LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6321 16.07.2014 Datum des Originals: 15.07.2014/Ausgegeben: 21.07.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2377 vom 13. Juni 2014 der Abgeordneten Yvonne Gebauer und Ralph Bombis FDP Drucksache 16/6067 Wie hat das Ministerium für Schule und Weiterbildung den Beschluss des Landtags zum Antrag „Wirtschaft in Schulbüchern – für eine frühzeitige, vielfältige und objektive Darstellung von Sozialer Marktwirtschaft und Unternehmertum“ aus dem Jahr 2009 umgesetzt? Die Ministerin für Schule und Weiterbildung hat die Kleine Anfrage 2377 mit Schreiben vom 15. Juli 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie. Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In den vergangenen Jahren ist wiederholt Kritik laut geworden, dass in Schulbüchern die Darstellung wirtschaftlicher Zusammenhänge bisweilen eher einseitig ausgerichtet ist. Ebenfalls wird in der Öffentlichkeit oftmals bemängelt, dass gerade auch Aspekten der Selbstständigkeit sowie Chancen und Risiken des Unternehmertums in der Schulbildung generell ein zu geringer Stellenwert zukommt. Bezüglich der Frage der Vermittlung ökonomischer Kenntnisse hatte die FDP-Fraktion bekanntlich gefordert, den bisherigen Modellversuch zum Fach „Wirtschaft“ an Realschulen zu nutzen, um ein Fach „Wirtschaft“ oder „Ökonomie“ zu etablieren; dies kann aus Sicht der FDP-Fraktion ein wichtiger Schritt sein, den vielfach belegten unzureichenden ökonomischen Kenntnissen von Jugendlichen entgegenzuwirken und dabei auch als einen wichtigen Aspekt die Verbraucherbildung zu stärken; wobei bei einem solchen Fach selbstverständlich ebenfalls das Prinzip kontroverser Behandlung unterschiedlicher Positionen zu gelten hat. Bekanntlich haben SPD, Grüne und CDU diese Forderung abgelehnt. Letztlich bleibt es weitgehend bei der bisherigen – aus FDP-Sicht unzureichenden – Vermittlung ökonomischer Kenntnisse im Rahmen anderer Fächer oder Lernbereiche. Schulministerin Löhrmann hat ihre Position unlängst in einem ausführlichen Gastbeitrag nochmals unterstrichen. Unabhängig von dieser Diskussion hatten die Fraktionen der CDU und der FDP 2009 einen Antrag „Wirtschaft in Schulbüchern – für eine frühzeitige, vielfältige und objektive Darstellung von Sozialer Marktwirtschaft und Unternehmertum“ eingebracht, der vom nordrhein- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6321 2 westfälischen Landtag auch beschlossen wurde. Der Landtag hat neben der Sicherstellung einer objektiven Darstellung wirtschaftlicher Zusammenhänge oder auch der Selbstständigkeit in der sozialen Marktwirtschaft in Lernmitteln die Landesregierung ebenfalls mit sozusagen praktischen Umsetzungsmaßnahmen zur Stärkung der ökonomischen Kompetenz und Aspekten der Verbraucherbildung beauftragt. Die der Landesregierung aufgetragenen Forderungen des nordrhein-westfälischen Parlaments lauteten wie folgt: „Der Landtag fordert die Landesregierung auf: 1. bei der Zulassung von Lernmitteln der gesellschaftswissenschaftlichen Schulfächer auf die Vermittlung wirtschaftlicher Zusammenhänge - unter Einbeziehung der privaten Eigenvorsorge und des Verbraucherschutzes - zu achten, insbesondere müssen die wirtschaftlichen Aspekte der Globalisierung objektiv und unideologisch dargestellt werden. 2. Unterrichtsreihen auch in enger Abstimmung mit Wirtschaftsverbänden und Kammern zu entwickeln, die die Notwendigkeit unternehmerischer Tätigkeit als sozial verantwortlichen und gesellschaftlich notwendigen Lebensentwurf hervorheben. 3. im Bereich der Berufsorientierung an den Schulen eng mit der Wirtschaft und Unternehmen zusammenzuarbeiten. 4. Schulen zu ermuntern, Vertreter der örtlichen Wirtschaft einzuladen, die den Schülern selbständiges Handeln und Wirtschaften erläutern.“ Es ist daher wichtig zu erfahren, wie bzw. mit welchen einzelnen Maßnahmen die Landesregierung diese Beschlüsse des nordrhein-westfälischen Parlaments jeweils umgesetzt hat. 1. Inwieweit hat das Schulministerium den Beschluss, „bei der Zulassung von Lernmitteln der gesellschaftswissenschaftlichen Schulfächer auf die Vermittlung wirtschaftlicher Zusammenhänge – unter Einbeziehung der privaten Eigenvorsorge und des Verbraucherschutzes – zu achten, insbesondere müssen die wirtschaftlichen Aspekte der Globalisierung objektiv und unideologisch dargestellt werden“, umgesetzt? Die Zulassung von Lernmitteln erfolgt auf der Grundlage des entsprechenden Runderlasses des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 03.12.2003 (ABl. NRW. 2004 S. 9). Dabei beschränkt sich die Begutachtung – neben einer fachwissenschaftlichen und methodischen Sichtung – vor allem auf eine rechtliche und lehrplanbezogene Prüfung. Darüber hinaus geht es in diesem Fächerbereich