LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6560 18.08.2014 Datum des Originals: 18.08.2014/Ausgegeben: 21.08.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2486 vom 11. Juli 2014 des Abgeordneten Ralf Witzel FDP Drucksache 16/6310 Vollständige und ehrliche Kostenbilanz der flächendeckenden Umweltzone Ruhr – Welche Kosten bzw. Einnahmen sind der öffentlichen Hand bislang seit Einführung der zusammenhängenden Umweltzone Ruhr insgesamt auf allen Ebenen entstanden? Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage 2486 mit Schreiben vom 18. August 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister, dem Minister für Inneres und Kommunales und dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Schon im Jahre 2008 ist der erste Luftreinhalteplan Ruhrgebiet in Kraft getreten. Nach einem Evaluationsprozess ist er in den Folgejahren fortgeschrieben worden. Der nun aktuelle Luftreinhalteplan Ruhrgebiet ist seit dem 15. Oktober 2011 gültig. Seit diesem Zeitpunkt hat es zunächst vereinzelt in den Städten des Ruhrgebietes sogenannte sektorale Umweltzonen gegeben. Seit dem 1. Januar 2012 besteht eine große zusammenhängende Umweltzone Ruhrgebiet, die sich über die Ruhrgebietsstädte Bottrop, Castrop-Rauxel, Gelsenkirchen, Gladbeck, Herten, Recklinghausen, Bochum, Dortmund, Herne, Duisburg, Essen, Mülheim und Oberhausen erstreckt. Seit Januar 2012 sind auch die Wirkungsstufen der Umweltzone zunehmend gesteigert und somit die Auflagen für Autofahrer in den Umweltzonen immer weiter verschärft worden: Seit dem 1. Januar 2013 ist nur noch Fahrzeugen mit gelber oder grüner Umweltplakette eine Einfahrt in das Gebiet der Umweltzone Ruhr gestattet. Seit dem 1. Juli 2014 dürfen – mit ganz wenigen Ausnahmen – nur noch Fahrzeugen mit grüner Plakette das Gebiet befahren. Die grüne Umweltplakette tragen im Regelfall alle Fahrzeuge mit Benzinmotor und geregeltem Katalysator sowie Dieselfahrzeuge, die entweder mindestens die europäische Abgas- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6560 2 norm Euro 4 erfüllen oder der Euro 3-Norm genügen und später mit einem leistungsfähigen Partikelfilter nachgerüstet worden sind. Medienberichten zufolge, wie in der Westfalenpost vom 16. Juni 2014, schätzt der Verband des Kfz-Gewerbes Nordrhein-Westfalen, dass noch rund 20 Prozent aller Dieselfahrzeuge keine oder nur eine rote Feinstaubplakette haben. Ausgeschlossen von dieser Verbotsregelung sind dann aber nur noch die Autobahnen, die das Ruhrgebiet durchziehen. Bei Nichtbeachtung der Vorschrift, eine gut sichtbare grüne Plakette auf der Windschutzscheibe oder gegebenenfalls eine der wenigen entsprechenden Ausnahmegenehmigung mitzuführen, sind bei einer Kontrolle durch die Ordnungsbehörden immerhin 80,00 Euro an Verwarnungsgebühren zu entrichten. Gravierende Auswirkungen haben die stetigen Verschärfungen der Umweltzone Ruhrgebiet jedoch nicht nur für die betroffenen Autofahrer und ihren Fahrzeugbestand, auch das Land ist gezwungen, immer wieder in Bezug auf die Beschilderung der Umweltzone nachzurüsten. So teilt die Pressestelle des Landesbetriebs Straßen.NRW am 17. Juni 2014 mit: „Umweltzone Ruhrgebiet: Straßen.NRW muss 400 Schilder ändern“. Es wird ausgeführt, dass durch das Wirksamwerden der nächsten Stufe der Umweltzone ab dem 1. Juli 2014 „im Bereich des Ruhrgebietes im Juli mehr als 400 Schilder geändert werden müssen. Die Umrüstung beginnt am 1. Juli, dauert wegen der großen Menge an Schildern voraussichtlich zwei Wochen und kostet 14.000 Euro. Die Schilder werden so umgerüstet, dass nur noch der grüne Punkt zu sehen ist.