LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5934 23.05.2014 Datum des Originals: 22.05.2014/Ausgegeben: 28.05.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2252 vom 10. April 2014 des Abgeordneten Peter Biesenbach CDU Drucksache 16/5666 Aktivitäten der italienischen Mafia in Nordrhein-Westfalen Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2252 mit Schreiben vom 22. Mai 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr und dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Unter Bezugnahme auf einen vertraulichen Bericht des Landeskriminalamtes NordrheinWestfalen berichtete die WAZ am 07.04.2014, dass das deutsche Baugewerbe zu großen Teilen von der italienischen Mafia unterwandert sei. Aus dem Treiben der Mafia resultiere der „Niedergang der seriösen Bauwirtschaft“. Ein Kriminalbeamter wird in dem Bericht mit der Aussage zitiert: „Es gibt hierzulande keine einzige Großbaustelle, an der die Mafia nicht verdient.“ Zudem unterwandere die Mafia ganze Bereiche der Gesellschaft. Morde würden dabei jedoch nach Möglichkeit nicht in Deutschland verübt, um die Tarnung nicht zu gefährden. Stattdessen locke die Mafia ihre Opfer gezielt nach Italien, um sie dort zu töten. Als Beispiel wird in diesem Zusammenhang der Fall des ehemaligen Mafiabosses G. C. genannt, der aus Deutschland nach Sizilien gelockt und dort umgebracht worden sei. Anschließend seien Mitglieder seiner Bande aus Deutschland verschwunden oder in Sizilien spektakulär hingerichtet worden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5934 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die Landesregierung nimmt das Problem organisiert begangener Straftaten im Baugewerbe sehr ernst und hat daher u. a. einen kriminalstrategischen Schwerpunkt zur Bekämpfung der „Italienisch Organisierten Kriminalität“ (IOK) gesetzt. Das Landeskriminalamt hat bereits 2011/2012 eine Strukturanalyse „Organisierte Kriminalität im Baugewerbe - Krimineller Markt an Strohmannfirmen“ durchgeführt. In diesem Zusammenhang wurde u. a. ein Arbeitskreis mit Experten der Finanzverwaltung (Steuerfahndung), des Zolls (Finanzkontrolle Schwarzarbeit), der Staatsanwaltschaft und der Polizei eingerichtet , der Handlungsempfehlungen für die öffentliche Verwaltung, die Kreditwirtschaft und die Strafverfolgungsbehörden entwickelt hat, um so illegale Aktivitäten besser erkennen und bekämpfen zu können. Zudem erfolgt ein regelmäßiger Informationsaustausch mit den italienischen Strafverfolgungsbehörden . So wurde im November 2012 eine Arbeitstagung des Landeskriminalamtes zum Thema „Italienisch Organisierte Kriminalität in NRW“ unter Beteiligung u. a. der Generalstaatsanwaltschaften , des Bundeskriminalamtes und eines Vertreters der Direzione Nazionale Antimafia (Italienische Nationale Antimafia-Staatsanwaltschaft) ausgerichtet. 1. Welche Informationen liegen der Landesregierung über die Unterwanderung des Baugewerbes in Nordrhein-Westfalen durch die italienische Mafia vor? Im Zeitraum von 2000 bis 2013 haben nordrhein-westfälische Dienststellen zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität sechs - zum Teil mehrjährige - Ermittlungsverfahren gegen vorwiegend italienische Staatsangehörige wegen bandenmäßiger Steuerhinterziehung und Betrug zum Nachteil der Sozialversicherungsträger sowie illegaler Arbeitnehmerüberlassung im Zusammenhang mit dem Baugewerbe geführt. In keinem der Verfahren konnten Verbindungen der Beschuldigten zur IOK beweiskräftig nachgewiesen werden. Belastbare Erkenntnisse zu einer Unterwanderung des Baugewerbes durch die IOK liegen der Landesregierung nicht vor. 2. Welche Schäden sind dadurch in Nordrhein-Westfalen seit dem Jahr 2010 ent- standen? Finanzielle Schäden im Zusammenhang mit den zuvor genannten Verfahren sind im Zeitraum 2010 - 2012 in einer Höhe von 60.854.706 € entstanden. Daten zu finanziellen Schäden im Jahr 2013 liegen voraussichtlich erst zum 3. Quartal vor. 3. Welche weiteren wirtschaftlichen bzw. gesellschaftlichen Bereiche in Nordrhein- Westfalen sind von der italienischen Mafia unterwandert? Erkenntnisse zu einer Unterwanderung wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Bereiche durch die IOK liegen nicht vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5934 3 4. Welche Informationen liegen der Landesregierung über die Aktivitäten des im Zeitungsbericht namentlich genannten ehemaligen Mafiabosses bzw. seiner Bandenmitglieder in Nordrhein-Westfalen vor? Erkenntnisse zu Aktivitäten des bezeichneten „Mafiabosses bzw. seiner Bandenmitglieder“ in Nordrhein-Westfalen liegen nicht vor. 5. Wie viele Personen, die Verbindungen zur italienischen Mafia aufweisen, sind seit 2010 aus Nordrhein-Westfalen verschwunden bzw. im Ausland hingerichtet worden? Seit 2010 sind in Nordrhein-Westfalen fünf italienische Staats-angehörige als vermisst gemeldet worden. Zu keiner dieser Personen liegen Erkenntnisse mit Bezug zur IOK vor. Davon unabhängig bestehen folgende weitere Erkenntnisse: Im Oktober 2013 wurde in Italien (Neapel) der Leichnam eines 34-jährigen italienischen Staatsbürgers aufgefunden. Der Getötete war bis zum 10.9.2008 in Dortmund gemeldet, seit diesem Datum galt er als unbekannt verzogen. Das Todesopfer war Sohn eines im italienischen Zeugenschutzprogramm befindlichen italienischen Staatsbürgers. Beide Personen werden der IOK zugerechnet. Am 26.12.2010 wurde in Italien (Sizilien) ein 31-jähriger, in Köln wohnhafter, italienischer Staatsangehöriger, ermordet. Gegen den Getöteten wurde in Italien und in Deutschland wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz ermittelt. Bezüge der Person zur IOK werden vermutet, sind jedoch beweiskräftig nicht belegbar.