immer auch um die Überprüfung objektiver und unideologischer Darstellung aller Themenbereiche auf der Grundlage des Beutelsbacher Konsenses („Überwältigungsverbot“). In den Fächern Arbeitslehre, Politik und Sozialwissenschaften, in die die ökonomische Bildung integriert ist, sind nach dem Kernlehrplan für das Gymnasium (Sekundarstufe I) im Jahre 2007 in den Jahren 2011/12 für alle Schulformen der Sekundarstufe I Kernlehrpläne in Kraft getreten. Kernlehrpläne für die Sekundarstufe II werden ab 2014 sukzessive in Kraft treten. In diesen Kernlehrplänen ist die ökonomische Bildung mit jeweils mindestens einem Drittel vertreten. Im Fach Arbeitslehre an Haupt- und Gesamtschulen ist das Fach Wirtschaft explizit als Teilfach ausgewiesen. Wirtschaftliche Zusammenhänge, Aspekte der Eigenvorsorge und wirtschaftliche Aspekte der Globalisierung werden altersentsprechend in LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6321 3 allen Schulformen als inhaltliche Anwendungsbereiche ökonomischer Kompetenzen ausgewiesen. Das Land schreibt Verlagen nicht im Einzelnen konkret vor, an welchen Themen die obligatorischen Inhaltsfelder und Kompetenzen entwickelt werden. Es wird aber bei jeder Schulbuchzulassung überprüft, ob die Inhaltsfelder und Kompetenzbereiche vollständig abgebildet sind. Über die Einführung eines konkreten zugelassenen Schulbuches entscheidet die Schulkonferenz der Schule auf der Grundlage von Empfehlungen der entsprechenden Fachkonferenz. 2. Wie hat die Landesregierung die Maßnahmen umgesetzt, Unterrichtsreihen auch in enger Abstimmung mit Wirtschaftsverbänden und Kammern zu entwickeln, die die Notwendigkeit unternehmerischer Tätigkeit als sozial verantwortlichen und gesellschaftlich notwendigen Lebensentwurf hervorheben? Nahezu alle Schulen der unterschiedlichen Schulformen haben Partnerschaften mit einem oder mehreren Wirtschaftsunternehmen im regionalen Umfeld, häufig auch mit vertraglich vereinbarten Kooperationen. Aus diesen Partnerschaften entwickeln sich jeweils Konzepte, die im Rahmen des Schulprogramms verortet und für die einzelne Schule sinnvoll sind. Hier kann es – z.B. im Bereich der Natur- oder Gesellschaftswissenschaften – um die gemeinsame Gestaltung von Unterrichtsreihen, es kann um betriebliche Erkundungen im Rahmen von Unterrichtsvorhaben oder gemeinsame Gestaltung von Projekten oder Praktika gehen. Die Schulen gestalten die Kooperationen eigenverantwortlich und im Sinne der Schülerinnen und Schüler. Best-practise-Beispiele werden in den Veröffentlichungsorganen des Schulministeriums immer wieder präsentiert. 3. Welche einzelnen Schritte wurden von der Landesregierung ergriffen, um im Bereich der Berufsorientierung an den Schulen eng mit der Wirtschaft und Unternehmen zusammenzuarbeiten? Die bisherigen vielfältigen Unterstützungsangebote für Jugendliche im Übergang von der Schule in den Beruf werden in dem Landesvorhaben „Kein Abschluss ohne Anschluss“ systematisiert. Das haben die Partner im Ausbildungskonsens verabredet. Bestandteil des neuen Übergangssystems ist die enge Zusammenarbeit von Schulen und Betrieben in der Berufs- und Studienorientierung. Die Koordinierung erfolgt durch die kommunalen Koordinierungsstellen, die inzwischen in allen 53 Schulamtsbezirken eingerichtet wurden. Felder der Zusammenarbeit von Schulen und Betrieben sind insbesondere:  Berufsfelderkundung  Schulisches Betriebspraktikum  Praxiskurse  Langzeitpraktika 4. Wie hat die Landesregierung den Beschluss des Parlaments umgesetzt, Schulen zu ermuntern, Vertreter der örtlichen Wirtschaft einzuladen, die den Schülern selbständiges Handeln und Wirtschaften erläutern? Gute Beispiele für die Einbindung von Expertinnen und Experten aus dem Bereich der Wirtschaft wie auch aus anderen Bereichen der Gesellschaft in den Unterricht werden in Veröffentlichungen des Schulministeriums beispielhaft vorgestellt. Durch Besuche von Vertreterinnen und Vertretern der Landesregierung an Schulen mit vorbildlichen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6321 4 Partnerschaften auch im wirtschaftlichen Bereich sowie durch Grußworte oder Gratulationsschreiben für die Teilnahme an Wettbewerben, die von Banken oder Wirtschaftsunternehmen für Schülerinnen und Schüler ausgeschrieben werden, wird die Wertschätzung verdeutlicht. Die Öffnung und Anwendungsorientierung eines kompetenzorientierten Unterrichts ist Grundprinzip der Lehrpläne und wird in diesen auch an exponierter Stelle thematisiert. Dieser Linie folgend muss es aber in der Gestaltungshoheit der Fachkonferenzen und Fachlehrerinnen und Fachlehrer der einzelnen Schule liegen, an welchen Stellen des Unterrichts die Einbindung von Expertenwissen zielführend für den Kompetenzerwerb der Schülerinnen und Schüler ist.