“ Für die Beschilderung der Autobahnausfahrten, Bundes- und Landstraßen ist Straßen.NRW zuständig. Zusätzlich haben die einzelnen Kommunen in den vergangenen Jahren immer wieder Schilder zur Umweltzone innerhalb ihrer eigenen Stadtgrenzen aufstellen müssen. Es ist davon auszugehen, dass Änderungen bei jeder neuen Wirkungsstufe, also zum 1. Januar 2012, zum 1. Januar 2013 und nun auch zum 1. Juli 2014, notwendig gewesen sind. Vor dem Hintergrund dieser Kosten für die Erstbeschilderung, die mehrmaligen Änderungen und für den begleitenden personellen Einsatz ist es von Interesse für das Landesparlament, nach den Änderungen der Beschilderung und Vollzug der letzten Stufe detaillierte Informationen über sämtliche bisherigen personellen wie sächlichen Aufwendungen für die stufenweise Etablierung der Umweltzone Ruhrgebiet zu erhalten, die bislang entstanden sind. Der Steuerzahler kommt dabei aber nicht nur für die Planungs- und Einrichtungskosten der Umweltzone Ruhr auf. Auch die als Begleitmaßnahme für nötig befundenen Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt für die Modernisierung der Fahrzeugflotte belasten die öffentliche Hand. So sind nach aktuellen Angaben des Umweltministers im Ruhrgebiet bis Ende des Jahres 2013 immerhin 40.334 Pkw und ferner 10.617 Nutzfahrzeuge mit Dieselpartikelfiltern nachgerüstet worden, was in etlichen Fällen durch öffentliche Förderprogramme unterstützt worden ist (siehe hierzu auch LT-DS 16/6188). Angesichts der dramatischen Haushaltslage des Landes und der Ruhrgebietskommunen können die finanziellen Folgewirkungen der Umweltzone der Landesregierung nicht gleichgültig sein. Vorbemerkung der Landesregierung Im Rahmen dieser Kleinen Anfrage kann nur auf die Beschilderung Bezug genommen werden , die in der Zuständigkeit des Landesbetriebes Straßenbau NRW liegt. Für alle anderen Straßen, die in der Straßenbaulast der Kommunen liegen, können seitens der Landesregierung keine Aussagen gemacht werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6560 3 Schon im Jahre 2008 ist der erste Luftreinhalteplan Ruhrgebiet in Kraft getreten. In diesem Zusammenhang wurden neue Umweltzonen in den Städten des Ruhrgebietes eingerichtet. Im Bereich der Anschlussstellen von Autobahnen bzw. an den Bundes-, Landes- und kommunalen Straßen wurde zu diesem Zeitpunkt die entsprechende Beschilderung für Umweltzonen aufgestellt. Im Rahmen der Fortschreibung des Luftreinhalteplans Ruhrgebiet wurden die bisher neun einzelnen Umweltzonen im Ruhrgebiet von einer einzigen zusammenhängenden und flächenmäßig deutlich erweiterten Umweltzone abgelöst. Seit dem 1. Januar 2012 besteht eine große zusammenhängende Umweltzone Ruhrgebiet, die sich über die Ruhrgebietsstädte Bottrop, Castrop-Rauxel, Gelsenkirchen, Gladbeck, Herten, Recklinghausen, Bochum, Dortmund , Herne, Duisburg, Essen, Mülheim und Oberhausen erstreckt. Für die Umsetzung der zweiten Stufe hatte das damalige Verkehrsministerium entschieden, für die Umweltzone Ruhrgebiet eine additive