Mastschwein 1,5 0,75 2,0 Da sich in den letzten Jahren keine Änderungen der Anzahl der pro Quadratmeter gehaltenen Tiere ergeben haben, hat sich der Gülleanfall pro Quadratmeter Stallfläche eines Betriebes nicht geändert. Bei der Sauenhaltung ist durch die Umstellung auf Gruppenhaltung von einem größeren Platzangebot pro Tier auszugehen, so dass der Gülleanfall pro Quadratmeter Stallfläche gegenüber der o.g. Menge früher höher gelegen haben dürfte. In die Beantwortung der Fragestellung fließt nicht die zunehmende regionale Konzentration des Gülleanfalls und entsprechender Verbringung ein.