LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6413 29.07.2014 Datum des Originals: 28.07.2014/Ausgegeben: 01.08.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2430 vom 30. Juni 2014 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/6234 Verschuldung der Kommunen – Risiken der Schuldscheindarlehen? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2430 mit Schreiben vom 28. Juli 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Verschuldung der nordrhein-westfälischen Kommunen steigt weiterhin. Im Jahr 2013 erreicht die kommunale Verschuldung einschließlich der Bürgschaften im Land NordrheinWestfalen einen Wert von 59,8 Milliarden Euro. Viele der Städte und Gemeinden suchen nach einer alternativen Lösung um die eigenen Liquidität aufrecht zu erhalten. Um dies zu ermöglichen versuchen viele Kommunen eine breitere Investorenbasis zu gewinnen und greifen alternativ zu Schuldscheinen als weiterer Möglichkeit der Fremdfinanzierung . Der Trend der Kommunen, sich nicht an Banken sondern an den Kapitalmarkt zu wenden um die laufenden Ausgaben zu finanzieren, setzt sich fort. So können beispielsweise große Anleger wie Versicherungen für den Kauf von Anleihen gewonnen werden. Im Jahr 2013 betrugen die Verbindlichkeiten der nordrhein-westfälischen Kommunen zur Liquiditätssicherung aus Krediten insgesamt 23.734.857.747 Euro. Kenntnisse zu Einzahlungen aus Anleihen sind bisher nur aus dem Jahr 2010 bekannt und betrugen damals 5.051.498 Euro. Im Februar diesen Jahres haben die drei Ruhrgebiets-Kommunen Dortmund, Essen und Herne sowie Remscheid, Solingen und Wuppertal mit einer Gemeinschaftsanleihe, der sogenannten „Ruhr-Anleihe“, 400 Millionen Euro eingesammelt. Die Stadt Hannover hat bereits am 30. November 2009 eine zehnjährige Anleihe über 180 Millionen Euro emittiert, Essen verfügt über eine fünfjährige Anleihe in Höhe von 200 Millionen Euro. Auch die Städte Nürnberg und Würzburg haben am 8. Mai 2013 erfolgreich eine Anleihe über 100 Millionen Euro mit einer Laufzeit von 10 Jahren platziert. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6413 2 Falls sich dieser Trend fortsetzt und die Kommunen weiterhin Schuldscheindarlehen und Anleihen ausgeben, ist zu befürchten, dass Banken fortan die Kommunen einem, in der Finanzwelt üblichen, „Rating“ unterziehen. So soll die Bonität der Schuldner geprüft und mögliche Ausfallwahrscheinlichkeiten mitbedacht werden. Kommunen mit einem schlechten Rating müssten so in Zukunft höhere Zinsen in Kauf nehmen, um sich weiterhin Geld von den Banken beschaffen zu können. 1. Wie bewertet die Landesregierung das Verhalten der Kommunen, durch Anleihen und Schuldscheine Liquiditätssicherung zu betreiben? Die Gemeinden und Gemeindeverbände unterliegen bei der Beschaffung ihrer Finanzmittel keiner aufsichtsrechtlichen Anzeige- bzw. Genehmigungspflicht. Schuldscheindarlehen oder Anleihen sind im Rahmen der kommunalen Finanzmittelbeschaffung grundsätzlich zulässig, sofern ihre konkrete Ausgestaltung nicht gegen kommunal- bzw. bankenrechtliche Vorschriften verstößt. Unter der Voraussetzung, dass alle rechtlichen Vorgaben eingehalten werden, können Schuldscheindarlehen oder Anleihen für Investitionen und zur Liquiditätssicherung als taugliche Finanzierungsinstrumente angesehen werden. 2. Welche Entwicklung nimmt die Landesregierung bezüglich der kommunalen Entscheidungen zu Finanzierungsalternativen wahr? Aus Sicht der Landesregierung erfolgt eine Finanzierung über alternative Instrumente wie Anleihen und Schuldscheindarlehen derzeit nur in Einzelfällen. Ein grundsätzlicher Trend zur Nutzung dieser Finanzierungsinstrumente ist nicht erkennbar. Die weitere Entwicklung bleibt hier abzuwarten. 3. Wie hoch ist die Verschuldung der Kommunen Nordrhein-Westfalens durch An- leihen und Schuldscheindarlehen? Nach Angaben von IT.NRW beträgt die Verschuldung der nordrhein-westfälischen Kommunen durch Anleihen und Schuldscheindarlehen zum 31. März 2014 insgesamt maximal rund 600 Mio. Euro. Zum 31.12.2013 hat der Wert der Verbindlichkeiten aus Anleihen und Schuldscheindarlehen noch 200 Mio. Euro betragen. Eine Differenzierung nach Anleihen und Schuldscheindarlehen findet statistisch nicht statt (siehe hierzu ergänzend die Antwort auf Frage 4). Anleihen der nordrhein-westfälischen Kommunen in vollen Euro Merkmal Wert zum 31.12.2013 Wert zum 31.03.2014 Anleihen (über 5 Jahre) Sonstige Kapitalmarktpapiere (bis 5 Jahre) 0 200.000.000 399.934.480 200.000.000 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6413 3 4. Wie werden konkret die kommunalen Anleihen und Schuldscheine statistisch erfasst? In der Statistik über die Schulden, Sicherheiten für Schulden und Finanzaktiva (§ 5 FPStatG) wird jährlich der Stand der Schulden bei den Kommunen erfasst, darunter auch der Schuldenstand für Wertpapiere. In der maßgeblichen statistischen Systematik werden Anleihen abhängig von ihrer Ursprungslaufzeit (unter/über 5 Jahre) unter zwei Merkmalen erfasst. Anleihen mit der geringeren Laufzeit werden statistisch mit anderen Wertpapieren zusammengefasst , so dass eine exakte Zuordnung und Ergebnisausweisung für kurzfristige Anleihen nicht möglich ist und demzufolge auch kein genaues Ergebnis für die Kommunen in NRW erstellt werden kann. Im Rahmen der Finanzstatistik werden Schuldscheindarlehen im Konto „Sonstige Kapitalmarktpapiere “ gebucht; dabei werden diese getrennt nach der Abhängigkeit von ihrer jeweiligen Ursprungslaufzeit erfasst. Bedingt durch die Buchung auf das Konto „Sonstige Kapitalmarktpapiere “ ist wie bei den Anleihen kein genaues Ergebnis zu den Schuldscheindarlehen für die Kommunen in NRW zu ermitteln. 5. Wie beurteilt die Landesregierung ein mögliches „Rating“ der nordrhein- westfälischen Kommunen? Unter welchen Voraussetzungen Investoren ihre Finanzmittel zur Verfügung stellen, kann nicht verallgemeinert werden, sondern entspringt individuellen Gewinn-Risiko-Erwägungen. Sofern sich Banken oder Anleger eines Kommunalratings bedienen, ist dies nach Auffassung der Landesregierung jedenfalls nicht durch Ausfallrisiken begründbar.