LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6156 25.06.2014 Datum des Originals: 25.06.2014/Ausgegeben: 30.06.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2339 vom 26. Mai 2014 des Abgeordneten Ernst-Ulrich Alda FDP Drucksache 16/5954 Welche geeigneten Maßnahmen werden gegen gewaltbereiten Salafismus und religiösen Extremismus speziell in Hagen ergriffen – Präventionsprogramm Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2339 mit Schreiben vom 25. Juni 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Weiterbildung und dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Auch in Hagen versuchen Salafisten, Anhänger zu gewinnen. Bürger und Moscheegemeinden berichten, dass sie betroffen sind und es zu Rekrutierungsversuchen gerade bei jungen Menschen komme. Zudem spielen das Internet und soziale Netzwerke eine bedeutende Rolle dabei, junge Menschen für den Salafismus beziehungsweise religiösen Extremismus zu gewinnen. Nach Erkenntnissen des Innenministeriums lag die Zahl der Salafisten in 2013 bei 1.500 Personen in NRW. Allein in den ersten Monaten des Jahres 2014 hat der Verfassungsschutz NRW eine weitere Zunahme, um 300 Personen, auf rund 1.800 Personen festgestellt. Diese wachsende Zahl macht deutlich, dass Salafismus und islamistischer Extremismus in NRW rapide zunehmen. Die Zusammenarbeit auch mit lokalen Netzwerken und ein frühes Eingreifen haben sich als wirkungsvolle Instrumente erwiesen, um ein Abrutschen in die „Szene“ zu verhindern beziehungsweise um Jugendliche und junge Erwachsene zum Ausstieg zu bewegen. Weiterhin müssen auch Lehrer und Schulleiter sowohl im Umgang mit dem Hausrecht an Schulen als auch mit Schülern, die sich zu radikalisieren drohen, geschult, beraten und in der Durchsetzung unterstützt werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6156 2 Um die Wirksamkeit der von Maßnahmen und Programmen besser beurteilen und die wirksamsten unter ihnen weiterführen zu können, müssen die Angebote regelmäßig evaluiert werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass die effektiven Maßnahmen eine größere Unterstützung von staatlicher Seite erhalten und das Kosten-Nutzen-Verhältnis im Sinne der Akzeptanz der Maßnahmen gewahrt bleibt. 1. Welche Maßnahmen werden ergriffen, Salafismus in Hagen zu stoppen? Das Ministerium für Inneres und Kommunales NRW hat in Zusammenarbeit mit Kommunen, den dortigen lokalen Netzwerkpartnern wie Vereinen, Sozialverbänden, Moscheegemeinden, kommunalen Ämtern, Familienberatungen, Jobcentern und mit der Polizei das umfassende Präventionsprogramm "Wegweiser" ins Leben gerufen. Es setzt sehr früh an und will bereits den Einstieg in den gewaltbereiten Salafismus verhindern. Basis ist die Schaffung von Anlaufstellen vor Ort mit persönlichen Beratern, die Ratsuchenden Unterstützung anbieten. Das Programm ist im März 2014 zunächst in den drei Modellkommunen Bochum, Bonn und Düsseldorf gestartet. Das Ziel ist die Ausdehnung in alle Regionen des Landes. Zur Strategie der präventiven Bekämpfung des gewaltbereiten Salafismus gehört u.a. auch die Durchführung von Regionalkonferenzen auf Regierungsbezirksebene. Dabei geht es darum, insbesondere Multiplikatoren aus den Bereichen Schule, Kinder- und Jugendhilfe, Integrationsfachstellen und Polizei zu informieren und zu sensibilisieren. Die erste Regionalkonferenz ist für den Regierungsbezirk Arnsberg in Vorbereitung. 2. Wie hoch ist die Zahl der Salafisten in Hagen? Eine gefestigte salafistische Szene existiert in Hagen nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden nicht. Es sind Einzelpersonen mit Bezügen zum Salafismus bekannt. Die Zahl bewegt sich im unteren zweistelligen Bereich. 3. Wie hoch (bitte die konkrete Zahl nennen) sind die vorliegenden Nachfragen von Hilfesuchenden für 2013 aus Hagen? Das Ministerium für Inneres und Kommunales (Abteilung Verfassungsschutz) ist nur ein möglicher Ansprechpartner für Anfragende und Hilfesuchende. Wöchentlich gehen ca. 2-3 Anfragen ein. Den Anrufern wird dabei absolute Vertraulichkeit in Bezug auf ihre Kontaktaufnahme und im Umgang mit ihren Anliegen zugesichert, so dass genauere Angaben nicht möglich sind. 4. Welche gemeinsamen Maßnahmen (wie zum Beispiel Fachtagungen oder Fortbildungsangebote für pädagogische Fachkräfte) sind geplant? Parallel zur Implementierung und zum Ausbau des Präventionsprogramms "Wegweiser" organisiert das Ministerium für Inneres und Kommunales Sensibilisierungs- und Informationsveranstaltungen. Regional-konferenzen in allen Regierungsbezirken, auf denen über Entwicklungen im Bereich des extremistischen Salafismus, Radikalisierungstendenzen bei Jugendlichen und präventive Gegenstrategien auf lokaler Ebene informiert werden soll, befinden sich in Planung und Umsetzung. Des Weiteren nehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes an Veranstaltungen als Referentinnen und Referenten teil und bringen ihr Fachwissen ein, zum LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6156 3 Beispiel in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung für den Bereich Schule, in Justizvollzugsanstalten oder im Rahmen der Ausbildung der Polizei. Auch andere Ressorts der Landesregierung unternehmen Anstrengungen, den Gefahren des salafistischen Extremismus zu begegnen. So fördert beispielsweise das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales präventive Ansätze durch eine intensive Dialog-Arbeit mit Muslimen und ihren Organisationen. Ziel ist es, einerseits das Verständnis für die Werte der deutschen Rechts- und Gesellschaftsordnung zu fördern und andererseits Wertschätzung in der Zusammenarbeit mit den verschiedenen religiösen und ethnischen Bevölkerungsgruppen in NRW zum Ausdruck zu bringen. Ein wesentlicher Bestandteil dieses Präventionsansatzes ist der „Dialog mit dem Islam“. Eine Plattform zum intensiven Austausch mit Musliminnen und Muslimen und ihren Organisationen in NRW wurde seitens der Landesregierung mit dem dialog forum islam geschaffen. Dieses Beratungsgremium führt einen intensiven Dialog über alle Themen muslimischen Lebens, in denen es Berührungspunkte zwischen staatlichem Handeln und religiöser Praxis gibt. Ein weiterer wichtiger Schutz gegen den islamistischen Extremismus ist die Stärkung von Strukturen im Bereich der Migrantenselbstorganisationen. Die Landesregierung fördert eine Vielzahl von Vereinen, Netzwerken und Projekten in diesem Bereich. Darüber hinaus existiert ein flächendeckendes, landesweites Netz von Kommunalen Integrationszentren (KI) – auch in Hagen. 5. Wie werden die Angebote evaluiert? Im März 2014 startete das Projekt "Wegweiser" in Düsseldorf, Bochum und Bonn. Die Umsetzung ist jeweils auf die Bedingungen vor Ort zugeschnitten. Zunächst sollen in den Modellkommunen Erfahrungen gesammelt und analysiert werden. Wenn die Netzwerkstrukturen stehen, soll „Wegweiser“ weiter ausgebaut werden. Eine erste Evaluierung ist nach Abschluss der Aufbauphase in ein bis zwei Jahren vorgesehen.