LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5936 23.05.2014 Datum des Originals: 28.05.2014/Ausgegeben: Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2242 vom 22. April 2014 der Abgeordneten Christina Schulze Föcking CDU Drucksache 16/23.05.2014 Zentralistische Überwachungswut Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 2242 mit Schreiben vom 23. Mai 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Dem Rot-Grünen Koalitionsvertrag ist zu entnehmen, dass die Landesregierung neben vielen anderen Bereichen auch die Tierarzneimittelüberwachung der Verantwortung der Kreisordnungsbehörden entziehen und dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) zuteilen möchte. Dass und inwiefern die derzeitige Aufgabenzuordnung insuffizient und durch die Verlagerung auf das LANUV eine bessere Aufgabenerledigung zu erwarten ist, wird nicht dargetan. Die Pläne erweisen sich insofern als haltlose Misstrauensbekundung gegenüber der nach meinem Kenntnisstand sehr guten Arbeit der Kreisbehörden im Bereich der Tierarzneimittelüberwachung. Auch ansonsten fragt sich, ob die geplante Umstrukturierung sinnvoll ist, da in den Landeshaushalt wohl zusätzliche Stellen einzuplanen sind. Die Aufgabenbewältigung wird allein schon deswegen gegenüber dem Status quo im Ganzen teurer werden, da sich längere Fahrzeiten von den zentral gelegenen Standorten des LANUV in die Fläche des Landes NRW ergeben werden und die Kontrolle der Tierärztlichen Hausapotheken nicht mehr effizient zusammen mit anderen Tätigkeiten erledigt werden kann. Auf welche Weise eine Refinanzierung stattfinden soll, ist unklar. Soweit eine Gebührenfinanzierung geplant wird, ist mit erheblichen Mehrbelastungen für die Tierärzte und ggf. in der Folge auch für jeden Tierhalter (vom Hundehalter bis hin zum Landwirt) zu rechnen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5936 2 Laut Koalitionsvertrag will die Landesregierung hierzu „Gespräche mit der kommunalen Familie aufnehmen“. Vorbemerkung der Landesregierung Der Koalitionsvertrag 2012-2017 sieht die Überführung der Tierarzneimittelüberwachung – im engeren Sinne die Überwachung der tierärztlichen Hausapotheken – von den Kreisen und kreisfreien Städten auf die staatliche Ebene vor. Mit der Überführung auf das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) sollen die Überwachungsstandards vereinheitlicht und die im Rahmen einer Abfrage der Überwachungsintensität für die Jahre 2010 und 2011 deutlich gewordenen Überwachungsdefizite, die auch der Landesrechnungshof aufgegriffen hat, künftig ausgeschlossen werden. Ziel der Landesregierung ist es, auch weiterhin die lückenlose Überwachung vom Tier bis zum Lebensmittel zu gewährleisten und den Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken. Daher wird es nach Übergang der Zuständigkeit für die Überwachung der tierärztlichen Hausapotheken zu einer engen Abstimmung zwischen dem Land und den Kreisen und kreisfreien Städten kommen, da bei diesen die Überwachung des Einsatzes von Tierarzneimitteln in den landwirtschaftlichen Betrieben verbleibt. Es ist zu erwarten, dass mit der angestrebten Neuregelung der Zuständigkeit Kapazitäten beim Überwachungspersonal der Kreise und kreisfreien Städte frei werden, die dann für die Überwachung der landwirtschaftlichen Betriebe genutzt werden können. Hier wird sich die Möglichkeit ergeben, mit Hilfe der maßgeblich auf Initiative Nordrhein-Westfalens beschlossenen neuen rechtlichen Vorgaben der 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes den Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung deutlich zu senken. In NRW werden etwa 1.870 tierärztliche Hausapotheken betrieben. Da nach dem Arzneimittelgesetz rechtlich vorgegeben ist, tierärztliche Hausapotheken etwa alle 2 Jahre zu überprüfen , sind jährlich somit etwa 940 tierärztliche Hausapotheken regelmäßig und etwa 140 anlassbezogen in die Überwachung einzubeziehen. 