LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5857 13.05.2014 Datum des Originals: 13.05.2014/Ausgegeben: 16.05.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2205 vom 4. April 2014 des Abgeordneten Gregor Golland CDU Drucksache 16/5583 Demografischer Wandel bei der Polizei in NRW Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2205 mit Schreiben vom 13. Mai 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Auf dem jüngsten Gewerkschaftstag der Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat der Landesvorsitzende Arnold Plickert die verstärkte Einstellung von Polizisten im Land gefordert. Das Zeitfenster um dem demografischen Wandel entgegenwirken zu können, schließe sich bald, so der Landesvorsitzende der GdP. Von den derzeit 1500 Kommissarsanwärtern pro Jahr treten am Ende der Ausbildung nur 1400 Nachwuchsbeamte den Dienst an. Dies reiche nicht, um die Altersabgänge aufzufangen. Die GdP warnt: Bis zum Jahr 2020 droht der Verlust weiterer 600, bis 2025 sogar der Verlust von 3700 Stellen in NRW, weil zu wenig junge Kräfte nachkommen. Auch ich habe in meiner Rede im Plenum vom 27.03.2014 zur Drucksache 16/5269 die Problematik thematisiert. Eine sachliche Erwiderung der Personalproblematik ist bisher ausgeblieben . 1. Was gedenkt die Landesregierung gegen den demografisch bedingten Abbau von Polizeistellen im Land zu unternehmen? Um einer Reduzierung der Polizeistärke aufgrund künftig steigender Pensionierungszahlen frühzeitig entgegenzuwirken, hat die Landesregierung die Zahl der Einstellungsermächtigungen für Kommissaranwärterinnen und -anwärter bereits auf der Grundlage der LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5857 2 Koalitionsvereinbarung 2010 deutlich erhöht. Die jährlichen Einstellungsermächtigungen für Kommissaranwärterinnen und -anwärter sind ab dem Haushaltsjahr 2011 dauerhaft um 300 auf insgesamt 1.400 angehoben worden. Um zu gewährleisten, dass die vorgesehene Nachersatzquote jeweils in vollem Umfang erreicht wird, ist in den Haushalten 2013 und 2014 außerdem eine Zusatzregelung vorgesehen, die höhere Einstellungszahlen zulässt, um Abgänge in den Fällen auszugleichen, in denen das Ausbildungsziel des dreijährigen Vorbereitungsdienstes nicht erreicht wird (Kompensation Abbrecherquote). Auf dieser Grundlage sind für 2013 bis zu 77 und im laufenden Haushaltsjahr bis zu 100 zusätzliche Einstellungen in den Vorbereitungsdienst möglich. Mit diesen Maßnahmen wird zum einen einer Reduzierung der Polizeistärke entgegengewirkt und zum anderen die Polizei in Nordrhein-Westfalen nachhaltig verjüngt. Dies stellt einen ganz wesentlichen Beitrag dar, um die hohe Leistungsfähigkeit der Polizei auch zukünftig zu sichern. Zudem wird das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen eine Kommission einsetzen, die Vorschläge zur Personal- und Organisationsentwicklung der Polizei unter Berücksichtigung des demografischen Wandels erarbeiten soll. Ziel ist es, die Polizei in Nordrhein-Westfalen auch in Zukunft leistungsfähig und bürgernah zu erhalten. 2. Wann ist mit einer Erhöhung der Einstellungen bei der Polizei zu rechnen? Die Landesregierung beabsichtigt, die Höhe der Einstellungsermächtigungen weiter auf einem hohen Niveau zu halten. Es wird darauf hingewiesen, dass sich der Personalbestand der Polizei NRW deutlich günstiger entwickelt hätte, wenn die frühere Landesregierung in ihrer Regierungszeit von 2005 bis 2010 aus der sich bereits damals im Bericht der Projektgruppe „Altersstruktur der Polizei NRW“ abzeichnenden demografischen Entwicklung die notwendigen Konsequenzen durch Erhöhung der Einstellungszahlen auf 1400 gezogen hätte. 