LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6391 25.07.2014 Datum des Originals: 24.07.2014/Ausgegeben: 30.07.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2387 vom 17. Juni 2014 des Abgeordneten Marcel Hafke FDP Drucksache 16/6085 Wie beurteilt die Landesregierung die gerichtlich angedeutete „Mindesthöhe“ der Förderung von Tagespflegepersonen vor dem Hintergrund des beschlossenen Zuzahlungsverbots? Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 2387 mit Schreiben vom 24. Juli 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In § 23 des achten Sozialgesetzbuches (SGB VIII) ist vorgeschrieben, dass in der Kindertagespflege tätige Personen unter Berücksichtigung des zeitlichen Umfangs der Betreuung, der Zahl der Kinder, des Sachaufwands, der Aufwendungen für die Alterssicherung sowie für Unfall-, Kranken-, und Pflegeversicherung leistungsgerecht zu fördern sind. Infolge der Umsetzung des konnexitätsrelevanten Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab einem Jahr wurde mit dem Belastungsausgleichsgesetz eine Kostenabschätzung für die Betreuung eines Kindes in der Kindertagespflege seitens des Landes getätigt. Das Land hat die Kosten für die Förderleistungen gemäß § 23 SGB VIII für ein Kind unter drei Jahren in der Kindertagespflege auf 4.972,22 Euro geschätzt. Abzüglich Elternbeiträge und dem im Kinderbildungsgesetz verankerten Landeszuschuss überweist das Land den Kommunen zur auskömmlichen Finanzierung die Differenz zuzüglich einer jährlichen Steigerung von 1,5 Prozent, für das Kindergartenjahr 2014/15 insgesamt 3.519,84 Euro pro in der Tagespflege betreutem Kind. Die örtlichen Jugendämter geben diese Gelder jedoch höchst unterschiedlich an die Tageseltern weiter: Die Spannbreite der kommunalen Fördermittel liegt in NordrheinWestfalen zwischen 1,90 Euro und 5,50 Euro pro Kind und Stunde. Mittels privater Zuzahlungen haben daher in einigen Kommunen die Tagespflegepersonen ihr Einkommen auf ein existenzsicherndes Niveau angehoben. Diese Praxis wurde durch die zweite rot- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6391 2 grüne KiBiz-Revision nun durch das verankerte Zuzahlungsverbot für Tagespflegepersonen untersagt. Wie die Kommunen, vor allem jene mit defizitären Haushalten, eine auskömmliche Finanzierung sicherstellen soll, regelt die 2. KiBiz-Revision jedoch nicht. Auch Richtlinien oder Orientierungshilfen des Landes zur einheitlichen Entlohnung der Tagesmütter und - väter liegen nicht vor. In diesem Zusammenhang ist eine am 19. November 2013 ergangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf von Interesse, welches die Klage einer Tagesmutter gegen die Stadt Wuppertal verhandelt hatte (Aktenzeichen 19 K 3745/13). Der Stadt Wuppertal wurde aufgegeben, die städtische Satzung zur Höhe der Förderung der Tagespflege zu überarbeiten. Bemerkenswert ist dabei vor allem, dass das Gericht die von der Stadt festgelegte Förderleistung (3,90 Euro pro Kind und Stunde) als zu niedrig einstuft, da mit dieser Höhe eine leistungsgerechte Vergütung gemäß § 23 SGB nicht möglich sei, und damit eine „Mindesthöhe“ der Förderung andeutet. Damit steht die Frage der auskömmlichen Finanzierung der Tagespflege und eines einheitlichen Fördersatzes im Raum. 1. Wie bewertet die Landesregierung das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, das implizit eine „Mindesthöhe“ der Entlohnung von Tagespflegepersonen andeutet, hinsichtlich der juristischen und finanziellen Folgewirkung für die Kommunen? Das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorfs ist eine von zahlreichen veröffentlichten Entscheidungen, die insbesondere in jüngerer Zeit im Bereich der Kindertagespflege ergangen sind und über die die Landesregierung die örtlichen Fachberatungsstellen der Jugendämter lediglich informiert. Es obliegt dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die Höhe der Geldleistung entsprechend den Vorgaben der bundesgesetzlichen Regelung des § 23 Achtes Sozialgesetzbuch (SGB VIII) unter Beachtung der hierzu ergangenen Rechtsprechung auszugestalten (vgl. auch Antwort der Landesregierung zur Kleinen Anfrage 1475 der Abgeordneten Ina Scharrenbach, CDU, Drucksache 16/3650). 