LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6529 13.08.2014 Datum des Originals: 12.08.2014/Ausgegeben: 18.08.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2501 vom 14. Juli 2014 des Abgeordneten Hanns-Jörg Rohwedder PIRATEN Drucksache 16/6335 Landesweite Umsetzung des erweiterten Katastrophenschutzkonzeptes rund um Atomkraftwerke Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2501 mit Schreiben vom 12. August 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Klimaschutz , Umwelt, Landwirtschaft, natur- und Verbraucherschutz und dem Minister für Wirtschaft , Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 27. Mai 2014 hatte die Landesregierung in Landtags-Drucksache 16/5953 mitgeteilt, dass sie die von der Strahlenschutzkommission (SSK) empfohlene Ausweitung der „Sicherheitszonen “ rund um Atomkraftwerke unterstütze und auf der Innenministerkonferenz in Bonn vom 11.-13. Juni die bundesweite Übernahme empfehlen werde. Die SSK hatte u. a. vorgeschlagen, die sog. „Mittelzone“ rund um Atomkraftwerke auf einen Radius von 20 km auszuweiten. In dieser „Mittelzone“ soll bei einem schweren Atomunfall eine Evakuierung der Bevölkerung „zur Abwehr akuter Gefahren für Leben und Gesundheit“ ggf. innerhalb von 24 Stunden erfolgen. Die daran anschließende „Außenzone“ rund um Atomkraftwerke solle auf einen Radius von 100 km ausgeweitet werden. In dieser „Außenzone“ sollen für die Bevölkerung ausreichend Jodtabletten bereitgehalten werden. Außerdem soll die Bevölkerung ggf. in ihren Wohnungen bleiben. NRW ist durch die drei Atomkraftwerke Lingen (Emsland), Grohnde (Weser) und Tihange (Belgien) unmittelbar vom neuen Katastrophenschutzkonzept betroffen. Nach Auskunft der LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6529 2 Landesregierung in der oben erwähnten Drucksache liegt rund die Hälfte aller NRWKommunen in einer der beiden Katastrophenschutz-Zonen rund um die drei AKW. 1. Hat die Innenministerkonferenz in Bonn der Übernahme der SSK-Empfehlungen zugestimmt? Die Innenministerkonferenz hat auf ihrer Sitzung am 11.-13.06.2014 in Bonn die Länder gebeten , die seitens der Strahlenschutzkommission um die geänderten Planungsradien aktualisierten „Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung von kerntechnischen Anlagen“ im Katastrophenschutz zu berücksichtigen. 2. In welcher Weise hat die Landesregierung bereits mit den betroffenen Kommu- nen Kontakt aufgenommen, um die Umsetzung des neuen Katastrophenschutzkonzepts für schwere AKW-Störfälle einzuleiten? Mit Runderlass vom 13.06.2014 wurden die Katastrophenschutzbehörden in NordrheinWestfalen gebeten, die zur zweckmäßigen Erfüllung und gleichmäßigen Durchführung des Notfallschutzes im Umfeld von kerntechnischen Anlagen die jeweils erforderlichen Maßnahmen umzusetzen. 3. Welche Empfehlungen macht die Landesregierung den betroffenen Landkreisen und Kommunen konkret zu einer landesweit einheitlichen Umsetzung des neuen Katastrophenschutzkonzepts? Mit dem Runderlass vom 13.06.2014 hat die Landesregierung als Grundlage für die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen die Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen in der Fassung vom 21.09.2008 (Bek. des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit - BMU - vom 19.12.2008, GMBl. S. 1278), bezogen auf deren Ziffer 3.7, aktualisiert durch die von der Strahlenschutzkommission (SSK) am 13./14.02.2014 verabschiedete Empfehlung „Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung von Kernkraftwerken“, vorgegeben. Hinsichtlich der Umsetzung der aktualisierten Rahmenempfehlungen der SSK ist die Landesregierung mit den kommunalen Spitzenverbänden und den mit Blick auf die Anpassung der vorhandenen Vorplanungen besonders betroffenen Kreisen Höxter, Lippe und Steinfurt (Teilgebiete dieser Kreise liegen nunmehr in der Mittelzone) bereits im Dialog. Die konkrete Ausgestaltung der erforderlichen Anpassungen hinsichtlich Planungen und Vorkehrungen werden mit allen Katastrophenschutzbehörden im Rahmen zentraler Veranstaltungen in den jeweiligen Regierungsbezirken erörtert. 4. Welche Frist setzt die Landesregierung den betroffenen Landkreisen und Kom- munen zur Umsetzung des neuen Katastrophenschutzkonzepts? Eine konkrete Fristsetzung ist mit Blick auf den laufenden Prozess zur Ausgestaltung in Nordrhein-Westfalen bislang nicht erfolgt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6529 3 5. Welche Initiativen wird die Landesregierung ergreifen, um die frühzeitige Stilllegung der AKW Lingen, Grohnde und Tihange zu ergreifen, um damit der Bevölkerung in NRW den bestmöglichen Schutz gegen schwere Atomunfälle zu gewährleisten ? Die Landesregierung vertritt die Auffassung, dass Kernenergie selbst in hochentwickelten Industriestaaten stets mit Risiken verbunden ist. Katastrophen wie in Fukushima oder Mängel wie etwa im Kernkraftwerk Tihange in Belgien untermauern die ablehnende Haltung der Landesregierung Nordrhein-Westfalen: Atomkraft ist aus vielen Gründen eine unverantwortliche Form der Energieerzeugung. Nordrhein-Westfalen hat bereits vor vielen Jahren entschieden, auf den Betrieb von Kernkraftwerken zur Energiegewinnung zu verzichten. Sämtliche genannten Kernkraftwerke liegen außerhalb des Landes. Es liegt daher nicht im Einflussbereich der Landesregierung, über die Abschaltung der genannten Kernkraftwerke zu entscheiden. Mit Blick auf die grenznahen Kernkraftwerke unter anderem in Belgien hatte sich die Landesregierung bereits im Jahre 2012 an den damaligen Bundesumweltminister mit der Bitte gewandt, sich für eine zeitnahe und schnellstmögliche Abschaltung der grenznahen Kernkraftwerke einzusetzen.