LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/5950 27.05.2014 Datum des Originals: 26.05.2014/Ausgegeben: 30.05.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2243 vom 22. April 2014 der Abgeordneten Kai Abruszat und Yvonne Gebauer FDP Drucksache 16/5639 Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss – welche Entwicklungen gibt es konkret im Regierungsbezirk Detmold? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 2243 mit Schreiben vom 26. Mai 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit , Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Landesregierung nimmt für sich stets in Anspruch, eine Schul- und Bildungspolitik zu gestalten, die unter der Leitlinie „Kein Kind zurücklassen“ stehen soll. Aktuelle Berichterstattungen zeigen auf, dass in der nordrhein-westfälischen Schulrealität allerdings eher eine Tendenz zu erkennen ist, die zu Besorgnis Anlass gibt: So sollen 2013 in NRW insgesamt 11.190 junge Menschen ohne Hauptschulabschluss die Schule verlassen haben – dieses berichtet der Kölner Stadtanzeiger in seiner Ausgabe vom 09.04.2014 unter Berufung auf Zahlen des „statistischen Landesamtes“. Das entspricht einer Steigerungsrate von 4,7 % im Vergleich zum Vorjahr mit 10.691 Schülerinnen und Schülern. Dabei gibt es zahlreiche Projekte , Netzwerke und Initiativen - auch mit Unterstützung des Landes -, die einen besseren Übergang von Schule und Beruf ermöglichen sollen. Ohne Abschluss haben viele Jugendliche auf dem Arbeitsmarkt keine Chance. Zugleich droht in den kommenden Jahren auch wegen des demographischen Wandels in Ostwestfalen-Lippe ein enormer Engpass an Fachkräften im Bereich des Handwerks und der Wirtschaft insgesamt. 1. Wie viele Schülerinnen und Schüler haben 2011, 2012 und 2013 im Regierungs- bezirk Detmold die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen (bitte einzeln auflisten nach den sechs Kreisen und der kreisfreien Stadt Bielefeld)? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5950 2 2. Welchen Anteil an der gesamten Zahl der Schülerinnen und Schüler im Regierungsbezirk Detmold, die in dem jeweiligen Jahr ihre Schullaufbahn mit einem Hauptschulabschluss beenden konnten, haben die unter Frage 1. erbetenen Zahlen prozentual bzw. absolut? Die Zahl der Schulabgängerinnen und Schulabgänger, die in den Jahren 2011, 2012 und 2013 im Regierungsbezirk Detmold eine allgemeinbildende Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen haben, sowie deren Anteil an allen Schulabgängerinnen und Schulabgängern kann, getrennt nach den sechs Kreisen und der kreisfreien Stadt Bielefeld, der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Von den dort insgesamt ausgewiesenen Abgängerinnen und Abgängern ohne Hauptschulabschluss hatten im Jahr 2011 793 (62,4%), im Jahr 2012 716 (62,8%) und im Jahr 2013 738 (60,2%) eine Förderschule besucht. Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil alle 1.270 4,8% 1.141 4,2% 1.226 3,7% davon Kreis Gütersloh 204 4,6% 162 3,6% 193 3,4% Kreis Herford 155 4,8% 145 4,4% 159 3,9% Kreis Höxter 95 4,3% 97 4,4% 112 3,9% Kreis Lippe 254 5,8% 190 4,4% 202 3,9% Kreis Minden-Lübbecke 255 6,0% 215 5,0% 202 3,8% Kreis Paderborn 142 3,7% 139 3,4% 139 2,9% Krfr. Stadt Bielefeld 165 3,9% 193 4,3% 219 4,3% alle 4.480 16,8% 4.315 15,9% 4.246 12,9% davon Kreis Gütersloh 796 17,9% 748 16,6% 763 13,4% Kreis Herford 477 