LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6047 10.06.2014 Datum des Originals: 05.06.2014/Ausgegeben: 13.06.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2247 vom 23. April 2014 des Abgeordneten Marcel Hafke FDP Drucksache 16/5644 Dürfen Plätze, die mit Zuwendungen für Investitionen in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege zum Ausbau von Plätzen für Kinder unter drei Jahren geschaffen wurden, auch mit Kindern über drei Jahren belegt werden? Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 2247 mit Schreiben vom 5. Juni 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Aufgrund sich inhaltlich widersprechender Runderlasse des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport sowie Rundschreiben der Landschaftsverbände herrscht bei den Trägern von Kindertageseinrichtungen, der Kindertagespflege und den Kommunen große Verunsicherung, ob Plätze, die mit Mitteln zum Ausbau von Plätzen für Kinder unter drei Jahren geschaffen wurden, gegebenenfalls mit Kindern über drei Jahren besetzt werden dürfen, ohne die Zuwendungen rückerstatten zu müssen. Auf Nachfrage der FDP im Rahmen der 33. Sitzung des Ausschusses für Familie, Kinder und Jugend am 3. April 2014 verwies Ministerin Schäfer auf Punkt 5.1. der „Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen für Investitionen in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege zum Ausbau von Plätzen für Kinder unter drei Jahren“, in Kraft getreten als Runderlass vom 9. Mai 2008 und zuletzt geändert am 5. Februar 2013: „Neubauten und hergerichtete Grundstücke nach Nr. 4.4.1.1 müssen zwanzig Jahre, hergerichtete Grundstücke und Räume nach Nrn. 4.4.1.2 und 4.4.1.3 fünf Jahre für Zwecke der Betreuung von Kindern unter drei Jahren und im Falle des Wegfalls des Bedarfs hierfür der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe genutzt werden.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6047 2 Zusätzlich erklärte Ministerin Schäfer, dass für Kinder unter drei Jahren geförderte Plätze auch an über-dreijährige Kinder vergeben werden dürften, wenn es keinen Bedarf an Plätzen für Kinder unter drei Jahren im jeweiligen Jugendamtsbezirk gebe. Ein neuerer Runderlass des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport vom 22.02.2013 widerspricht dieser Möglichkeit jedoch, indem es heißt: „U3-Plätze müssen grundsätzlich nach der Fertigstellung als Plätze für unterdreijährige Kinder in Betrieb genommen werden. […] Ab diesem Zeitpunkt wäre eine anderweitige Inbetriebnahme und Nutzung von investitionsgeförderten U3-Plätzen mit Kindern, die am 1. November bereits das 3. Lebensjahr vollendet haben, eindeutig zweckwidrig.“ Im März 2013 hat der Landschaftsverband Rheinland mit einer Presseinformation ein Faktenblatt zum Ausbau der Plätze für Kinder unter drei Jahren (U3) in Kindertageseinrichtungen veröffentlicht. Dort wird wiederum in Punkt 11 mit Bezug auf den Runderlass vom 22.02.2013 ein Verfahren zur Nutzung der U3-Plätze für Ü3-Kinder, wenn auf Jugendamtsebene kein Bedarf an U3-Plätzen besteht, konkretisiert. Die U3-Plätze dürfen demnach nur vorübergehend mit Ü3-Kindern belegt werden, da „U3-Kinder, die nachträglich noch einen Betreuungsplatz begehren, dann zweckentsprechend auf diesen Plätzen untergebracht werden “ müssen. Aufgrund des Erlasses vom 22.02.2013 gehen jedoch derzeit viele Jugendämter davon aus, dass eine temporäre Belegung mit Ü3-Kindern nicht möglich sei. Mit einem Rundschreiben beider Landschaftsverbände vom 