LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6468 05.08.2014 Datum des Originals: 01.08.2014/Ausgegeben: 08.08.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2426 vom 18. Juni 2014 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/6228 Auswirkungen der Verschuldung nordrhein-westfälischer Stadtwerke? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2426 mit Schreiben vom 1. August 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Klimaschutz , Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz und dem Minister für Wirtschaft , Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die finanzielle Lage der deutschen Stadtwerke ist laut einer aktuellen Studie, über die die Wirtschaftswoche Anfang Juni 2014 berichtete, bedenklich. Zwar sprechen der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zusammen mit dem Wirtschaftsprüfungsunternehmen Ernst & Young von einer „positiven Lage“ der deutschen Stadtwerke, jedes zweite Stadtwerk schätze so die eigene Situation im laufenden Jahr als „gut oder sehr gut“ ein. Deutlich negativer sehen jedoch die Erwartungen für diejenigen Stadtwerke aus, welche in der konventionellen Stromerzeugung mit Gas- oder Kohlekraftwerken tätig sind. Durch die niedrigen Börsenstrompreise kommt es zu drastischen Verlusten in ihren Unternehmen. Dies belegt eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung PWC, welche die Bilanzen von 150 kommunalen Energie- und Versorgungsunternehmen zwischen 2009 und 2012 untersuchte . Auf Grund der Energiewende müsse mehr als die Hälfte der Stadtwerke ihr Geschäftsmodell überarbeiten, so ein Ergebnis der Studie. Die Verschuldung der Stadtwerke steige, wie man dem Anstieg der Verbindlichkeitsquote von 31,4 Prozent im Jahr 2009 auf 34 Prozent im Jahr 2014 entnehmen könne. Schon jedes vierte Unternehmen weise eine kritische Höhe der Verschuldung auf. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6468 2 Mit einer Abwertung der kommunalen Versorger durch Rating-Agenturen müsse also gerechnet werden, wodurch sich die Finanzierung der Stadtwerke weiter erschweren wird. Zudem lasse auch der Zinsdeckungsgrad vieler Stadtwerke nach, rund 35 der 150 untersuchten Unternehmen weise einen Zinsdeckungsgrad unterhalb des kritischen Wertes von fünf vor. So müssten viele deutsche Stadtwerke darüber nachdenken, Kürzungen in den Ausschüttungen von Gewinnen zu tätigen, welche jedoch oft zur Abdeckung von defizitären Einrichtungen der Städte vorgesehen sind. Ein Einsparen an dieser Stelle würde eine deutliche Einschränkung auf Seiten der Kommunen und somit auch der Bürger mit sich bringen. Aufsehen hatte etwa Ende Mai die Ankündigung des südwestfälischen Regionalversorgers Enervie erregt, seine Kraftwerke langfristig ganz abzuschalten. Enervie hatte allein 2013 mit der konventionellen Erzeugung in seinen Gas- und Kohlekraftwerken sowie einem Pumpspeicherkraftwerk rund 50 Millionen Euro Verlust hinnehmen müssen. Der Versorger, der mehrheitlich den Städten Hagen und Lüdenscheid gehört, musste die Dividende für 2013 streichen - und auch für 2014 seien die Eigentümer vor einem möglichen Dividendenausfall gewarnt worden. 1. Wie schätzt die Landesregierung die derzeitige finanzielle Lage der nordrhein- westfälischen Stadtwerke ein? Soweit kommunale Energieversorger Stromerzeugung auf fossiler Basis betreiben, ist die Rentabilität der dafür eingesetzten Anlagen durch sinkende Strombörsenpreise und abnehmende Betriebslaufzeiten zunehmend nicht mehr gegeben. Angesichts einer Vielzahl von Stadtwerken mit unterschiedlich ausgeprägtem Engagement in der Energieerzeugung stellt sich die finanzielle Lage dementsprechend uneinheitlich dar. Konkrete Angaben zu einzelnen Stadtwerken liegen der Landesregierung nicht vor. 2. Kam es in den Jahren von 2009 bis 2013 zum Ausbleiben von Ausschüttungen der Gewinne von nordrhein-westfälischen Stadtwerken an die Kommunen? 3. Wie entwickeln sich die Gewinnausschüttungen von nordrhein-westfälischen Stadtwerken an die Kommunen in den Jahren seit 2009? 4. Welche Auswirkungen hat die Reduzierung der Gewinnausschüttung von Stadt- werken in den kommunalen Haushalten? Aus Gründen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 2, 3 und 4 gemeinsam beantwortet . Der Landesregierung liegen keine umfassenden auf ganz Nordrhein-Westfalen bezogenen Auflistungen über kommunale Beteiligungen, deren Vermögen und Angaben über an die kommunalen Kernhaushalte erfolgte Gewinnabführungen vor. Im Hinblick auf die Situation in den einzelnen Kommunen ist auf die rechtlich vorgeschriebenen Beteiligungsberichte der Kommunen zu verweisen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6468 3 5. Sieht die Landesregierung Handlungsbedarf bezüglich der Verschuldung der betroffenen Stadtwerke? Um die Rentabilität der zur Flankierung des weiteren Ausbaus der Erneuerbaren Energien in Deutschland noch benötigten hocheffizienten, flexiblen konventionellen Kraftwerke zu erhalten , muss eine Überarbeitung des aktuellen Strommarktdesigns erfolgen. Dazu beabsichtigt die Bundesregierung lt. Koalitionsvertrag u. a. „mittelfristig ein[en] Kapazitätsmechanismus zu entwickeln, unter dem Gesichtspunkt der Kosteneffizienz[,] im Einklang mit europäischen Regelungen und unter Gewährleistung wettbewerblicher und technologieoffener Lösung“. Die Landesregierung wird sich in den von der Bundesregierung angestoßenen Prozess zur Weiterentwicklung des Strommarktdesigns einbringen.