LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/617 14.08.2012 Datum des Originals: 14.08.2012/Ausgegeben: 21.08.2012 (17.08.2012) Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Neudruck Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 25 vom 12. Juni 2012 des Abgeordneten Marcel Hafke FDP Drucksache 16/60 Aktueller Stand der beantragten, bewilligten und abgeflossenen Bundes- und Landesmittel für den U3-Ausbau Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 25 mit Schreiben vom 14. August 2012 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Bund hat Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Investitionsprogramms "Kinderbetreuungsfinanzierung 2008-2013" rund 481 Millionen Euro für den investiven Ausbau von U3- Betreuungsplätzen zur Verfügung gestellt. Die Finanzhilfen für den U3-Ausbau des Bundes sollten dem Land entsprechend einer Verwaltungsvereinbarung über einen Zeitraum von sechs Jahren (2008 bis 2013) bereitgestellt werden. Hierbei sah die Verwaltungsvereinbarung für das Land grundsätzlich folgende Tranchen vor (vgl. Vorlage 15/1223, S. 2): 2008: 84,4 Millionen Euro 2009: 82,1 Millionen Euro 2010: 81,0 Millionen Euro 2011: 79,4 Millionen Euro 2012: 77,8 Millionen Euro 2013: 76,3 Millionen Euro. Diese vorgesehenen Tranchen sind jedoch keinesfalls als verbindlich anzusehen. So wäre es beispielsweise auch möglich gewesen, die gesamten Mittel bereits im Jahr 2011 abzurufen . Ausweislich eines Rundschreibens des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport an die Landschaftsverbände vom 25. Januar 2012 ist dies allerdings bisher nicht LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/617 2 erfolgt. Noch immer sind mindestens 75 Millionen Euro der vom Bund bereitgestellten Mittel ungebunden. Darüber hinaus verzeichnete das Land im Jahr 2011 auch noch einen geringeren Mittelabfluss dieser Bundesmittel als vorgesehen. So beliefen sich die Mindereinnahmen aus zweckgebundenen Zuweisungen des Bundesprogramms im Jahr 2011 auf 38 Millionen Euro (vgl. Vorlage 15/1212, S. 5f.). Die Landesregierung begründete diese Tatsache damit, dass durch die Bereitstellung von Landesmitteln in Form von fachbezogenen Pauschalen für den U3- Ausbau im Umfang von insgesamt 100 Millionen Euro der Mittelabfluss im Jahr 2011 aus dem Bundesprogramm niedriger gewesen sei (vgl. Vorlage 15/1212, S. 5f.). Die in Rede stehenden 100 Millionen Euro sind dem U3-Ausbau Programm des Landes zuzuordnen, für welches nach Auskunft der Landesregierung das Land neben den Bundesmitteln bis zum Jahr 2013 insgesamt rund 400 Millionen Euro zur Verfügung stellen will. Angesichts der Verschuldungslage des Landes ist jedoch schwer verständlich, warum ein auf Kreditbasis finanziertes Landesprogramm dem Bundesausbauprogram bzw. den Bundesmitteln vorgezogen wird. Sinnvoller wäre es doch, vor einem eigenen Mitteleinsatz durch das Land alle verfügbaren Bundesmittel – auch wenn diese für den U3-Platzausbau bis zur Gewährleistung des Rechtsanspruches nicht ausreichen – so schnell wie möglich abfließen zu lassen. Zumal die Konditionen des U3-Ausbauprogramms des Bundes für viele Ausbauwillige trotz des vorgesehenen Eigenanteils deutlich attraktiver sind als die des Landesausbauprogramms . Denn aus dem Sondervermögen des Bundes können 18.000 Euro (20.000 nach Erlass abzüglich 10 Prozent oder 2.000 Euro Eigenanteil) pro U3-Platz im Neubau bezogen werden, wohingegen sich die Höchstförderbeträge des Landesprogramms auf insgesamt 17.000 Euro für Neubauten, auf 5.100 Euro für Aus- und Umbauten (vorher bis zu 8.062 Euro) und 1.700 für Ausstattung belaufen. Vorbemerkung der Landesregierung Im Rahmen des Krippengipfels im Jahr 2007 haben Bund, Länder und Kommunen vereinbart , dass die Kosten für den bedarfsgerechten Ausbau der U3-Betreuungsplätze zu je einem Drittel von den Beteiligten getragen werden sollen. Der Bund hat für Nordrhein-Westfalen insgesamt rund 482 Mio. Euro investive Mittel zur Verfügung gestellt. Bis Ende 2010 wurden seitens der damaligen Landesregierung die Bundesmittel ohne jede Steuerung nach dem Windhundprinzip vergeben und keine zusätzlichen Landesmittel bereitgestellt. Auch für die Folgejahre war im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung keine Vorsorge getroffen worden . Unmittelbar nach dem Regierungswechsel im Juli 2010 hat die neue Landesregierung mit einem Sonderprogramm im Nachtragshaushalt 2010 zusätzliche Landesmittel in Höhe von 150 Mio. Euro bereit gestellt und in den Folgejahren zu einem U3-Investitionsprogramm (2010 bis 2013) im Umfang von 400 Mio. Euro ausgebaut. Die