LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6093 18.06.2014 Datum des Originals: 18.06.2014/Ausgegeben: 24.06.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2320 vom 15. Mai 2014 des Abgeordneten Peter Biesenbach CDU Drucksache 16/5894 Abschiebung ausreisepflichtiger Personen aus Nordrhein-Westfalen Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2320 mit Schreiben vom 18. Juni 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Wie die FAZ am 13.05.2013 berichtete, werden bundesweit nur etwa zehn Prozent aller vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer auch tatsächlich abgeschoben. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums wird in dem Bericht mit folgenden Worten zitiert: „Der Abschiebeprozess ist praktisch zum Stillstand gekommen.“ Die BILD-Zeitung hatte bereits am 13.02.2014 mitgeteilt, dass sich Ende des Jahres 2013 über 131.000 abgelehnte Asylbewerber in Deutschland aufhielten. Gut 37.000 von ihnen seien „unmittelbar ausreisepflichtig“, würden von den zuständigen Behörden der Länder aber nicht abgeschoben. 1. Wie viele vollziehbar ausreisepflichtige Personen hielten sich jeweils zum 31.12. der Jahre 2010 bis 2013 in Nordrhein-Westfalen auf? Im Ausländerzentralregister (AZR) wird das Merkmal „vollziehbar ausreisepflichtige“ Personen im Sinne der §§ 57 ff AufenthG nicht verwendet. Es werden lediglich „Ausreisepflichtige“ (einschließlich „Geduldete“) erfasst. Die dem AZR entnommenen Zahlen der Ausreisepflichtigen sind in der nachstehenden Tabelle abgebildet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6093 2 Stichtag Ausreisepflichtige NRW 31.12.2010 26.527 31.12.2011 33.893 31.12.2012 34.772 31.12.2013 38.565 2. Wie vielen dieser Personen waren jeweils „unmittelbar ausreisepflichtig“? Eine Differenzierung zwischen „vollziehbar“ ausreisepflichtig und „unmittelbar“ ausreisepflichtig kennt das Aufenthaltsgesetz nicht. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 1. 3. Wie stellt sich der prozentuale Anteil der aus Nordrhein-Westfalen abgeschobenen, vollziehbar ausreisepflichtigen Personen im Vergleich zu allen anderen Bundesländern seit dem Jahr 2010 dar? Zur „vollziehbaren Ausreisepflicht“ siehe Antwort zu Frage 1. Die dem AZR entnommene Anzahl der Ausreisepflichtigen ist in der nachstehenden Tabelle abgebildet. Ausreisepflichtige bundesweit davon NRW Anteil NRW in % 31.12.2010 118.115 26.527 22,5 31.12.2011 116.164 33.893 29,2 31.12.2012 118.347 34.772 29,4 31.12.2013 131.598 38.565 29,3 Der prozentuale Anteil der aus NRW abgeschobenen Personen ist in der nachstehenden Tabelle abgebildet. Abschiebungen*), bundesweit davon NRW*) Anteil NRW in % 2010 7.558 1.681 25,4 2011 7.917 1.828 23,6 2012 7.651 1.872 26,5 2013 10.198 1.979 24,5 *) ohne „Zurückschiebungen“; Quellen: BT-Drucksachen 17/5460, 17/8834, 17/12442, 18/782, ZFA NRW-Abschiebungsstatistik LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6093 3 4. Wie viele ausreisepflichtige Personen sind seit 2010 in Nordrhein-Westfalen zeitweilig bzw. dauerhaft untergetaucht? Zu dieser Frage liegen keine statistischen Daten vor. 5. Aus welchen Gründen werden vollziehbar ausreisepflichtige Personen nicht aus Nordrhein-Westfalen abgeschoben? Das wesentliche tatsächliche Hindernis für die Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer ist ihre ungeklärte Identität, die die Beschaffung für die Rückführung erforderlicher Reisedokumente unmöglich macht. Viele Ausländer verweigern die nach §§ 48, 49 und 82 AufenthG gesetzlich vorgeschriebene Mitwirkung an der Aufklärung ihrer Identität und der Beschaffung von Pass(ersatz)papieren. In das Bundesgebiet einreisende Asylbewerber geben häufig an, über keine ihre Identität und/oder Staatsangehörigkeit nachweisende Dokumente zu verfügen oder benutzen ge- oder verfälschte Dokumente. Auch die mangelnde Kooperation einiger Herkunftsstaaten, die die Rücknahme ihrer Staatsangehörigen zu verhindern suchen, kann Abschiebungen dauerhaft verhindern. Die Möglichkeiten der zuständigen Ausländerbehörden, die betreffenden Staaten mit Unterstützung der Bundesregierung zur Einhaltung völkerrechtlicher Prinzipien anzuhalten, sind begrenzt. Ein Teil der Ausreisepflichtigen entzieht sich der Abschiebung durch Untertauchen. Bei der Sicherung des Abschiebungsvollzugs durch die Anordnung von Abschiebungshaft haben die Ausländerbehörden das durch § 62 Abs. 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (sogen. „Rückführungs-RL“; ABl. 2008 Nr. L 348/98 vorgegebene und durch die Rechtsprechung des BGH konkretisierte Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Ausreisepflichtige Personen machen darüber hinaus von ihrem Recht Gebrauch, die Anordnung der Abschiebung bzw. der Abschiebungshaft durch Rechtsmittel und/oder Petitionen überprüfen zu lassen.