LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6552 14.08.2014 Datum des Originals: 14.08.2014/Ausgegeben: 19.08.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2500 vom 14. Juli 2014 des Abgeordneten Hanns-Jörg Rohwedder PIRATEN Drucksache 16/6334 Lagerung von 60 000 Tonnen Uranoxid an der Urananreicherungsanlage Gronau Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 2500 mit Schreiben vom 14. August 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und dem Minister für Klimaschutz , Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Urananreicherungsfirma Urenco hat an der Urananreicherungsanlage Gronau ein Zwischenlager für 60 000 Tonnen Uranoxid (U308) gebaut. Die Lagerungsgenehmigung soll zeitlich unbefristet sein, sodass de facto von einem „Dauerlager“ und nicht von einem „Zwischenlager “ zu reden ist. Am 25. Juni 2104 fand dazu eine „Bauzustandsbesichtigung“ der Atomaufsicht in der Urananreicherungsanlage Gronau statt. Davon waren jedoch trotz ausdrücklicher Anfrage Vertreter des Gronauer Stadtrates ausgeschlossen, obwohl diese mit den Konsequenzen der Uranmülllagerung jahrzehntelang leben müssen. Die Landesregierung möchte der Urenco die alleinige Entscheidung überlassen, ob und wann das abgereicherte Uran als Atommüll zu behandeln ist. Weltweit gibt es jedoch keine kommerzielle Verwendungsmöglichkeit für Uranoxid – eine sichere Entsorgungsmöglichkeit gibt es ebenfalls nicht. In Landtags-Drucksache 16/3181 vom 4. Juni 2013 hatte die Landesregierung zur sicheren Entsorgung des Gronauer Uranmülls u. a. mitgeteilt: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6552 2 „Die Prüfung dieses Verbleibensnachweises durch die atomrechtliche Aufsichtsbehörde beinhaltet auch die Frage der Verwertung oder Entsorgung des abgereicherten Urans. Sollte nach Annahmebereitschaft eines Endlagers keine Verwertungsmöglichkeit bestehen ist das Uranoxid - ggf. auf atomaufsichtliche Anordnung hin - an das Endlager abzuliefern.“ Nach der Bauzustandsbesichtigung kann die Urenco jederzeit die Inbetriebnahme des Uranmülllagers bei der Landesregierung beantragen und mit der Einlagerung des Uranoxids beginnen. Das wird für NRW zu einer erheblichen Zunahme an Atomtransporten führen, obwohl die Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag eine Vermeidung von Atomtransporten versprochen hatte. In der Landtagsdebatte vom 4. Juli 2014 teilte Wirtschaftsminister Garrelt Duin mit, dass die Urenco die Inbetriebnahme des Uranoxidlagers „frühestens 2015“ bei der Atomaufsicht beantragen werde. Bislang war immer von 2014 die Rede. Außerdem habe sich der Minister in der Endlagerkommission bei den beiden Co-Vorsitzenden dafür eingesetzt, dass auch die sichere Entsorgung des Gronauer Uranmülls bei den Endlagerplanungen berücksichtigt werde . Zudem stellte Minister Duin fest: „Die Atomaufsicht würde es nicht tolerieren, wenn Urenco sich durch eine Deklaration des Uranoxids als Wertstoff seiner Ablieferungspflicht an ein Endlager zu entziehen versuchte.“ 1. Warum verschiebt sich die Inbetriebnahme des Uranoxid-Lagers in Gronau? Der jetzt dargelegte Zeitpunkt für die Inbetriebnahme des Uranoxid-Lagers im Jahr 2015 stützt sich auf bei der Bauzustandsbesichtigung am 25. Juni 2014 gemachte Aussagen der Firma Urenco gegenüber der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde. 2. Warum durften am 25. Juni 2014 keine Vertreter des Gronauer Stadtrates an der Bauzustandsbesichtigung des neuen Uranoxid-Lagers teilnehmen, während zeitgleich ein WDR-Team in der Anlage filmen durfte? An der Bauzustandsbesichtigung am 25. Juni 2014 haben ausschließlich Vertreter der zuständigen Behörden und hinzugezogene Sachverständige teilgenommen. Dazu gehörten auch Bedienstete der Stadt Gronau und der Feuerwehr Gronau, über die eine Information des Stadtrates Gronau gewährleistet ist. Das WDR-Team hat an der Bauzustandsbesichtigung nicht teilgenommen. Die Betreiberin gestattete jedoch vorlaufend Filmaufnahmen des Uranoxid-Lagers. 3. Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus der gescheiterten Zwischenlagerung der 152 Castoren in Jülich für die geplante Inbetriebnahme des Uranoxid-„Zwischen“-Lagers in Gronau? Unabhängig von der noch ungeklärten Möglichkeit einer weiteren Zwischenlagerung der 152 Castoren in Jülich ist das Uranoxid-Lager schon wegen der geringeren Radioaktivität abgereicherten Natururans nicht mit einem Zwischenlager für hochradioaktive abgebrannte Brennelemente vergleichbar. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6552 3 4. Will die Landesregierung tatsächlich erst „nach Annahmebereitschaft eines Endlagers “ – also in mehreren Jahrzehnten – entscheiden, ob es sich beim abgereicherten Uranmüll in Gronau um einen „Wertstoff“ oder doch um Atommüll handelt , der sicher entsorgt werden muss? Die Landesregierung weist mit Blick auf ihre Antwort (Landtagsdrucksache 16/3181) auf die erste Frage in der Kleinen Anfrage 1105 nochmals darauf hin, dass die Vorschrift in § 9a Abs. 1 Satz 1 AtG dem Genehmigungsinhaber die Entscheidung zuweist, radioaktive Reststoffe entweder schadlos zu verwerten oder als radioaktive Abfälle geordnet zu beseitigen. Auf die Einflussmöglichkeiten der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde hat die Landesregierung in ihrer damaligen Antwort hingewiesen. 5. Inwiefern kann die Landesregierung behaupten, die Sicherheit der Urananreiche- rungsanlage und der Uranlagerung in Gronau sei bei der „Sicherheitsüberprüfung “ bestätigt worden, wenn z.B. die erheblichen chemotoxischen Auswirkungen eines Flugzeugabsturzes gar nicht erst untersucht wurden? Der Bau und der Betrieb des Uranoxid-Lagers wurden mit Bescheid 7/6 UAG vom 14. Februar 2005 als Teil der Endausbaugenehmigung für die Urananreicherungsanlage Gronau atomrechtlich genehmigt. Diese Genehmigung schließt gemäß § 8 Abs. 2 AtG die nach Bundes -Immissionsschutzgesetz erforderliche Genehmigung für das Uranoxid-Lager ein. Die radiologischen wie auch chemotoxischen Auswirkungen eines Flugzeugabsturzes auf die Urananreicherungsanlage Gronau wurden - anders als vom Fragesteller behauptet - im Rahmen der vorgezogenen Sicherheitsüberprüfung 2011 erneut untersucht (vgl. Pressemitteilung des MWEIMH vom 30. April 2013). Die Ergebnisse der Sicherheitsüberprüfung wie auch des vom Bund veranlassten Stresstests wurden veröffentlicht.