2. Sind durch die Verabschiedung der 2. KiBiz-Revision nun alle Betreuungsverträge mit Tageseltern, die bisher mit den Eltern zuzüglich der Förderleistungen eine private Zuzahlung vereinbart haben, ungültig und müssen neu verhandelt werden? Für Betreuungsverträge, die vor Verabschiedung des „Gesetzes zur Änderung des Kinderbildungsgesetzes und zur Änderung weiterer Gesetze“ durch den Landtag für eine Betreuungszeit über den 31. Juli 2014 hinaus abgeschlossen wurden, besteht grundsätzlich Bestandsschutz. In die Gesetzesbegründung wurde dementsprechend aufgenommen, dass das Vertrauen in die Gültigkeit abgeschlossener Verträge geschützt wird. Das heißt, dass je nach Fallgestaltung vor Ort die Förderung nach § 23 Achtes Sozialgesetzbuch (SGB VIII) trotz zwischen den Eltern und den Tagespflegepersonen vereinbarter privater Zuzahlungen bis zum Ende des Vertrages noch möglich sein kann. 3. Gibt es eine Empfehlung seitens des Landes, wie mit den Kindern zu verfahren ist, deren Tageseltern aufgrund fehlender wirtschaftlicher Perspektive die Arbeit als Tagespflegeperson einstellen? Die Landesregierung teilt nicht die in der Fragestellung zum Ausdruck kommende Haltung, die örtlichen Jugendämter kämen ihren Verpflichtungen nicht eigenständig nach. Vielmehr ist LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6391 3 davon auszugehen, dass Kommunen, die bisher Zuzahlungen auch bei öffentlich finanzierter Kindertagespflege geduldet haben, die Höhe ihrer laufenden Geldleistung an die Tagespflegepersonen überprüfen und ihrer Verpflichtung zur Gewährung der laufenden Geldleistung einschließlich der Erstattung angemessener Kosten und der leistungsgerechten Ausgestaltung der Anerkennung der Förderleistung nach § 23 SGB VIII nachkommen. Im Übrigen siehe Antwort zur Frage 2. 4. Wie will das Land sicherstellen, das die Kommunen ihrer Verpflichtung zu leistungsgerechten Förderungsleistungen nach § 23 SGB VIII nachkommen? Die Landesregierung respektiert die kommunale Selbstverwaltung und geht entsprechend davon aus, dass die Kommunen ihre kommunalen Aufgaben nach Recht und Gesetz in eigener Verantwortung erfüllen (siehe Antwort zu Fragen 1 und 3). Sie unterstützt die Kommunen dabei finanziell. Neben den Zuschüssen an die Jugendämter für Kindertagespflege nach dem Kinderbildungsgesetz stellt das Land den Kommunen allein in diesem Jahr rund 215 Millionen Euro als Belastungsausgleich für den U3-Ausbau zur Verfügung. Darin sind die Kosten zur Finanzierung der Betreuung in Kindertagespflege im Zuge des U3-Ausbaus mitberücksichtigt. 5. Wird die Landesregierung eigene Anstrengungen unternehmen, um die Kommunen bei der Bemessung angemessener Förderleistuntgen nach § 23 SGB VIII, beispielsweise durch die Empfehlung einer einheitlichen Förderhöhe, zu unterstützen? Die Landesregierung hat, entsprechend dem Beschluss des Landtages vom 19. Februar 2014 zum Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Kindertagespflege weiter professionalisieren und qualitativ absichern“, Drucksache 16/5024, den Kommunalen Spitzenverbänden vorgeschlagen, in Kooperation mit weiteren Beteiligten wie dem Landesverband für Kindertagespflege gemeinsame Empfehlungen für den Bereich der Kindertagespflege herauszugeben. Diese sollten im Sinne einer Vereinheitlichung auch die Rahmenbedingungen zur Ausgestaltung der Vergütung thematisieren. Im Übrigen siehe Antwort auf Frage 4.