LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6415 29.07.2014 Datum des Originals: 28.07.2014/Ausgegeben: 01.08.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2421 vom 20. Juni 2014 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/6212 Schleichender Substanzverzehr der kommunalen Infrastruktur in NRW Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2421 mit Schreiben vom 28. Juli 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister, dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und dem Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Eine aktuelle Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung beschreibt die fehlenden Investitionen der Kommunen in die Infrastruktur. So hätten vor allem Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen oder dem Saarland im vergangenen Jahr pro Einwohner im Durchschnitt nicht einmal halb so viel in ihre Infrastruktur investieren können wie in Hamburg, Bayern oder Baden-Württemberg. Die Wissenschaftler sehen Bund und Länder in der Pflicht. Sie sollen mit Zuschüssen für die Sanierung von Straßen und Schulen einspringen. Seit elf Jahren würden die Investitionen des Staats in Infrastruktur und öffentliche Gebäude nicht mehr ausreichen, um den Wertverfall zu kompensieren, erklärt die finanzpolitische Expertin des IMK dazu. Dies bedeute nichts anderes als einen schleichenden Substanzverzehr. Seit 2003 hätten die Abschreibungen die Bruttoinvestitionen um 42 Milliarden Euro übertroffen , der kommunale Anteil an den gesamten staatlichen Investitionen sei zwischen 1991 und 2012 von knapp 64 auf gut 50 Prozent zurückgegangen. Die kommunalen Ausgaben stiegen von 1991 bis 2013 um 74 Prozent, die Sozialausgaben aber um 161 Prozent. Spiegelbildlich dazu sei der Anteil der kommunalen Investitionen ge- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6415 2 sunken. Die Ökonomin des IMK betonte aber, dass der Bund durch die Grundsicherungsübernahme die kommunalen Haushalte flächendeckend entlastet werden. Damit finanzschwache Kommunen wieder mehr investieren können, sollten Bund und Länder ihr Engagement noch verstärken, empfiehlt die IMK-Forscherin. Auf keinen Fall dürften die Länder die finanziellen Restriktionen der Schuldenbremse an Städte und Gemeinden weitergeben, warnt die Ökonomin. 1. Wie bewertet die Landesregierung die Gefahr eines Substanzverzehrs der kom- munalen Infrastruktur? Die Frage nach der Gefahr eines Substanzverzehrs der kommunalen Infrastruktur knüpft unmittelbar an die öffentliche Diskussion im Zusammenhang mit den Themen „Investitionsbedarf “ bzw. „Investitionsstau“ an, die zuletzt Gegenstand der Berichte der Landesregierung vom 1. März 2013 und 14. März 2013 sowie der Kleinen Anfrage 1288 vom 27. Juni 2013 war. Die Frage nach der Höhe, Struktur und Entwicklung des kommunalen Investitionsbedarfs ist in der Vergangenheit des Öfteren Gegenstand von Untersuchungen gewesen. Teils wurden aus den Ergebnissen konkrete Zahlenwerte zum Umfang des kommunalen "Investitionsstaus " abgeleitet. Da nicht getätigte oder geplante Investitionen in der Finanzstatistik nicht erfasst werden, liegen der Landesregierung jedoch keine eigenen finanzstatistischen Erkenntnisse zu diesem Sachverhalt vor. Im Übrigen müssten hierbei auch noch besondere Finanzierungsformen berücksichtigt werden, die in der Finanzstatistik nicht als Investitionen erfasst werden (z.B. ÖPP, Leasing). Die Entscheidung einer Kommune, eine Investition zu tätigen oder zu unterlassen, steht in einem engen Zusammenhang mit der - vielerorts noch immer - schwierigen kommunalen Finanzsituation. Kommunen, die sich in einer schwierigen Haushaltslage befinden, werden auf drohende Fehlbeträge eher mit Auszahlungskürzungen in solchen Bereichen reagieren, in denen eine Kürzung möglich ist - häufig also auch im Investitionsbereich -, als Kommunen in einer gesicherten Haushaltssituation. Nachhaltig wirkende Maßnahmen zum Abbau des Investitionsstaus müssen daher an den Ursachen der kommunalen Finanzkrise selbst ansetzen. Zu diesem Zweck hat die Landesregierung insbesondere im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs und des Stärkungspakts Stadtfinanzen verschiedene Maßnahmen ergriffen, die die Kommunen in die Lage versetzen , zu einer sachgerechten Investitionstätigkeit zu gelangen. Zudem setzt sich die Landesregierung auch weiterhin für eine stärkere Bundesbeteiligung an den Kosten der kommunalen Sozialleistungen ein. 2. Laut Gutachten stiegen die kommunalen Ausgaben von 1991 bis 2013 um 74 Prozent, die Sozialausgaben aber um 161 Prozent. Spiegelbildlich dazu sei der Anteil der kommunalen Investitionen gesunken. Wie verhält sich das Ausgabenniveau der Kommunen in NRW in dem genannten Zeitraum? Nach Angaben von IT.NRW sind die bereinigten Gesamtausgaben der nordrheinwestfälischen Kommunen von 1991 bis 2013 um 62 Prozent gestiegen. Bei den bereinigten Gesamteinnahmen ist im selben Zeitraum eine Zunahme um 67 Prozent zu verzeichnen ge- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6415 3 wesen. Die kommunalen Sozialausgaben1 haben zwischen 1991 und 2013 um 90 Prozent zugelegt. Die kommunalen Investitionen2 sind in diesem Zeitraum um 45 Prozent zurückgegangen . 3. Wie bewertet die Landesregierung die Empfehlung der Forscherin des IMK, dass auch die Länder ihr Engagement verstärken sollten? Es liegt in der Verantwortung jedes einzelnen Landes, die notwendigen Maßnahmen zu treffen , um die Möglichkeiten ihrer Kommunen zu verbessern, zu einer sachgerechten Investitionstätigkeit zu gelangen. Für das Land Nordrhein-Westfalen kommt das Gutachten des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung in Bezug auf den Stärkungspakt Stadtfinanzen zu einer positiven Bewertung. 4. Welche Maßnahmen plant die Landesregierung um den Verzehr der Substanz der Infrastruktur in den Kommunen zu beenden? Siehe Antwort zu Frage 1. 5. Was gedenkt die Landesregierung zu tun, um die kommunalen Investitionen an- zukurbeln? Siehe Antwort zu Frage 1. 1 Ausgaben für Leistungen der Sozial- und Jugendhilfe einschließlich der Ausgaben für aufgabenbe- zogene Leistungsbeteiligungen abzüglich der Einnahmen für aufgabenbezogene Leistungsbeteiligungen . Weitere kommunale Einnahmen im Sozialbereich (z.B. die Erstattung der Ausgaben für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung durch den Bund) sind in dieser Position noch nicht enthalten sind. 2 Ausgaben für Baumaßnahmen, Zuweisungen und Zuschüsse für Investitionen sowie Vermögenser- werb