LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6478 05.08.2014 Datum des Originals: 04.08.2014/Ausgegeben: 08.08.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2446 vom 4. Juli 2014 des Abgeordneten Jens Kamieth CDU Drucksache 16/6260 Frauenanteil im Bereich der Bewährungshilfe Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 2446 mit Schreiben vom 4. August 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nach Einschätzung des Allgemeinen Sozialen Dienstes der Justiz NRW hat sich der Frauenanteil im Fachbereich Bewährungshilfe in den letzten Jahrzehnten stetig erhöht. Im Sinne der Verwirklichung der Gleichberechtigung und Chancengleichheit ist diese Entwicklung grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings stoßen weibliche Bewährungshelfer in der Praxis zuweilen auf Akzeptanzprobleme, so z.B. wenn es sich bei den Verurteilten um männliche Gewaltstraftäter , Sexualstraftäter oder Personen aus Kulturkreisen handelt, denen die Gleichberechtigung der Geschlechter fremd ist. 1. Wie hat sich das Verhältnis von Männern und Frauen, die als Bewährungshelfer /-innen tätig sind, von 1990 bis heute entwickelt? (Bitte in absoluten und relativen Zahlen jahrweise angeben) In den vergangenen Jahren hat sich der Anteil der Frauen an den Fachkräften des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen stetig erhöht. Die Entwicklung in den Jahren seit 1999 lässt sich aus den folgenden Zahlen ablesen, die den Personalübersichten der Justiz (PÜ) entnommen wurden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6478 2 Jahr (31.12.) Insgesamt Frauen Männer Frauenanteil 2013 765 456 309 59,61 % 2012 769 446 323 58,00 % 2011 755 431 324 57,09 % 2010 735 407 328 55,37 % 2009 733 385 348 52,52 % 2008 739 376 363 50,88 % 2007 752 385 367 51,20 % 2006 763 372 391 48,75 % 2005 771 371 400 48,12 % 2004 781 380 401 48,66 % 2003 777 358 419 46,07 % 2002 770 343 427 44,55 % 2001 747 312 435 41,77 % 2000 737 294 443 39,89 % 1999 707 274 433 38,76 % Die vorstehende Aufstellung umfasst Fachkräfte der Fachbereiche Bewährungshilfe, Führungsaufsicht und Gerichtshilfe. Zahlenmaterial zu Personalbestand und Geschlechterverhältnis ausschließlich des Fachbereichs Bewährungshilfe sowie weitergehende landesweite Daten für die einzelnen Jahre ab 1990 liegen im Justizministerium nicht vor. Solche Daten wären - sofern dies überhaupt noch möglich ist - nur mit einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand und nicht innerhalb des für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeitraums zu ermitteln. 2. Welche Gründe sind nach Ansicht der Landesregierung für diese Entwicklung maßgeblich? Die Präsidentin und die Präsidenten der Oberlandesgerichte haben berichtet, dass der zunehmende Anteil von Frauen an den Fachkräften des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen den Umstand widerspiegelt, dass sich bereits weit mehr Frauen als Männer für das Studium der Sozialen Arbeit entschließen. So lag ausweislich der von IT.NRW veröffentlichten Daten aus der Studierendenstatistik im Wintersemester 2013/2014 der prozentuale Anteil der weiblichen Studierenden im Bereich Sozialwesen bei 76,47 %. Dies setzt sich in einem hohen Frauenanteil unter den Bewerberinnen und Bewerbern im Einstellungsverfahren für Fachkräfte des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz fort. Grundsätzlich erscheint auch aus der Sicht der für die Einstellung zuständigen Oberlandesgerichte ein möglichst ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern auch im Fachbereich Bewährungshilfe des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz wünschenswert. Die Auswahlentscheidung erfolgt unabhängig vom Geschlecht der Bewerberinnen und Bewerber LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6478 3 gem. Artikel 3 Absatz 2, Artikel 33 Absatz 2 Grundgesetz ausschließlich nach dem Prinzip der Bestenauslese. Weitere Gründe für die in den vergangenen Jahren erfolgte schrittweise Veränderung des Verhältnisses von Männern und Frauen im ambulanten Sozialen Dienst der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen sind auf Grundlage der erstatteten Berichte nicht zu erkennen. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Berufsbild für Männer weniger attraktiv als für Frauen sein könnte. Vielmehr wird die Arbeit im ambulanten Sozialen Dienst der Justiz sowohl von den Bewerberinnen als auch von den Bewerbern regelmäßig als besonders abwechslungsreich und vielfältig wahrgenommen. Frauen wie Männern bieten zudem die in § 31 Justizgesetz Nordrhein-Westfalen vorgesehene Verbeamtung von Fachkräften des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz und die gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie im öffentlichen Dienst einen zusätzlichen Anreiz. 3. Wie beurteilt die Landesregierung das aktuelle Verhältnis von Männern und Frauen, insbesondere im Hinblick auf die oben beschriebenen Akzeptanzprobleme weiblicher Bewährungshelfer? Aus der Praxis ist berichtet worden, dass es nur wenige Einzelfälle gebe, in denen weibliche Fachkräfte als Ansprechpartnerinnen abgelehnt würden. Diese Fälle seien, da das Verhältnis der Geschlechter unter den Fachkräften des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz nach wie vor nicht zu weit auseinanderlaufe, ohne weiteres zu regeln. Im Übrigen wird darauf hingewiesen , dass Männer ebenfalls vor geschlechtsspezifische Herausforderungen gestellt sein können: Während die weiblichen Fachkräfte in Einzelfällen eher mit Ausgrenzung oder fehlendem Respekt zu kämpfen haben, müssen sich die männlichen Kollegen nicht selten mit einem Rivalitäts- und Konkurrenzdenken der Probanden auseinandersetzen. Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Aufgaben der justiziellen Sozialarbeit sowohl von Frauen als auch von Männern wahrgenommen werden können und daher auch keine bestimmten Anteile von weiblichen oder männlichen Fachkräften voraussetzen. Die justizielle Sozialarbeit muss sich den Aufgaben stellen, die durch Kriminalitätsentwicklungen und die Probandinnen und Probanden sowie die zugrunde liegenden sozialen Rahmenbedingungen an sie gestellt werden. 4. Hält die Landesregierung es für geboten, den Anteil männlicher Bewährungshel- fer zu erhöhen? Nein. 5. Welche Maßnahmen wären hierzu nach Ansicht der Landesregierung allgemein geeignet? Auf die Antwort zu Frage 4 wird Bezug genommen. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass in den Einstellungsverfahren gemäß Artikel 3 Absatz 2, Artikel 33 Absatz 2 Grundgesetz eine vom Geschlecht unabhängige Bestenauslese stattzufinden hat (zu vgl. die Antwort zu Frage 2). Dadurch sind etwaigen „Maßnahmen zur Erhöhung des Anteils männlicher Bewährungshelfer“ von vornherein enge verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt.