LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6257 07.07.2014 Datum des Originals: 04.07.2014/Ausgegeben: 10.07.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2363 vom 10. Juni 2014 des Abgeordneten Ralf Witzel FDP Drucksache 16/6052 Anhaltende gravierende Anlegerbeschwerden bei der Abwicklung der WestFonds – Werden Transparenz- und Wohlverhaltenspflichten der WestFonds-Geschäftsführung und der Portigon AG als Treuhänder zugunsten der Anleger nun pflichtgemäß erfüllt? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 2363 mit Schreiben vom 4. Juli 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Bereits seit dem Jahr 2007 dauern die Bemühungen der WestFonds an, die Immobilien aus seinerzeit über 30 geschlossenen Immobilienfonds zu veräußern und die Beteiligungen der Anleger abzuwickeln. Die dabei im Raum stehenden Unregelmäßigkeiten haben sowohl das Plenum als auch den zuständigen Fachausschuss des Landtags Nordrhein-Westfalen in der Vergangenheit mehrfach intensiv beschäftigt. Die Erste Abwicklungsanstalt (EAA) hat mit einer grundlegenden personellen Neuaufstellung unlängst ein Zeichen gesetzt, dass sie eine Notwendigkeit zur Verbesserung sieht. Offenbar sind die Ursachen für Fehlentwicklungen und Defizite aber noch nicht vollends beseitigt. Aktuell beklagen beispielsweise Anleger des WestFonds 5 die Machtlosigkeit gegenüber der angeblichen Willkür der Geschäftsführung, die in einem Abstimmungsmarathon die Zustimmung zu einem hoch umstrittenen und für diese Anleger offenbar nachteiligen Beschluss forcieren will. Weiterhin wird von Anlegern massiv die mangelhafte Kommunikation seitens der WestFonds-Geschäftsführung und der Portigon AG als Treuhänder kritisiert. Teilweise wird dabei in Anlegerkreisen ausdrücklich auch ein Zusammenwirken der Fondsgeschäftsführung mit Dritten zu Lasten der übrigen Kommanditisten vermutet. Entsprechende Vorwürfe sollten zum Nutzen aller Beteiligten schnellstmöglich aufgeklärt werden. Anleger des geschlossenen Immobilienfonds WestFonds 5 sollten erst kürzlich zum dritten Mal in recht kurzer Folge über einen von Fonds ImmobilienAnlagegesellschaft mbH ausgehandelten Vergleich abstimmen. Schreiben der Portigon AG vom 18. November 2013, 4. Februar 2014 und 24. März 2014, die der FDP-Landtagsfraktion vorliegen, belegen dies. Die dort zur Abstimmung stehende Vergleichsvereinbarung vom LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6257 2 30. Oktober 2013 sieht unter anderem vor, dass die Anleger des Fonds 300.000 Euro an den Vergleichspartner zahlen, damit dieser seinerseits einen Verkaufsbeschluss des Fonds fallen lässt – ein Stück aus dem Tollhaus. Bei den beiden bisherigen Abstimmungen ist das Quorum für die Beschlussfähigkeit gemäß § 12 Abs. 7 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages des WestFonds 5 von 50 % nicht erreicht worden, so dass keine Beschlussfassung erfolgt ist. Bei der mittlerweile dritten Abstimmung, die bis zum 22. April 2014 lief, soll ein Beschluss gemäß § 12 Abs. 7 Satz 2 unabhängig von der Anwesenheit wirksam werden. Vermutlich sollen Anleger hierdurch einer zweifelhaften und unüblichen Zermürbungstaktik bzw. einer Ermüdungshandlung unterworfen werden, die letztlich dazu führt, dass die Geschäftsführung jegliche, auch umstrittene Beschlüsse nach ihrem Willen durchsetzen kann, da