damit eingeleitete Aufholjagd zeigt erste Erfolge: Erstmals zum Kindergartenjahr 2012/2013 haben sich die Anmeldezahlen der Jugendämter wieder deutlich gesteigert. Von den Jugendämtern wurden zum 15.03.2012 rund 117.000 U3-Plätze für das Kindergartenjahr 2012/2013 angemeldet. Das zeigt, dass die von der jetzigen Landesregierung zur Verfügung gestellten Investitionsmittel die Dynamik des U3-Ausbaus deutlich gesteigert haben. Damit kommt die Landesregierung der seitens der Kommunen immer wieder erhobenen Forderung nach größerer Planungs- und Finanzierungssicherheit nach und erfüllt die durch die Vorgängerregierung im Jahr 2007 eingegangene, aber finanziell nicht abgesicherte Verpflichtung hinsichtlich der Beteiligung des Landes am U3-Ausbau. Das Land erfüllt damit die beim Krippengipfel 2007 zwischen Bund, Ländern und Kommunen getroffenen Verabredungen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/617 3 1. Wie lautet der aktuelle Stand des Mittelabflusses der Bundesmittel für den U3- Ausbau in Nordrhein-Westfalen (bitte differenziert nach beantragten, bewilligten und abgeflossenen Mitteln)? Der Bund hat für Nordrhein-Westfalen insgesamt rund 482 Mio. Euro investive Mittel als Gesamtplafonds zur Verfügung gestellt. Die Höhe der bewilligten Mittel beträgt derzeit rund 424 Mio. Euro; dies entspricht rund 88 % des Gesamtplafonds. Die restlichen Bundesmittel sind im vollen Umfang mit Anträgen für konkrete Maßnahmen belegt worden und befinden sich im Prüfungsverfahren. Die Höhe der ausgezahlten Mittel – Auszahlungen sind erst nach entsprechendem Baufortschritt bzw. Fertigstellung der Maßnahme möglich – beträgt derzeit rund 361 Mio. Euro; dies entspricht knapp 75 % des Gesamtplafonds. 2. Warum zieht die Landesregierung ein auf Kreditbasis finanziertes Landespro- gramm dem Bundesausbauprogramm bzw. den Bundesmitteln vor? Diese Frage erübrigt sich, weil inzwischen insgesamt rund 770 Mio. Euro bewilligt sind und damit der vom Bund zur Verfügung gestellte Gesamtplafond deutlich überschritten ist. 3. Wie lautet der aktuelle Stand des Mittelabflusses aus dem Landesprogramm für den U3-Ausbau (bitte differenziert nach beantragten, bewilligten und abgeflossenen Mitteln)? Von den zusätzlichen Landesmitteln in Höhe von 400 Mio. Euro für den investiven U3- Ausbau sind Mittel in Höhe von 350 Mio. Euro an die Jugendämter ausgezahlt und weitere Mittel in Höhe von 45 Mio. Euro für 2013 bewilligt. Insgesamt sollen Mittel in Höhe von 50 Mio. Euro mit dem Haushalt 2013 zur Verfügung gestellt werden. Die Jugendämter entscheiden selbst über den Einsatz der bewilligten und ausgezahlten Mittel der fachbezogenen Pauschalen vor Ort und bewilligen auch Anträge freier Träger. Einzelanträge an die Landesjugendämter und Einzelbewilligungen für jedes Vorhaben durch die Landesjugendämter entfallen für die seit 2011 zur Verfügung gestellten Landesmittel. Mit dem vom Landtag aufgrund der Neuwahlen nicht verabschiedeten Haushaltsentwurf 2012 war beabsichtigt, den Verwendungszeitraum der fachbezogenen Pauschalen bis zum 31.12.2013 zu verlängern. Da der seinerzeitige Haushaltsentwurf nicht verabschiedet wurde, mussten von den Jugendämtern noch nicht gebundene Mittel in Höhe von rund 9,7 Mio. Euro zurückgezahlt werden. Es ist beabsichtigt, diese Mittel den jeweiligen Jugendämtern wieder zur Verfügung zu stellen. 4. Wie viele Plätze sind bisher in NRW mit den zur Verfügung stehenden Mitteln speziell für den U3-Ausbau geschaffen worden (bitte Unterscheidung nach Bundes -/Landesmitteln)? Eine Angabe der Anzahl der mit Bundes- und Landesmitteln neu geschaffenen U3-Plätze ist erst nach Vorlage und Prüfung der Verwendungsnachweise möglich. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/617 4 Mit Bundesmitteln wurden nach Angaben der Landesjugendämter seit dem Beginn des Investitionsprogramms bislang insgesamt rund 63.000 U3-Plätze in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege bewilligt. Zum Programmbeginn wurden Maßnahmen insbesondere im Bereich Ausstattung (Umwandlung von Plätzen) und Umbau sowie in der Kindertagespflege durchgeführt. Mit den Landesmitteln – hier liegen bislang lediglich die Angaben der Landesjugendämter für die fachbezogenen Pauschalen 2010 und 2011 vor – wurden insgesamt rund 21.100 U3- Plätze investiv gefördert. 5. Wie viel kostet die Schaffung eines U3-Platzes in Nordrhein-Westfalen im Durch- schnitt? Nach derzeitigem Stand betrugen im Zeitraum 2008 bis 2011 die durchschnittlichen Investitionskosten 10.989,45 Euro für Plätze in Kindertageseinrichtungen und 955,05 Euro für Plätze in Kindertagespflege.