LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/607 13.08.2012 Datum des Originals: 13.08.2012/Ausgegeben: 16.08.2012 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 107 vom 5. Juli 2012 der Abgeordneten Andrea Milz CDU Drucksache 16/200 Unterbringungssituation von Frauen im Maßregelvollzug Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter hat die Kleine Anfrage 107 mit Schreiben vom 13. August 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Juli 2011 beantwortete die Landesregierung eine Große Anfrage (Drs. 15/1694) zum Thema „Mädchen und Frauen im Strafvollzug des Landes Nordrhein-Westfalen“. Aus der Antwort der Landesregierung (Drs. 15/2384) geht hervor, dass die Unterbringungssituation von Frauen im Maßregelvollzug unzureichend ist. Die Landesregierung bekundete in diesem Zusammenhang, dass sie prüfen wolle, in welcher Weise auf den Anstieg der Patientenzahl durch Ausbaumaßnahmen im Maßregelvollzug reagiert werden müsse. Im nordrhein-westfälischen Maßregelvollzug gibt es derzeit insgesamt 57 Sollbetten für Patientinnen . Diese verteilen sich auf drei Unterbringungsmöglichkeiten. Somit kann eine geschlechtsspezifische Unterbringung – geschweige denn eine wohnortnahe – nicht immer realisiert werden. Es ist inakzeptabel, dass zahlreiche suchtabhängige, schwangere junge Frauen keine Chance zur Resozialisierung mangels Plätzen erhalten. Die im Maßregelvollzug gebotene pädagogische Betreuung sowie die entsprechenden Sozialisierungsmaßnahmen bleiben somit zum Nachteil der jungen Frauen oftmals unberücksichtigt. Aufgrund dieser Situation ist eine negative Sozialprognose für die Betroffenen wahrscheinlich . LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/607 2 1. Hat die Landesregierung seit Beantwortung der Großen Anfrage (Drs. 15/2384) im Juli 2011 eine Prüfung vorgenommen, aus der hervorgeht, in welcher Weise auf den Bedarf von Unterbringungsplätzen für Frauen im Maßregelvollzug durch Ausbaumaßnahmen reagiert werden muss? Die konstante Erhöhung der Zahlen der Patientinnen und Patienten um insgesamt rund zwei Drittel in den vergangenen zehn Jahren hat die Landesregierung bereits im Jahre 2010 - also vor der Großen Anfrage zur Situation der Frauen und Mädchen im Strafvollzug - zum Anlass genommen, den Bedarf an Unterbringungsplätzen für die nächsten zehn Jahre zu ermitteln. Diese extern gefertigte Prognose und die tatsächliche Entwicklung von Patientinnen und Patienten deuten auf einen zusätzlichen Bedarf von 750 Unterbringungsplätzen in NordrheinWestfalen hin, hiervon etwa 70 Plätze für die Unterbringung von Frauen. Schon damals bestand Konsens, dass den zu erwartenden Kapazitätsengpässen mit dem Bau weiterer Kliniken begegnet werden muss. Dem waren aber auch eine Reihe von Diskussionen und Forderungen nach einem weiteren Ausbau im Fachausschuss in den Jahren 2005 bis 2010 vorausgegangen. 2. Falls ja, zu welchen konkreten Ergebnissen hat die Prüfung geführt? 3. Falls nein, wann beabsichtigt die Landesregierung eine entsprechende Prüfung vorzunehmen? Infolge der Erhebungen wird seit September 2010 in einem engen Diskussionsprozess mit den Obleuten aller im Landtag vertretenen Fraktionen das 2. Ausbauprogramm im Maßregelvollzug NRW vorangetrieben, welches den Bau von weiteren Maßregelvollzugskliniken vorsieht. Das Konzept soll die wohnortnahe, spezialisierte Versorgung der Patientinnen und Patienten soweit wie möglich realisieren. Spezialisierung und Regionalisierung sind jedoch nicht umsetzbar , wenn die insoweit zu unterscheidenden Gruppen von Patientinnen und Patienten eine gewisse Mindestgröße nicht erreichen. Aktuell sind in NRW rund 200 Frauen gemäß §§ 63, 64 StGB und 126 a StPO stationär - auch in Allgemeinpsychiatrien - untergebracht. Angesichts dieser Zahl und der Vielzahl der Störungsbilder ist eine gleichzeitig wohnortnahe und spezialisierte Unterbringung für Frauen derzeit leider nicht möglich. Dennoch werden im Rahmen der Planungen für das 2. Ausbauprogramm insbesondere auch die Belange der in NRW untergebrachten Frauen in den Blick genommen. Der Spezialisierung der Behandlungsmöglichkeiten und einer Verbesserung der allgemeinen Unterbringungsbedingungen wird grundsätzlich der Vorzug gegenüber einer wohnortnahen Unterbringung gegeben. An den bestehenden Standorten soll bei therapeutischer Indikation durch die weitere Nutzung der Allgemeinpsychiatrien und gegebenenfalls Einrichtung gemischt-geschlechtlicher Rehabilitationsstationen eine deutliche Entzerrung stattfinden. Die Landesregierung ist der Ansicht, dass sich eine Verbesserung der allgemeinen - auch baulichen - Unterbringungsbedingungen (Einzelzimmer, größere Gemeinschaftsräume) bereits deutlich positiv auswirken wird. Die Realisierung des 2. Ausbau- und Dezentralisierungsprogramms wird sich auf Grund der Auflösung des Landtags weiter verzögern. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/607 3 4. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die gegenwärtige Unterbringungssituation von schwangeren Frauen im Maßregelvollzug? 5. Welchen Handlungsbedarf sieht die Landesregierung mit Blick auf die vorhan- denen Unterbringungsmöglichkeiten von schwangeren Frauen im Maßregelvollzug ? Der Anteil von Frauen im Maßregelvollzug ist sehr gering. Fälle von schwangeren untergebrachten Frauen sind der Landesregierung nicht bekannt. Ein auf die Unterbringung von suchtabhängigen schwangeren Frauen oder Frauen mit Kindern ausgerichtetes Angebot gibt es daher - auch auf Grund der Kürze der Unterbringungen - derzeit nicht. Sollte dies zukünftig eine Rolle spielen, muss jeweils einzelfallbezogen eine angemessene Unterbringung und Versorgung sichergestellt werden.