LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6258 07.07.2014 Datum des Originals: 04.07.2014/Ausgegeben: 10.07.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2378 vom 15. Juni 2014 des Abgeordneten Ralf Witzel FDP Drucksache 16/6074 Gewährung selbstverständlicher Anlegerrechte bei der Abwicklung der WestFonds – Was unternehmen die Verantwortlichen in den Institutionen mit Landesbeteiligung zur Sicherstellung und Durchsetzung der begründeten Interessen privater Anleger? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 2378 mit Schreiben vom 4. Juli 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die WestLB ist seit Jahrzehnten mit verschiedenen Tochtergesellschaften als Fondsinitiator, Fondsmanagement und als Treuhänder bei zahlreichen Immobilienfonds aufgetreten. Seit 1997 werden die einzelnen WestLB-Fondsaktivitäten nun von der WestFonds ImmobilienAnlagegesellschaft mbH gebündelt, eine zuletzt 100%ige WestLB-Tochter, in der im Laufe der Jahre mehrere Vorläufergesellschaften aufgegangen sind (wie RWI, SIF, WestLB Trust). Mit der Zerschlagung der WestLB hat die Portigon AG ab Juli 2012 die Rechtsnachfolge als Treuhänder für die Immobilienfonds angetreten. Das Fondsmanagement führt weiterhin WestFonds aus, deren Gesellschaftsanteile zu einem nur kleinen Anteil bei der Portigon AG verblieben und im August 2012 fast vollständig an deren Bad Bank EAA übertragen worden sind. Die EAA hat die Aufgabe, übernommene Vermögensgegenstände möglichst wertschonend abzuwickeln. Bei den von WestFonds verwalteten Immobilienfonds handelt es sich zudem weit überwiegend um privates Anlegervermögen. Die Fonds sind von der EAA aus betrachtet keine Risikopositionen für den Steuerzahler, sondern rechtlich selbständige Gesellschaften, deren Anteile von privaten Anlegern gehalten werden. WestFonds fungiert als bestellter Fondsgeschäftsführer und die Portigon AG als Registertreuhänder für die Fondsanleger. Seit einiger Zeit betreibt die WestFonds-Geschäftsführung die Veräußerung von zahlreichen Fondsobjekten. Dies geschieht derzeit über die vorzeitige Liquidation von Fonds, die oftmals kein bestimmtes Laufzeitende haben, sondern üblicherweise fortgesetzt werden, solange es den Anlegern als ihren Eigentümern rentierlich erscheint. Wie auch bereits im Rahmen einer LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6258 2 Landtagsanhörung ausführlich und begründet von Anlegern vorgetragen, besteht aus Sicht zahlreicher Betroffener die Gefahr, dass kurzfristige geschäftspolitische Entscheidungen im Zusammenwirken von EAA, Portigon AG und WestFonds-Immobilienfondsverwaltung die Vermögensinteressen der Anleger schädigen könnten. Eigentümer von WestFonds-Objekten haben sich daher auch bereits zu Anlegerschutzgemeinschaften zusammengeschlossen und lassen sich anwaltlich vertreten. Es ist zwingendes Interesse des Landes, dass der Ausstieg von WestFonds, Portigon AG und EAA bei den Fondsobjekten für alle Beteiligten vermögensschonend und werterhaltend verläuft. Insbesondere dürfen Land und Steuerzahler nicht unnötig weiteren finanziellen und rechtlichen Risiken wie beispielsweise Schadenersatzforderungen der Anleger ausgesetzt sein. Vor diesem ernsten Hintergrund ist es alarmierend, auch nach einer von der EAA forcierten und vollzogenen grundlegenden Neustrukturierung der WestFonds-Geschäftsführung immer noch mit Anlegerprotesten konfrontiert zu werden. Leider hat die Portigon AG ihrerseits noch keine Veranlassung gesehen, ebenso für neue Verantwortlichkeiten