Beschilderung mit dem Hinweis „Umweltzone Ruhrgebiet – Autobahn frei“ auf der Hauptfahrbahn zu verwenden. Damit war eine umfangreiche Beschilderung an jeder einzelnen Autobahnanschlussstelle im Zuge der Hauptfahrbahn nicht mehr notwendig . Lediglich im Bereich der Rampen am Übergang zum nachgeordneten und den Regularien der Umweltzone unterliegenden Straßennetz sollte ab diesem Zeitpunkt noch eine entsprechende Beschilderung aufgestellt werden. Die Umsetzung erfolgte zum 1. Januar 2012. Ab dem 1. Januar 2013 war es nur noch Fahrzeugen mit gelber oder grüner Umweltplakette gestattet, in das Gebiet der Umweltzone Ruhr einzufahren. Dafür musste die Beschilderung an den meisten Standorten ausgetauscht werden. Für die letzte Stufe (seit dem 1. Juli 2014), in der ausschließlich Fahrzeuge mit grünen Plaketten in die Umweltzone Ruhr einfahren dürfen, wurden wiederum Umbeschilderungsmaßnahmen notwendig. 1. In jeweils welcher Höhe sind dem Land bislang, differenziert nach den einzelnen Stufen bzw. Zeitpunkten und Kostenkategorien, finanzielle und personelle Aufwendungen für die Etablierung der vollflächigen Umweltzone Ruhr entstanden? (bitte differenzierte und vollständige Darstellung aller Kosten für Beschilderung, deren Änderungen , Planungskosten, Kontrollen etc.) Die Auflistung der personellen und sächlichen Aufwendungen für die stufenweise Etablierung der Umweltzone im Zuständigkeitsbereich sind der Anlage zu entnehmen. Die Sachkosten setzen sich aus der Beschaffung der erforderlichen Beschilderung und in Teilbereichen auch durch Fremdvergabe der erforderlichen Arbeiten zusammen. Die Personalkosten beinhalten Ausschreibung, Vergabe, Standorterkundung, Firmeneinweisung , Bauüberwachung, Abnahme und die verwaltungsmäßige Abarbeitung der jeweiligen Umbeschilderung innerhalb des Landesbetriebs Straßenbau NRW. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6560 4 2. In jeweils welcher Höhe sind den betroffenen Ruhrkommunen bislang, differenziert nach den einzelnen Stufen bzw. Zeitpunkten und Kostenkategorien, finanzielle und personelle Aufwendungen für die Etablierung der vollflächigen Umweltzone Ruhr entstanden? (bitte ebenfalls differenzierte und vollständige Darstellung des sächlichen und personellen Aufwands) Die Beantwortung der Frage setzt eine Abfrage bei den Kommunen voraus. Der notwendige erhebliche Rechercheaufwand kann im Rahmen einer Kleinen Anfrage und innerhalb des zur Verfügung stehenden Zeitrahmens nicht geleistet werden. 3. In jeweils welcher Höhe hat der Bund jährlich seit dem Jahr 2010 Fördergelder für die Umrüstung mit Dieselpartikelfiltern zur Fahrzeugmodernisierung bei Nutzfahrzeugen und Pkw im Ruhrgebiet aufgewandt? Im Jahr 2010 betrug die Bundesförderung je Fahrzeug (Pkw bzw. leichtes Nutzfahrzeug) 330 Euro. Im Ruhrgebiet wurden im Jahr 2010 insgesamt 6.422 Fahrzeuge mit Dieselpartikelfiltern nachgerüstet, wodurch sich rechnerisch eine Förderung in Höhe von rund 2,1 Mio. Euro ergibt. Im Jahr 2011 hat der Bund keine Nachrüstungen gefördert. Im Jahr 2012 hat der Bund erneut die Nachrüstungen mit 330 Euro gefördert. Im Jahr 2012 wurden 10.209 Fahrzeuge im Ruhrgebiet mit Dieselpartikelfiltern nachgerüstet, wodurch sich rechnerisch eine Förderung in Höhe von rund 3,4 Mio. Euro ergibt. Im Jahr 2013 hat der Bund bis zum Monat Juni die Nachrüstungen mit 260 Euro gefördert. Wie viele der rund 5.000 Nachrüstungen im Ruhrgebiet im Jahr 2013 vom Bund gefördert wurden, ist der Landesregierung nicht bekannt. 