14,8% 411 12,6% 394 9,7% Kreis Höxter 296 13,5% 298 13,5% 307 10,7% Kreis Lippe 833 19,0% 824 19,1% 746 14,2% Kreis Minden-Lübbecke 667 15,7% 631 14,7% 646 12,2% Kreis Paderborn 742 19,3% 737 18,0% 772 16,2% Krfr. Stadt Bielefeld 669 15,8% 666 15,0% 618 12,1% alle 20.845 78,4% 21.689 79,9% 27.528 83,4% davon Kreis Gütersloh 3.450 77,5% 3.597 79,8% 4.727 83,2% Kreis Herford 2.597 80,4% 2.711 83,0% 3.491 86,3% Kreis Höxter 1.801 82,2% 1.819 82,2% 2.437 85,3% Kreis Lippe 3.305 75,3% 3.309 76,5% 4.293 81,9% Kreis Minden-Lübbecke 3.334 78,3% 3.432 80,2% 4.434 83,9% Kreis Paderborn 2.962 77,0% 3.229 78,7% 3.859 80,9% Krfr. Stadt Bielefeld 3.396 80,3% 3.592 80,7% 4.287 83,7% insgesamt 26.595 100,0% 27.145 100,0% 33.000 100,0% Quelle: Amtliche Schuldaten NRW anderer Abschluss Insgesamt 2012 ohne Hauptschulabschluss mit Hauptschulabschluss Abgänger /-innen 20132011 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5950 3 3. Welche Erklärungen hat die Landesregierung für die hohe und landesweit ansteigende Zahl von Schülerinnen und Schülern, die ihre Schullaufbahn ohne Hauptschulabschluss beendet haben? Seit 1985 bewegt sich der Anteil der Schulabgängerinnen und Schulabgänger, die landesweit eine allgemeinbildende Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen haben, zwischen 5% und 7%. In 2009 lag er bei 6,1% und ist seitdem im Trend leicht zurückgegangen. Trotz des leichten Anstiegs der absoluten Zahl der Schulabgängerinnen und Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss in 2013 betrug der prozentuale Anteil 4,4 %. Dies ist maßgeblich durch den doppelten Abiturjahrgang verursacht worden. Ohne Berücksichtigung dieses Einmaleffektes hätte der Anteil rund 5,4% betragen. Die Schwankungen der vergangenen Jahre lassen aus Sicht der Landesregierung keine weiterführenden Rückschlüsse zu. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass mehr als die Hälfte der Schulabgängerinnen und Schulabgänger, die 2013 landesweit eine allgemeinbildende Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen haben, eine Förderschule besucht hat. So erreichte mehr als die Hälfte (5.765) der Abgängerinnen und Abgänger ohne Hauptschulabschluss zumindest ein Abschlusszeugnis der Förderschule bzw. eines Bildungsgangs der Förderschule. Insofern lag der Anteil der Schulabgängerinnen und Schulabgänger ohne jeglichen Abschluss im Jahr 2013 bei 2,1% (ohne den Einmaleffekt des doppelten Abiturjahrgangs 2,6%); im Vorjahr waren es 2,4 %. 4. Mit welchen konkreten Maßnahmen will die Landesregierung im Regierungsbe- zirk Detmold gewährleisten, die Anzahl von Schülerinnen und Schülern, die ihre Schullaufbahn ohne Hauptschulabschluss beenden, in Zukunft zu minimieren? Die Landesregierung hat ein Bündel von Maßnahmen ergriffen, die Zahl der schulabbrechenden Lernenden zu minimieren. Im Jahr 2008 wurde die Initiative „Komm mit!“ mit dem Ziel gegründet, die Sitzenbleiberquote innerhalb von fünf Jahren um die Hälfte zu reduzieren, ohne das Leistungsniveau zu senken. Ansatzpunkt war die gezielte individuelle Förderung und nachhaltige Unterstützung eines lernförderlichen und persönlichkeitsstärkenden Arbeits- und Sozialverhaltens. Die schulischen Fördermaßnahmen wurden dokumentiert und in Hinblick auf ihre Wirksamkeit evaluiert . Die vorliegenden Ergebnisse beweisen den Erfolg der Initiative. Die guten Konzepte zur individuellen