22.10.2013 wurde zudem erneut explizit darauf hingewiesen , „dass die geförderten Plätze gemäß Erlass des Ministeriums vom 22.02.2013 auch tatsächlich mit U3-Kindern in Betrieb genommen werden müssen“. Dies hat die Annahme weiter verstetigt, dass der Erlass vom 22.02.2013 die derzeit geltende Rechtsgrundlage bildet und eine anderweitige Nutzung nicht möglich ist. Vorbemerkung der Landesregierung Seit 2010 unterstützt die Landesregierung Kommunen und Träger verlässlich und kontinuierlich beim Ausbau der Betreuungsplätze für unterdreijährige Kinder unter anderem mit erheblichen zusätzlichen Landesmitteln. Darüber hinaus steht die Landesregierung in einem guten und transparenten Informationsaustausch mit allen Beteiligten. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die drei auf meine Einladung hin durchgeführten Krippengipfel. Im Ergebnis haben die Anstrengungen aller Beteiligten dazu geführt, dass der Rechtsanspruch für die einund zweijährigen Kinder in Nordrhein-Westfalen erfolgreich umgesetzt worden ist. Im Rahmen des Ausbauprozesses wurden die Jugendämter – wie bei einem über mehrere Jahre angelegten Förderverfahren üblich – unter anderem über Erlasse des Ministeriums und Rundschreiben der beiden Landesjugendämter stets in gebotener Art und Weise über alle Regularien informiert. Dabei arbeiten das Ministerium und die beiden Landesjugendämter vertrauensvoll und in enger Absprache - und nicht mit widersprüchlichen Ergebnissen wie der Fragesteller behauptet – zusammen. 1. Können die Jugendämter, trotz des Erlasses vom 22.02.2013, das in der Pres- seinformation des LVR vom März 2013 beschriebene Verfahren zur Vergabe der U3-Plätze an Ü3-Kinder auf einer einwandfreien Rechtsgrundlage anwenden? Ja und dies im Einklang mit dem Erlass vom 22.02.2013. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6047 3 2. Wie oft wurde die Möglichkeit genutzt, bei fehlendem Bedarf investitionsgeförderte U3-Plätze temporär mit Ü3-Kindern zu belegen (bitte in absoluten Zahlen nach Jugendamtsbezirken, Investitionsmaßnahmen und Jahren aufschlüsseln)? Konkrete Zahlen liegen nicht vor, da es sich um Einzelfallentscheidungen der örtlichen Jugendhilfeträger handelt. 3. Wie wird mit den Ü3-Kindern verfahren, die einen U3-Platz belegt haben, wenn nachträglich Bedarf an U3-Plätzen angemeldet wird? Die örtlichen Jugendämter erfüllen ihre Aufgaben im Rahmen der örtlichen Jugendhilfeplanung verantwortungsvoll und in eigener Zuständigkeit. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass sie den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz auch unterjährig mit bedarfsgerechten und am Kindeswohl orientierten Angeboten erfüllen. 4. Zieht es das Ministerium bei Härtefällen in Erwägung, U3-Plätze auch an Ü3- Kinder zu vergeben, obwohl auf Jugendamtsebene vielleicht noch Bedarf an U3- Plätzen besteht? Nein. Gerade auch in Hinblick auf die Ergebnisse der am 13.02.2014 zum Thema Ü3- Versorgung durchgeführten Anhörung im Landtagsausschuss für Kinder, Jugend und Familie besteht aus Sicht der Landesregierung hierfür keine Notwendigkeit. 5. Gedenkt das Ministerium, auf die Gültigkeit von Punkt 5.1 in den Förderrichtlinien und auf das in der Presseinformation des LVR vom März 2013 beschriebene Verfahren mit einem weiteren Runderlass hinzuweisen, um Missverständnisse auszuräumen ? Das geltende Förderrecht ist klar und eindeutig. Die bei der o.g. Anhörung vertretenen Jugendämter haben dies bestätigt. Von Missverständnissen ist deshalb nicht auszugehen.