LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6480 05.08.2014 Datum des Originals: 04.08.2014/Ausgegeben: 08.08.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2447 vom 4. Juli 2014 des Abgeordneten Jens Kamieth CDU Drucksache 16/6261 Uneinheitliche Einstellungspraxis und Arbeitsvertragsgestaltung im Bereich der Bewährungshilfe ? Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 2447 mit Schreiben vom 4. August 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Einstellungen im Fachbereich Bewährungshilfe des Allgemeinen Sozialen Dienstes der Justiz folgen in Nordrhein-Westfalen offenbar keiner einheitlichen Praxis. So sollen Bewährungshelfer , die im Bezirk des OLG Hamm eingestellt werden, regelmäßig Arbeitsverträge erhalten, die auf die Dauer eines Jahres befristet sind. Nach Ablauf der Befristung erhalten die Bewerber dann erneut Einjahresverträge (Kettenbefristung). Im Bezirk des OLG Düsseldorf sollen Bewährungshelfer nach Ablauf ihres ersten Einjahresvertrages demgegenüber unbefristete Arbeitsverträge erhalten. Ferner wird berichtet, dass Bewährungshelfer im Rahmen des Einstellungsverfahrens in einigen Oberlandesgerichtsbezirken Assessment Center durchlaufen müssen, in anderen Oberlandesgerichtsbezirken hingegen nicht. Vorbemerkung der Landesregierung Die Beantwortung erfolgt auf der Grundlage von Berichten der Präsidentin und der Präsidenten der Oberlandesgerichte, die für die Einstellung der Fachkräfte des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz (aSD) zuständig sind. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6480 2 1. Wie stellt sich die Einstellungspraxis/Arbeitsvertragsgestaltung von Bewährungshelfern in den Oberlandesgerichtsbezirken in Nordrhein-Westfalen jeweils dar? 2. Mit welcher Begründung erhalten Bewährungshelfer im Bereich des OLG Hamm Kettenbefristungen, während Bewährungshelfer im Bereich des OLG Düsseldorf nach Ablauf eines Jahres unbefristete Arbeitsverträge erhalten? Fachkräfte des aSD werden entsprechend § 31 JustG NRW bei Vorliegen der laufbahnrechtlichen Voraussetzungen grundsätzlich als Beamtinnen und Beamte eingestellt. Dies setzt voraus, dass dauerhaft freie und besetzbare Planstellen vorhanden sind, die aber nur in dem durch den Haushalt vorgegebenen Umfang zur Verfügung stehen. Sie werden innerhalb der Bezirke der Oberlandesgerichte dem jeweiligen Arbeitsanfall entsprechend auf die Landgerichtsbezirke verteilt. Wird eine beamtete Fachkraft beurlaubt (z.B. Elternzeit) oder reduziert sie ihre Arbeitszeit, ist ihre Planstelle vorübergehend ganz oder anteilig frei, muss aber nach Beendigung der Beurlaubung/Teilzeit wieder für sie zur Verfügung stehen. Solche vorübergehend freien Stellen(-anteile) werden - ggf. auch zusammengefasst - genutzt, um Bewerberinnen und Bewerber zunächst befristet im Tarifbeschäftigtenverhältnis mit dem Ziel einer möglichst unbefristeten Übernahme einzustellen. Mangels - dauerhaft - freier Planstellen könnten diese ansonsten nicht beschäftigt werden, was erhebliche Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des aSD hätte. Vor diesem Hintergrund wurden in den Bezirken der Oberlandesgerichte Hamm, Düsseldorf und Köln nicht zuletzt als Folge der unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten differenzierte Ansätze erarbeitet, die jeweils neben dem zentralen Ziel eines reibungslos funktionierenden aSD auch die Interessen der Bewerberinnen und Bewerber an einer dauerhaften Beschäftigung im Blick haben. Im Einzelnen wurde mir Folgendes berichtet: Beim Oberlandesgericht Hamm gibt es ein zweistufiges Verfahren, in dem sowohl die unbefristeten Stellen als auch die befristeten Stellen gesondert ausgeschrieben und jeweils nach Durchführung eines Einstellungsverfahrens besetzt werden. Die Einstellung erfolgt jeweils für einen konkreten Landgerichtsbezirk. Schon angesichts der flächenmäßigen Ausdehnung des Bezirks des Oberlandesgerichts ist der konkrete örtliche Bezug für die einzelnen Bewerberinnen und Bewerber von entscheidender Bedeutung; eine Einstellung von Fachkräften des aSD im Sinne eines den Oberlandesgerichtsbezirk abdeckenden Stellenpools erfolgt bereits deshalb nicht. Das Einstellungsverfahren wird gleichwohl - schon aus Gründen der Gleichbehandlung - zentral durchgeführt. Mit dem Ziel der möglichst vollständigen Auslastung der dem aSD zur Verfügung stehenden Stellen erfolgt bei vorübergehend freien Stellen(- anteilen) eine befristete Beschäftigung mit Bezug auf jeweils konkret angegebene Vertretungsfälle (§ 14 Abs. 1 Nr. 