4. In jeweils welcher voraussichtlichen Höhe werden in den nächsten Jahren, diffe- renziert nach Ursachen und Anlässen, noch weitere Kosten für die öffentliche Hand in Bund, Land und Ruhrkommunen im Zusammenhang mit der Umweltzone Ruhr entstehen, die noch nicht in den Angaben der zuvor genannten Fragen 1 bis 3 enthalten sind? Zusätzliche Kosten werden für die nächsten Jahre nicht erwartet, da derzeit keine Änderung der bestehenden Regelungen geplant ist. Der Landesbetrieb kalkuliert mit einer Pauschale von ca. 5.000 Euro pro Jahr für Ersatzbeschaffung für Beschädigungen und Vandalismus an den Verkehrszeichen. 5. Wie hoch sind anderseits die Einnahmen, die Land und Kommunen, beispiels- weise durch Bußgeldzahlungen oder Ausstellungsgebühren für Plaketten und Genehmigungen, seit dem 1. Januar 2012 jeweils jährlich im Zusammenhang mit der vollflächigen Umweltzone Ruhr generiert haben? (bitte unter Angabe der Fallzahlen ) Der Landesregierung liegen keine Informationen dazu vor, welche Einnahmen die Kommunen beispielsweise durch Bußgeldzahlungen oder Ausstellungsgebühren für Plaketten und Genehmigungen seit dem 1. Januar 2012 jeweils jährlich im Zusammenhang mit der Umweltzone Ruhr hatten. Bei dem Verstoß gegen das Verkehrsverbot zur Verminderung schäd- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6560 5 licher Luftverunreinigungen handelt es sich um einen bußgeldbewehrten Verstoß. Ahndungsbehörde für Bußgelder ist die jeweilige Kreisordnungsbehörde. Bußgelder werden somit nicht durch das Land, sondern durch die Kommunen vereinnahmt. Die Beantwortung der Frage setzt daher eine Abfrage bei den Kommunen voraus. Der notwendige erhebliche Rechercheaufwand kann im Rahmen einer Kleinen Anfrage und innerhalb des geforderten Zeitrahmens nicht geleistet werden. Anlage Bisherige personelle und sächliche Aufwendungen für die stufenweise Etablierung der Umweltzone im Bereich des Landesbetriebs Straßenbau.NRW Jahr Abgerechnete Personalkosten< Stunden Verträge Ingenieur 125 Std 2008 171 .683,35 € 13.095,00 € Techniker 80 Std. 2012 Ingenieur 207 Std. 211 .618,99€ 32.022,28 € Techniker 135 Std. Zeichner 150 Std. Ingenieur 82 Std. 2013 33.327,16 € 9.232,21 € Techniker 40 Std. Zeichner 10 Std. 2014 14.060,00 € 8.860,96 € Ingenieur 83 Std. Techniker 40 Std. Ingenieur 497 Std. insgesamt 430.689,50 € 63.210,45 € Techniker 295 Std. Zeichner 160 Std. Tabelle 1 • Berechnung der Personalkosten laut Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 26.05.2014 (s. Anlage) . • In den Personalkosten in den Jahren 2012, 2013 und 2014 sind zusätzlich zu den Kosten aus dem Innendienst noch Kosten der Autobahnmeistereien zum Anbringen der Beschilderung enthalten. Für die Berechnung der Stundensätze wurden die Richtwerte für die Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes bei der Festlegung der nach dem Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen zu erhebenden Verwaltungsgebühren herangezogen. Demnach betragen die Stundensätze: • für den höheren Dienst 80 Euro, • für den gehobenen Dienst 67 Euro, • für den mittleren Dienst 59 Euro, • für den einfachen Dienst 43 Euro. Seite 6 von 6