Förderung werden nun von den teil-nehmenden Schulen im Rahmen des neuen Netzwerks „Zukunftsschulen NRW“ weiterentwickelt. Im Jahr 2011 hat die nordrhein-westfälische Landesregierung die Initiative „Kein Abschluss ohne Anschluss – Übergang Schule-Beruf in NRW“ mit dem Ziel auf den Weg gebracht, allen Schülerinnen und Schülern nach der Schulzeit passgenaue Anschlüsse zu ermöglichen, klare Wege aufzuzeigen und „Warteschleifen“ abzubauen. Die Partner im Ausbildungskonsens verpflichten sich mit dem Erreichen des Endausbaus der Umsetzung, allen jungen Frauen und Männern, die ausbildungsfähig und –willig sind, eine verbindliche Ausbildungsperspektive zu geben. Der Start in die berufliche Ausbildung oder das Studium und damit zugleich ins Berufsleben soll so möglichst allen Jugendlichen eröffnet werden. Kernelement eines verbesserten Übergangs in Ausbildung und Studium ist eine systematische Berufs- und Studienorientierung ab Klasse 8 in den allgemeinbildenden Schulformen. Sie zielt unter anderem darauf ab, Schülerinnen und Schülern frühzeitig ihre Stärken bewusst zu machen, sie über die verbindliche Ausbildungsperspektive zu motivieren LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/5950 4 und sie in die Lage zu versetzen, gut durchdachte, realistische Berufs- und Studienwahlentscheidungen zu treffen. Ergänzende Hinweise sind auf den Internetseiten www.berufsorientierung-nrw.de und www.keinabschlussohneanschluss.nrw.de zu finden. 5. Welche konkrete Unterstützung wird den bereits jetzt betroffenen Schülerinnen und Schülern im Regierungsbezirk Detmold, die ohne Hauptschulabschluss ihre Schullaufbahn beendet haben, durch das Land für deren weiteren Bildungs- und Berufsweg eröffnet? Die Bildungsgänge am Berufskolleg sind durchlässig und reichen von beruflicher Qualifizierung zur Vorbereitung auf eine Berufsausbildung bis zu Berufs- und Weiterbildungsabschlüssen , vom Nachholen des Hauptschulabschlusses bis zur allgemeinen Hochschulreife. Es ist darüber hinaus vorgesehen, die Angebote im Übergang von der allgemeinbildenden Schule in Ausbildung bzw. Studium im Zuge der Umsetzung des 10. Schulrechtsänderungsgesetzes zu systematisieren und die Zugänge in die Angebote zu optimieren. Bestandteil der in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung zu konkretisierenden Umsetzung ist, die bereits landesweit gegebenen Möglichkeiten, den Hauptschulabschluss im Rahmen der ausbildungsvorbereitenden Bildungsgänge zu erwerben, im Sinne der Gleichwertigkeit beruflicher und allgemeiner Bildung noch einmal zu verbessern. Auch die Möglichkeiten, im Rahmen einer Ausbildung die Fachhochschulreife zu erwerben, werden erweitert. Im Regierungsbezirk Detmold bieten zudem die Volkshochschulen in kommunaler Trägerschaft verschiedene Angebote zur Verbesserung der Chancen auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt . Dazu gehört das Angebot für Schülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss, über den Zweiten Bildungsweg einen staatlich anerkannten Schulabschluss der Sekundarstufe I in Kombination mit Kompetenztraining, Praktika und Berufsberatung, nachzuholen. Zudem werden an Volkshochschulen in Kooperation mit anderen Trägern, wie z.B. dem Jobcenter , Vorbereitungskurse für Schulabschlusskurse durchgeführt, die insbesondere an den Bedarfen von Schülerinnen und Schüler ohne Schulabschluss ausgerichtet sind.