LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6406 29.07.2014 Datum des Originals: 28.07.2014/Ausgegeben: 01.08.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2427 vom 2. Juli 2014 des Abgeordneten Ernst-Ulrich Alda FDP Drucksache 16/6229 Wie viele Rentner in NRW stehen derzeit noch in einem Beschäftigungsverhältnis (Minijob / sozialversicherungspflichtige Beschäftigung)? Der Minister für Arbeit, Integration und Soziales hat die Kleine Anfrage 2427 mit Schreiben vom 28. Juli 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit zeichnet sich ab, dass es einen deutlichen Anstieg von Minijobbern gibt, die über 65 Jahre alt sind. Bundesweit sind dies – per Juni 2013 – über 829.000 Menschen. Im Vergleich zum Vorjahr (2012) ist die Zahl um gut 36.000 Menschen gestiegen. Dies entspricht einem Zuwachs von ca. 4,5 %. Nimmt man als Ausgangslage das Jahr 2003, ist festzustellen, dass die Ausgangszahl (559.000) um dramatische 48,3 % angestiegen ist. Dies bedeutet, dass innerhalb von zehn Jahren also 270.000 Personen mehr zusätzlich zu ihrer Rente weiterhin einer Beschäftigung nachgehen. Ein dramatischer Anstieg ist auch bei den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen zu betrachten. Aus der Altersgruppe der über 65 Jährigen arbeiten laut Bundesagentur für Arbeit über 183.000 Menschen (Stand 2013) zusätzlich (sozialversicherungspflichtig) zu ihrer Rente. Dies sind gegenüber dem Vorjahr 19.000 Menschen mehr, was einem Zuwachs von ca. 10,4 % entspricht. Die Minijobber und sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ergeben somit erstmals zusammengerechnet mehr als eine Millionen besetzte Arbeitsplätze bundesweit. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6406 2 Grundsätzlich ist es zu begrüßen, wenn Arbeitnehmer auch über das 65. Lebensjahr hinaus beruflich tätig sein wollen. Dabei ist zu bezweifeln, dass sie ausschließlich aus Gründen der Altersarmut einem Minijob oder einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen . Vorbemerkung der Landesregierung Die vorhandenen Statistiken erfassen nicht gesondert geringfügig Beschäftigte mit Rentenbezug . Aussagen sind nur möglich für Personen, die das 65. Lebensjahr vollendet haben. Statistisch nicht gesondert erfasst sind demnach geringfügig Beschäftigte, die eine Altersrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres, eine Rente wegen Erwerbsminderung oder als Hinterbliebene beziehen. Im Übrigen ist auf Grund einer 2003 eingetretenen Rechtsänderung ein Vergleich mit Datenmaterial vor 2004 nicht aussagekräftig. In der Zeit vom 1. März 2004 bis zum 1. März 2014 ist nach den Angaben der Minijobzentrale die Zahl der geringfügig Beschäftigten, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, um 17,7 % gestiegen, davon um 14 % im gewerblichen Bereich und um 525 % in Privathaushalten; Letzteres dürfte darauf zurückzuführen sein, dass es mit dem Haushaltsscheckverfahren gelungen ist, Schwarzarbeit in Privathaushalten weiter abzubauen. 1. Wie hoch ist die konkrete Zahl der Rentner in NRW, die einen Minijob ausüben? Zum Stand 31. März 2014 waren in NRW 183.233 Personen, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, in gewerblichen Minijobs bei der Minijobzentrale angemeldet. Weitere 8.482 übten eine geringfügige Beschäftigung in einem Privathaushalt aus. 2. Welche Gründe sind bekannt, dass Rentner einen Minijob annehmen? Bei einer Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung im Auftrag des MAIS NRW gaben im Jahr 2012 83,6 % der Bezieher von Renten oder Pensionen an, sie würden die geringfügige Beschäftigung als Hinzuverdienstmöglichkeit nutzen. Weitere Erkenntnisse über die Motive von Rentnern, einen Minijob anzunehmen, sind hier nicht bekannt . 3. Wie hoch ist die konkrete Zahl der Rentner in NRW, die weiterhin eine sozialver- sicherungspflichtige Beschäftigung ausüben? Zum Stichtag 30. September 2013 übten nach der Statistik der Bundesagentur für Arbeit 43.067 Personen, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus. 4. Welche Erkenntnisse gibt es dazu, dass Arbeitgeber Rentner (als günstige, fach- kompetente Arbeitskraft) bevorzugen? Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor die belegen, dass Arbeitgeber Rentner als Arbeitskräfte bevorzugen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6406 3 5. Wie steht die Landesregierung zur Einstellung vieler älterer Menschen, noch weiter am Erwerbsleben teilzuhaben, also noch gebraucht zu werden? Die Landesregierung begrüßt die Einstellung vieler älterer Menschen, weiter am Erwerbsleben teilzunehmen. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und dem daraus in einigen Branchen erwachsenden Fachkräftemangel kann dies auch ein Weg sein, das Erfahrungswissen Älterer weiter zu nutzen und an Jüngere weiter zu geben. Soweit die zunehmende berufliche Aktivität der Rentner jedoch in einem direkten Zusammenhang mit der Gefährdung durch Altersarmut steht, ist diese Entwicklung kritisch zu betrachten . Erwerbstätigkeit im Rentenalter sollte stets auf freiwilliger Basis ausgeübt werden und nicht im Kontext einer finanziellen Notlage erfolgen. Die Landesregierung wird sich daher auch weiterhin für Maßnahmen zur Vermeidung von Altersarmut einsetzen.