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)). Dabei wird angestrebt, alle geeigneten Kräfte weiter zu beschäftigen und, sobald die Möglichkeit besteht, auf einer unbefristeten Stelle in das Beamtenverhältnis zu übernehmen. Die Übernahme in ein Beamtenverhältnis ist in der Vergangenheit durchweg gelungen, teilweise bereits nach einem Jahr, in der Regel nach zwei bis drei Jahren. Beim Oberlandesgericht Düsseldorf hat das ursprünglich ebenfalls zweistufige Verfahren wegen einer günstigen Entwicklung insbesondere im Zusammenspiel der Verfügbarkeit freier Stellen und der individuellen Planungen von Teilzeitkräften und beurlaubten Bediensteten auf ein einstufiges Verfahren umgestellt werden können. Dort werden vorübergehend freie Stellen(-anteile) zur temporären Nutzung gebündelt und da eingesetzt, wo aktueller Bedarf besteht und demnächst eine dauerhafte Weiterbeschäftigung möglich erscheint, die auch regelmäßig erfolgt. Dabei nimmt man in Kauf, dass nicht jede vorübergehend freie Stelle oder jeder vorübergehend freie Stellenanteil sofort nachbesetzt wird. In der Umsetzung hat man sich von einer landgerichtsbezogenen Sichtweise auf die Stellen teilweise gelöst und LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6480 3 betrachtet sie zu diesem Zweck als einen Stellenpool. Da bei der landgerichtsübergreifenden Zusammenfassung von Stellenanteilen eine Befristung mit dem Sachgrund der Vertretung kaum darstellbar ist, erfolgt eine Befristung gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG. Beim Oberlandesgericht Köln besteht ein einstufiges Verfahren. Befristungen erfolgen mit dem Sachgrund der Vertretung und werden ggf. verlängert. Befristet beschäftigte Fachkräfte können in der Regel nach zwei Jahren in das Beamtenverhältnis übernommen werden. 3. Mit welcher Begründung müssen Bewährungshelfer im Rahmen des Einstel- lungsverfahrens in einigen Oberlandesgerichtsbezirken Assessment Center durchlaufen, in anderen aber nicht? Nach Eingang der Bewerbungen wird geprüft, ob die Bewerberinnen und Bewerber die Voraussetzungen für die Einstellung als Fachkraft im aSD erfüllen, die sich aus der Verordnung über die Laufbahnen der Beamtinnen und Beamten im Land Nordrhein-Westfalen vom 28.01.2014 sowie aus der AV des Justizministeriums über die Organisation des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz in Nordrhein-Westfalen vom 25.02.2008 (4260 - III.1) ergeben. Neben den laufbahnrechtlichen Vorgaben wird insbesondere Wert auf Erfahrungen in der Menschenführung gelegt. Die nach der Vorauswahl grundsätzlich vorrangig geeignet erscheinenden Bewerberinnen und Bewerber werden zu einem strukturierten Einstellungsgespräch eingeladen. In diesem Gespräch werden Fragen zur Person, zum Werdegang, zur Bewerbungsmotivation, zu Fachthemen und zu den Beziehungen einer Fachkraft zum Probanden, dem Gericht, der Dienstaufsicht und den Kollegen gestellt. Dabei werden auch Fallbeispiele erörtert und situative Fragen gestellt. Wesentliche Unterschiede der bei den drei Oberlandesgerichten praktizierten Einstellungsverfahren vermag ich nicht festzustellen. Nach den mir vorliegenden Berichten durchlaufen die Bewerberinnen und Bewerber jeweils ein intensives Auswahlverfahren. 4. Inwieweit hält die Landesregierung eine Vereinheitlichung der Einstellungspra- xis/Arbeitsvertragsgestaltung für Bewährungshelfer in Nordrhein-Westfalen für sinnvoll? Die Einstellungspraxis/Arbeitsvertragsgestaltung in den einzelnen Oberlandesgerichtsbezirken setzt jeweils langjährige Erfahrungen mit den besonderen Gegebenheiten der Bezirke um und ist das Ergebnis über Jahre gewachsener Abstimmungen insbesondere mit den Landgerichten und den Personalvertretungen. Dadurch wird nicht nur ein funktionsfähiger aSD gewährleistet, sondern werden auch die Interessen der Bewerberinnen und Bewerber sowie der Bediensteten ausgewogen in den Blick genommen. Die jeweiligen Verfahrensweisen haben sich in jeder Hinsicht in der Praxis bewährt. Vor diesem Hintergrund sehe ich insoweit keine Notwendigkeit für eine weitere Vereinheitlichung.