und Vorgehensweisen in ihrem Treuhandbereich zu sorgen. Als Alleineigentümer der Portigon AG steht das Land in der Verantwortung sicherzustellen, dass selbstverständliche Anlegerrechte ebenso beachtet werden wie die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Insbesondere ist zu hinterfragen, warum sich die Portigon AG offenbar entgegen der klaren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (bspw. Az. II ZR 134/11, II ZR 136/11) gleich in mehreren Fällen weigert, Anlegern die Namen und Anschriften der Mitanleger zu übermitteln, obwohl gerade Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans dafür wirbt, Anleger sollten lieber selbstbestimmt ihre Rechte wahrnehmen als sich mit Beschwerden an die Politik zu wenden. In einem aktuellen Fall des WestFonds 5 ist es wieder zu zahlreichen Konflikten mit Anlegern bei der Veräußerung des Fondsobjektes Walle-Center gekommen. Anleger des geschlossenen Immobilienfonds WestFonds 5 sollten erst kürzlich zum dritten Mal in recht kurzer Folge über einen von der Fondsgeschä - Anlagegesellschaft mbH ausgehandelten Vergleich abstimmen. Die dort zur Abstimmung stehende Vergleichsvereinbarung vom 30. Oktober 2013 sieht unter anderem vor, dass die Anleger des Fonds 300.000 Euro an den Vergleichspartner zahlen, damit dieser seinerseits angekündigte juristische Schritte gegen einen Verkaufsbeschluss des Fonds fallen lässt. Bei den beiden bisherigen Abstimmungen ist das Quorum für die Beschlussfähigkeit gemäß § 12 Abs. 7 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages des WestFonds 5 von 50 % nicht erreicht worden, so dass keine Beschlussfassung erfolgt ist. Bei der mittlerweile dritten Abstimmung, die bis zum 22. April 2014 lief, soll ein Beschluss gemäß § 12 Abs. 7 Satz 2 unabhängig von der Anwesenheit wirksam werden. Laut Presseinformation des neuen Erwerbers des Fondsobjektes aus dem WestFonds 5 vom 16. Januar 2014 ist der Erwerb aber schon vollzogen, und laut eines Schreibens der Portigon AG als Treuhänder vom 4. Februar 2014 an die Anleger des WestFonds 5 ist der Kaufpreis längst entrichtet worden. Für die Anleger ist daher die aktuelle Situation unklar, insbesondere ob bereits eine Umschreibung des Eigentums im Grundbuch erfolgt ist oder eine wirksame Vormerkung, Grundbuchsperre, Verfügungsbeschränkung etc. besteht und falls dies so ist, aus welchem Grund und durch wen eine solche Maßnahme wann erwirkt und diese in der Zwischenzeit möglicherweise wieder aufgehoben worden ist. Laut einem Schreiben der Portigon AG als Treuhänder vom 4. Februar 2014 an die Anleger des WestFonds 5 könnte eine Klage der HTB 2 gegen den Verkauf und die entsprechende LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6258 3 Beschlussfassung "eine nicht unerhebliche Verzögerung der Umsetzung des Verkaufs und der Ausschüttung des Verkaufserlöses an die Anleger nach sich ziehen und die im übrigen zur Ausschüttung zur Verfügung stehenden Fondsmittel bis zu einem rechtskräftigen Urteil blockieren“. Es ist unklar, welche Begründung es hierfür geben könnte und ob dieser Sachstand auch angesichts des bereits geleisteten Kaufpreises noch aktuell ist. Anleger vermuten ein gezieltes Vorgehen, bei dem der Einbehalt des Liquidationserlöses sowie weiterer zur Ausschüttung zur Verfügung stehender Fondsmittel als Druckmittel gegenüber den Anlegern eingesetzt wird, um diese erneut zu einer Zustimmung zu der Vergleichsvereinbarung vom 30. Oktober 2013 zu nötigen. Wie die Portigon AG selbst beispielsweise in einem Schreiben