sich selbst aktive Anleger erfahrungsgemäß in so kurzer Zeit nicht an drei komplexen Abstimmungen beteiligen können oder den Aufwand dafür nicht mehr einsehen. Aber auch der Inhalt des Beschlusses enthält diverse Fragwürdigkeiten: Der den Anlegern des WestFonds 5 unterbreitete Vergleichsvorschlag vom 30. Oktober 2013, dem diese in gleichlautender Form nunmehr zum dritten Mal als Beschlussfassung per Umlaufverfahren zustimmen sollen, sieht im Einzelnen vor, dass der institutionelle Mitanleger HTB Zweite Hanseatische Immobilienfonds GmbH & Co. KG (HTB 2) eine einmalige Sonderzahlung von 300.000 Euro aus der Fondskasse erhält. Im Gegenzug, so sieht es die Vergleichsvereinbarung zwischen der Fondsgeschäftsführung des WestFonds 5 und dem Zweitmarktfonds HTB 2 vor, verzichtet HTB 2 in dieser Angelegenheit auf weitere juristische Schritte gegen die Fondsgesellschaft, einschließlich gegen die bereits am 17. Juli 2013 gefassten Beschlüsse zur Veräußerung eines Fondsobjektes, des Walle-Centers in Bremen. In dieser Vergleichsvereinbarung wird dieser kausale Zusammenhang von Klageverzicht und einer Geldzahlung unmissverständlich formuliert. Dort heißt es hierzu: "HTB ist jedoch nur bereit, auf die Einlegung von Rechtsmitteln gegen die Gesellschafterbeschlüsse zu verzichten, wenn die Fondsgesellschaft die HTB im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung mit der Fondsgesellschaft entstandenen Kosten und Nachteile ersetzt und ausgleicht." Welche Rechtsmittel und Anspruchsgrundlagen dies genau sind, erfahren die Anleger des WestFonds 5 nicht: "HTB hatte u. a. die unzureichende Übermittlung von Informationen im Zusammenhang mit der Gesellschafterversammlung gerügt", heißt es dazu recht nebulös in der Vergleichsvereinbarung vom 30. Oktober 2013, mit der 300.000 Euro (eventuell zzgl. Umsatzsteuer) aus dem Vermögen der Anleger des WestFonds 5 an den Fonds HTB 2 überwiesen werden sollen. Damit steht grundsätzlich die zeitnah zu klärende Annahme im Raum, dass es ein Fehlverhalten der WestFonds-Geschäftsführung oder der Treuhänderin im Zusammenhang mit den Verkaufsbeschlüssen ist, die nun eine erfolgreiche Anfechtung dieser Beschlüsse begründen könnte, wobei mögliche Fehler seitens der WestFondsGeschäftsführung und der Treuhänderin jedoch bislang nicht offengelegt werden. Hier ist dringende Aufklärung vonnöten, da mittels der Vergleichsvereinbarung mögliche Fehler der Geschäftsführung oder der Treuhänderin Portigon AG offenbar auf Kosten der geschädigten Anleger nachträglich geheilt werden sollen. Auch in welcher Form und durch welche Maßnahmen auf der Seite von HTB 2 Rechtsverfolgungskosten von bis zu 300.000 Euro entstanden sein könnten und wie diese belegt wurden, wird in der Vergleichvereinbarung und in den ergänzenden Dokumenten nicht weiter erörtert. Auch der Treuhänder Portigon AG, die eigentlich die Interessen der Anleger vertreten sollte, geizt bislang mit konkreten Informationen und versucht den Anlegern eine Zustimmung zu dem Vergleich mit dem Hinweis schmackhaft zu machen, eine Klage von LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6257 3 HTB 2 „könnte e ne n t ne e e e ö e n e et n e e k n e tt n e e k e ö e n e n e e n e en n e en tt n e n te en en n tte e ne e t k t en te blockieren". Der ungewöhnliche Einbehalt des Anlegergeldes ohne nähere Begründung und nur aufgrund von Spekulationen über etwaige Rechtsmittel könnte ein unzulässiges Druckmittel darstellen, um die schützenswerten Anleger im Wege einer Verdeckungshandlung nun zur Zustimmung der Vergleichsvereinbarung zu nötigen. 