3. Was würde das Land eine Erhöhung der Einstellungen um 100, 300 bzw. 500 Beamte pro Jahr kosten? Bei einer Erhöhung der jährlichen Einstellungsermächtungen ab 2015 würden sich für den Zeitraum der anstehenden Finanzplanung folgende Mehrkosten ergeben: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5857 3 Erhöhung der jährlichen Einstel- lungsermächtigungen um Kosten (Mio. EUR) 100 2015 2016 2017 2018 Summe 2015 0,5 1,5 1,5 0,9 4,4 2016 x 0,5 1,5 1,5 3,4 2017 x x 0,5 1,5 2,0 2018 x x x 0,5 0,5 Summe 0,5 2,0 3,4 4,4 10,3 300 2015 2016 2017 2018 Summe 2015 1,6 4,4 4,4 2,8 13,1 2016 x 1,6 4,4 4,4 10,3 2017 x x 1,6 4,4 5,9 2018 x x x 1,6 1,6 Summe 1,6 5,9 10,3 13,1 30,8 500 2015 2016 2017 2018 Summe 2015 2,6 7,3 7,3 4,7 21,8 2016 x 2,6 7,3 7,3 17,1 2017 x x 2,6 7,3 9,9 2018 x x x 2,6 2,6 Summe 2,6 9,9 17,1 21,8 51,4 Die Summen enthalten rundungsbedingte Abweichungen. Neben den Personalkosten entstünden in Abhängigkeit von dem jeweiligen Erhöhungsvolumen erhebliche weitere Folgekosten für die Ausbildung der zusätzlichen Nachwuchskräfte (Lehrende, Verwaltung, Räume). 4. Sofern das Land keine Aufstockung der Einstellungen plant: Wie will die Landes- regierung die Einsatzfähigkeit und Schlagkraft der Polizei aufrechterhalten. Siehe Antwort zu Frage 1. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5857 4 5. Wie gedenkt die Landesregierung die Aufklärungsquoten zu erhöhen? Im Jahr 2013 liegt die Aufklärungsquote bei 48,9 % und damit in der Kontinuität seit 1996. Im Hinblick auf die infrastrukturell hoch entwickelte Metropolregion Rhein-Ruhr, in der ca. 35 % der Einwohner des Landes leben und ca. 46 % aller Delikte verübt werden, ist NordrheinWestfalen nicht mit anderen Flächenländern vergleichbar. 40 % der deutschen Städte mit mehr als 200.000 Einwohnern, darunter vier mit über 500.000 Einwohnern, liegen in Nordrhein -Westfalen. Die gute Infrastruktur Nordrhein-Westfalens nutzen auch Straftäter. Deshalb ist Nordrhein-Westfalen insbesondere in Ballungsgebieten und Großstädten von Straftaten überproportional betroffen. Dem entgegen haben die ländlich kommunalen Bezirke des Landes Aufklärungsquoten von durchweg mehr als 55%, die insoweit den Quoten anderer Flächenländer entsprechen. Auch die „Ländervergleichende Analyse von Aufklärungsquoten“ der KriminalistischKriminologischen Forschungsstelle des LKA NRW (Mai 2012) weist auf große Unterschiede in der Deliktsstruktur zwischen den Ländern hin. Nordrhein-Westfalen hat demnach den vierthöchsten Anteil von sogenannten schwer aufklärbaren Delikten. Delikte der Eigentumskriminalität - insbesondere der Wohnungseinbruchdiebstahl stehen dabei aktuell im Vordergrund. Zur Bekämpfung dieser Eigentumskriminalität hat die Polizei Nordrhein-Westfalen daher Ihre Maßnahmen auf Grundlage eines landesweit sowie Länder übergreifend ausgerichteten Fahndungs- und Ermittlungskonzeptes („Riegel vor! - MOTIV“) erheblich ausgeweitet. Damit wurde der Druck auf überregional tätige Einbrecherbanden deutlich erhöht. Seit Oktober 2013 brachten die Fahnder 72 Intensivtäter in Haft. Ihnen wurden allein 2.057 Straftaten nachgewiesen. Den 362 zurzeit in MOTIV erfassten Intensivtätern konnten die Ermittler 6.641 Straftaten nachweisen. Zugleich hat die Polizei Nordrhein-Westfalen Ihre Maßnahmen nach dem Handlungskonzept „Riegel vor! Sicher ist sicherer“ intensiviert. Seit Beginn des Handlungskonzeptes im Jahr 2011 hat sich dadurch der Anteil der im Ergebnis gescheiterten Versuche schon um fast 2 Prozent, auf nun 41 Prozent, erhöht.