vom 4. Februar 2014 an die Anleger des WestFonds 5 mitteilt, liegt in der Weigerung zur Adressenherausgabe an die Anleger ein Anfechtungsgrund seitens HTB 2 gegen die Verkaufsbeschlüsse. Daher ist für Aufklärung zu sorgen, ob und ggf. inwiefern sich die Portigon AG treuwidrig zum Nachteil der Anleger verhalten hat. Dieser Aspekt hat außerdem über den Fall des WestFonds 5 hinaus erhebliche Relevanz für die vermögensschonende und anlegergerechte Abwicklung auch der weiteren WestFonds. Eine ganz besondere Rolle und doppelte Verantwortung kommt dem Land beim Umgang mit dem Fondsvermögen des WestFonds 5 zu, da hier nicht nur fremdes Eigentum verwaltet wird, sondern das Land selbst einen je nach Fondsobjekt zwischen 46 und 49 Prozent leicht schwankenden Eigentumsanteil hält, der von der Portigon AG mittlerweile an deren Bad Bank EAA abgegeben worden ist. Laut aktuellem Geschäftsbericht der EAA für 2013 beträgt der Anteilsbesitz am Eigenkapital der WestFonds 5 insgesamt 23 Mio. Euro und hat zuletzt ein negatives Jahresergebnis von fast zwei Mio. Euro beschert. 1. In jeweils welchen Fällen haben die Portigon AG als Treuhänder oder die WestFonds-Geschäftsführung gegenüber Anlegern der WestFonds die Herausgabe von Adressen von Mitgesellschaftern seit Bestehen der in diesem Punkt eindeutigen und zuvor zitierten BGH-Rechtsprechung, differenziert nach den einzelnen WestFonds, verweigert? 2. Aus jeweils welchen Gründen in den zuvor genannten Fällen hat das Land als 100%-iger Eigentümer der Portigon AG diese Vorgehensweise akzeptiert, obwohl diese praktizierte Handhabung der einschlägigen Rechtsprechung widerspricht? 3. In welcher Weise genau stellen solche möglichen Fehler oder Unregelmäßigkeiten auch Anfechtungs- bzw. Klagegründe dar, die die HTB Zweite Hanseatische Immobilienfonds GmbH & Co. KG (HTB 2) beim WestFonds 5 gemäß Vergleichsvereinbarung vom 30. Oktober 2013 gegen die Rechtmäßigkeit des Verkaufsbeschlusses vom 17. Juli 2013 zur Veräußerung des Walle-Centers vorbringt? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6258 4 4. Wie stellen sich im Einzelnen die bisher erfolgten Schritte der Verkaufshandlungen beim WestFonds 5 sachlich und chronologisch nach den Erkenntnissen der Landesregierung auch unter Aufklärung sämtlicher im obigen Ausgangssachverhalt aufgeworfenen Fragen und Merkwürdigkeiten dar? (bitte vollständige Dokumentation des Vorgehens bis zum heutigen Status) Die Landesregierung hat in eigener Zuständigkeit keine Kenntnis der dargestellten Sachverhalte und war auch nicht in Geschäftsvorfälle eingebunden. Eine Stellungnahme ist daher nicht möglich. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass die Interessen eines privatrechtlichen Fonds und seiner Anleger betroffen sind und die Geschäftsführung des Fonds insoweit einer im Geschäftsverkehr üblichen Verschwiegenheitspflicht unterliegt. Darüber hinaus steht es jedem Anleger frei, den Rechtsweg einzuschlagen und Angelegenheiten der Gesellschaft gerichtlich überprüfen zu lassen und unter Umständen Schadenersatz für die Gesellschaft geltend zu machen. 5. Welche einzelnen Maßnahmen hat die Landesregierung konkret im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten insgesamt bei den WestFonds ergriffen, um die ihr seit spätestens Frühjahr 2013 bekannten Probleme ihrer Fondsgesellschaft zu beheben und die Anlegerproteste zu reduzieren? Der Antragsteller geht fehl in der Annahme, dass die Landesregierung zuständig ist, gegenüber einer Beteiligung der EAA Maßnahmen zu ergreifen.