1. Inwieweit hat die Landesregierung konkrete Pläne, die Verordnung über die Zu- ständigkeit im Arzneimittelwesen neu auszurichten? Der Übergang der Zuständigkeit für die Überwachung tierärztlicher Hausapotheken erfordert eine Änderung der Verordnung über Zuständigkeiten im Arzneimittelwesen und nach dem Medizinproduktegesetz sowie der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung. Die Kommunalen Spitzenverbände sind bereits zum Entwurf einer Änderungsverordnung angehört worden . Die Stellungnahmen werden derzeit ausgewertet. Der Verordnungsentwurf bedarf der Anhörung des AKUNLV und AAIS. 2. In welcher Weise soll, wie im Koalitionsvertrag beschrieben, die Überwachung der tierärztlichen Hausapotheken, welche bislang von den Kreisordnungsbehörden vor Ort kontrolliert wird, zukünftig zentral beim Landesamt angesiedelt werden ? Das LANUV ist – soweit es sich um den Verkehr mit Tierarzneimitteln handelt – seit seiner Gründung zuständige Behörde für die Überwachung von pharmazeutischen Unternehmern, Herstellern und Großhändlern und verfügt mit dem hierfür eingerichteten Inspektorat über hohen Sachverstand in diesem Zuständigkeitsbereich. Ferner ist es auch in Expertengremi- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5936 3 en der Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG) vertreten, die sich u. a. mit der Entwicklung und Überarbeitung von Verfahrensanweisungen einschließlich der Überwachung der tierärztlichen Hausapotheken beschäftigen. Die Überwachung der tierärztlichen Hausapotheken soll nach derzeitigem Stand im Inspektorat verankert werden. Um die Aufgabe der Überwachung der tierärztlichen Hausapotheken effizient wahrnehmen zu können, soll das erforderliche Personal dezentral stationiert werden. Als koordinierender Standort ist Recklinghausen vorgesehen. 3. Ist im Rahmen einer solchen Neuregelung auch mit einem zusätzlichen Stellen- ausbau im Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz zu rechnen? Die Landesregierung wird im Rahmen der Haushaltsaufstellung 2015 über einen etwaigen Stellenmehrbedarf entscheiden. 4. Welche konkreten Änderungen (hier besonders bei der Gebührenhöhe und dem Aufgabenkatalog) sind für eine mögliche Neuregelung der Verwaltungsgebührenordnung vorgesehen? Das im LANUV für diese Aufgabe eingesetzte Personal soll soweit möglich durch Gebühren finanziert werden. Es ist vorgesehen, in der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung die entsprechende Tarifstelle 23.7.10.3 „Überwachung einer tierärztlichen Hausapotheke nach § 64 Absatz 3a AMG“ anzupassen. Die Gebühren für die Überwachung werden nach dem erforderlichen Zeitaufwand berechnet, so dass bei geringen Arzneimittelumsätzen, was in der Regel in kleinen Tierarztpraxen der Fall ist, der Kontrollaufwand und damit auch die Gebühren eine geringere Höhe haben werden. Ferner ist zu berücksichtigen, dass bei regelmäßiger Überwachung die Gebühren nur alle zwei Jahre als Betriebsausgaben anfallen. 5. Inwieweit wird bei dieser Veränderung der Dialog mit den betroffenen Kreisen und kreisfreien Städten geführt? Wie bereits zur Frage 1 ausgeführt, wurden die Kommunalen Spitzenverbände zum Entwurf einer Änderungsverordnung angehört, die Stellungnahmen werden derzeit ausgewertet. Im Rahmen der Kommunalen Arbeitsgruppe Tierarzneimittel, die zwischen Land und den Kreisen und kreisfreien Städten sowie den regelmäßig im Frühjahr und Herbst stattfindenden Regionalkonferenzen des LANUV mit den Kreisen und kreisfreien Städten, an denen das Ministerium teilnimmt, wurde im Vorwege des Verordnungsentwurfs über die Aufgabenverlagerung und die Konsequenzen für die Überwachung des Einsatzes von Tierarzneimitteln in den landwirtschaftlichen Betrieben, die bei den Kreisen und kreisfreien Städten verbleibt, beraten.