1. Welche Formfehler oder sonstigen Unregelmäßigkeiten sind seitens der WestFonds-Geschäftsführung oder der Portigon AG als Treuhänder bei der Beschlussfassung über den Verkauf des Fondsobjektes Walle-Center im WestFonds 5 im allgemeinen und vor allem bei der Beschlussfassung vom 17. Juli 2013 über die Veräußerung des Walle-Centers begangen worden? 2. In welcher Weise genau stellen solche möglichen Fehler oder Unregelmäßigkeiten, wie zuvor dargestellt, Anfechtungs- bzw. Klagegründe dar, die die HTB Zweite Hanseatische Immobilienfonds GmbH & Co. KG (HTB 2) beim WestFonds 5 gemäß Vergleichsvereinbarung vom 30. Oktober 2013 gegen die Rechtmäßigkeit des Verkaufsbeschlusses vom 17. Juli 2013 zur Veräußerung des Walle-Centers in Bremen vorbringt? 3. Wie bewertet die Landesregierung in puncto Schutz der Anlegerrechte auf Basis aller ihr zugänglichen Informationen den Umstand, dass im WestFonds 5 mittlerweile sogar schon zum dritten Mal in kurzer Abfolge über denselben Beschlussfassungsgegenstand (die Vergleichsvereinbarung vom 30. Oktober 2013 mit HTB 2 zur Zahlung von 300.000 Euro aus dem Fondsvermögen zu Lasten der Anleger) offenbar nur deshalb eine erneute Abstimmung initiiert worden ist, da nunmehr für diese dritte Abstimmung gemäß § 12 Abs. 7 S. 2 des Gesellschaftsvertrages des WestFonds 5 veränderte Anwesenheits- und Beschlussfassungsquoren gelten? 4. Aus jeweils welchen einzelnen Gründen sind die angeblichen Rechtsverfolgungskosten von bis zu 300.000 Euro, die HTB 2 offenbar im Wege der Vergleichsvereinbarung vom 30. Oktober 2013 erstattet werden sollen, bislang nicht seitens der Portigon AG und der WestFonds-Geschäftsführung im Einzelnen gegenüber den Anlegern des West-Fonds 5 offengelegt worden, obwohl Treuhänder und WestFonds-Geschäftsführung diese wohl im Einzelnen nachgewiesen und belegt vorliegen haben? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6257 4 5. Sind die angeblichen Rechtsverfolgungskosten von bis zu 300.000 Euro, die HTB 2 im Wege der Vergleichsvereinbarung vom 30. Oktober 2013 durch WestFonds 5 erstattet werden sollen, bereits ganz oder teilweise ausgezahlt worden, bevor es überhaupt zu einer abschließend rechtsgültigen Entscheidung der Fondsanleger gekommen ist, deren denkbare Zustimmung zu den umstrittenen Auszahlungen aus dem Fondsvermögen des WestFonds 5 im Ergebnis also dann nur noch der bloßen nachträglichen Legalisierung dieser Vorgehensweise dienen würde? Die Landesregierung hat in eigener Zuständigkeit keine Kenntnis der dargestellten Sachverhalte und war auch nicht in Geschäftsvorfälle eingebunden. Eine Stellungnahme ist daher nicht möglich. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass die Interessen eines privatrechtlichen Fonds und seiner Anleger betroffen sind und die Geschäftsführung des Fonds insoweit einer im Geschäftsverkehr üblichen Verschwiegenheitspflicht unterliegt. Darüber hinaus steht es jedem Anleger frei, den Rechtsweg einzuschlagen und Angelegenheiten der Gesellschaft gerichtlich überprüfen zu lassen und unter Umständen Schadenersatz für die Gesellschaft geltend zu machen.