LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6163 26.06.2014 Datum des Originals: 25.06.2014/Ausgegeben: 01.07.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2351 vom 28. Mai 2014 des Abgeordneten Dirk Wedel FDP Drucksache 16/6020 Versucht Justizminister Kutschaty aus der Skandalisierung eines Einzelfalls der bayerischen Justiz parteipolitisches Kapital zu schlagen? Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 2351 mit Schreiben vom 25. Juni 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Justizvollzugsanstalten wird sowohl in Bayern als auch in Nordrhein-Westfalen durch die Landesjustizverwaltung in einem Vollstreckungsplan geregelt (vgl. § 152 Absatz 1 Strafvollzugsgesetz, Art. 174 Bayerisches Strafvollzugsgesetz). § 26 der Strafvollstreckungsordnung fasst unter Verweis auf die jeweils in den einzelnen Ländern in Kraft befindlichen Strafvollstreckungsgesetze zusammen, unter welchen Voraussetzungen vom Vollstreckungsplan abgewichen werden kann. Nach § 26 Absatz 2 Satz 1 der Strafvollstreckungsordnung bedarf ein Abweichen vor Beginn des Vollzuges durch Einweisung und nach Beginn des Vollzuges durch Verlegung der Zustimmung der höheren Vollstreckungsbehörde. Justizminister Kutschaty misst der Einhaltung der örtlichen und sachlichen Zuständigkeiten aus dem Vollstreckungsplan offenkundig einen derart hohen Stellenwert bei, dass er insoweit auch in die Zuständigkeit anderer Landesjustizverwaltungen fallende Vollstreckungssachen verfolgt und kommentiert. So wird Justizminister Kutschaty in der Rheinischen Post vom 23.05.2014 wie folgt zitiert: „Für alle gewöhnlichen bayerischen Gefangenen gilt der Vollstreckungsplan. Nur für Hoeneß nicht". Dabei nährt der Zeitpunkt der entsprechenden Veröffentlichung der Einlassungen des Ministers 2 Tage vor der Europa- und Kommunalwahl den Verdacht, dass der Justizminister einen bei den bayrischen Vollstreckungsbehörden anhängigen Einzelfall zu skandalisieren versucht, um daraus kurzfristig parteipolitisches Kapital zu schlagen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6163 2 Entsprechendes Problembewusstsein des Justizministers kann jedenfalls unterstellt werden, da er bei unterschiedlichen Gelegenheiten immer wieder eine diesbezügliche Zurückhaltung der Politik anmahnt. So beispielsweise in der 18. Sitzung des Rechtsausschusses vom 3. Juli 2013 (APr 16/293, Seite 46): „Wir würden es sehr begrüßen, wenn unsere Kolleginnen und Kollegen aus dem Justizvollzug auch die Gewissheit haben könnten, dass ihre Arbeit im politischen Raum nicht zu Skandalisierungsversuchen genutzt würde. Wir finden, dass das Parlament gut daran täte, unseren Kolleginnen und Kollegen den Rücken zu stärken und sie nicht im entscheidenden Moment, wenn etwas ausnahmsweise nicht planmäßig verlaufen ist, zu attackieren oder gar zu diffamieren.“ 1. „Über welche nicht auf Hörensagen beruhende Erkenntnisquellen (beispielsweise Akten oder Auskünfte der bayerischen Landesjustizverwaltung usw.) verfügt Justizminister Kutschaty in der Vollstreckungssache "Hoeneß"?“ Die Landesregierung verfügt in der Vollstreckungssache "Hoeneß" nur über allgemein zugängliche Erkenntnisquellen, insbesondere aus den Medien. 2. „Inwieweit ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Sachbehandlung der bayerischen Landesjustizverwaltung in der Vollstreckungssache "Hoeneß" nicht sachgerecht ist?“ Da der Landesregierung die Akten in der Straf- und Vollstreckungssache "Hoeneß" nicht bekannt sind, kann sie eine abschließende Bewertung aller Aspekte dieser Vollstreckungssache nicht vornehmen. Die Landesregierung sieht allerdings keinen Grund, die Entscheidung der bayerischen Landesjustizverwaltung zu kritisieren, dass nunmehr auch in der Vollstreckungssache "Hoeneß" der Vollstreckungsplan eingehalten wird. 3. „Inwieweit sieht die Landesregierung mit Justizminister Kutschaty ihre Aufgabe darin, in der Zuständigkeit anderer Bundesländer stehende Vollstreckungssachen zu kommentieren?“ Die Landesregierung behält sich ausdrücklich vor, in Einzelfällen auch Zustände oder Ereignisse außerhalb von Nordrhein-Westfalen zu kommentieren. Dies betrachtet die Landesregierung auch als Teil ihrer Aufgabe. 4. "In wie vielen Fällen hat das nordrhein-westfälische Justizministerium in den letzten drei Jahren Zustimmungen gemäß § 26 Abs. 2 S. 1 der Strafvollstreckungsordnung erteilt?" Ausweislich der in den letzten 3 Jahren hierzu registraturmäßig erfassten Fälle ergibt sich folgendes Bild hinsichtlich der Abweichungen vom Vollstreckungsplan vor Beginn des Vollzuges: 2011: 59 Zustimmungen (bei 116 erfassten Fällen) 2012: 69 Zustimmungen (bei 118 erfassten Fällen) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6163 3 2013: 49 Zustimmungen (bei 107 erfassten Fällen). Hervorzuheben ist, dass die Zustimmungen fast ausschließlich dem Erhalt des Arbeitsplatzes der/des Verurteilten dienen. 5. „Wie viele Gefangene waren in Nordrhein-Westfalen im Mai 2014 nicht in der nach dem Vollstreckungsplan für sie örtlich und sachlich zuständigen Justizvollzugsanstalt untergebracht?“ Hierzu liegt Zahlenmaterial nicht vor und ist auch nicht mit vertretbarem Aufwand im Rahmen des bei der Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeitfensters zu ermitteln.