LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6581 20.08.2014 Datum des Originals: 20.08.2014/Ausgegeben: 25.08.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2525 vom 22. Juli 2014 der Abgeordneten Christof Rasche und Dr. Gerhard Papke FDP Drucksache 16/6378 Warum torpediert das Land Nordrhein-Westfalen das ehrenamtliche Engagement der Bürgerbus-Vereine? Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage 2525 mit Schreiben vom 20. August 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Inneres und Kommunales und dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Bürgerbus ist ein außergewöhnliches Instrument des öffentlichen Personennahverkehrs mit einer inzwischen bald 30-jährigen Erfolgsgeschichte. Vor allem dort, wo ein regelmäßiger Linienverkehr wirtschaftlich nicht tragbar ist, etwa in ländlichen Regionen und Stadtrandlagen oder zu Zeiten außerhalb des Berufsverkehrs, ergänzt der Bürgerbus das reguläre Bus- und Bahnangebot und ist damit ein fester Bestandteil des öffentlichen Personennahverkehrs. Von den bundesweit ca. 200 Bürgerbus-Vereinen befinden sich allein 111 in NordrheinWestfalen . Hier engagieren sich etwa 2.000 Bürgerbus-Fahrerinnen und -Fahrer ehrenamtlich für den öffentlichen Nahverkehr und sichern die Mobilität für ihre Mitmenschen. Jedes Jahr fahren sie rund 900.000 Fahrgäste. Insbesondere Kindern, Jugendlichen, Senioren und behinderten Menschen wird so zu günstigen Fahrpreisen die Teilhabe am öffentlichen Personennahverkehr ermöglicht. Nach einem Bericht des Rhein-Sieg-Anzeigers vom 18. Juli 2014 wird das verdienstvolle ehrenamtliche Engagement der Bürgerbus-Vereine nun durch einen Beschluss der Bezirksregierungen des Landes Nordrhein-Westfalen torpediert. Demnach sollen für die Mitteilung von Fahrplanänderungen ab sofort Gebühren erhoben werden. Gerechnet wird mit Kosten von 72 bis 112 Euro pro Änderung. Bei bis zu fünf Änderungen im Jahr, die zur Anpassung LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6581 2 des Fahrplans an die Wünsche der Bürger erforderlich sind, hätte dies für die BürgerbusVereine eine nicht unbeträchtliche finanzielle Mehrbelastung zur Folge. 1. Wie bewertet die Landesregierung den Beschluss der Bezirksregierungen, dass die Bürgerbus-Vereine in Nordrhein-Westfalen für die Mitteilung von Fahrplanänderungen ab sofort Gebühren zahlen sollen? Die Aussage trifft so nicht zu. Die Zustimmung zu Fahrplan- und Haltestellenänderungen ist gemäß einer Bundesgebührenverordnung (PBefGKostVO) gebührenpflichtig. Dies gilt auch für Bürgerbuslinien. Daher haben auch in der Vergangenheit vier der fünf Genehmigungsbehörden Gebühren hierfür erhoben. Lediglich eine Bezirksregierung hat in der Vergangenheit auf die Erhebung von Gebühren verzichtet. Gebührenschuldner ist dabei nicht der Bürgerbusverein, sondern das Verkehrsunternehmen, das die Genehmigung der Linien bzw. die Änderung des Fahrplans beantragt. Sofern und soweit im Einzelfall die Gebühr eine Kostentragung durch den Bürgerbusverein auslöst, resultiert diese aus zivilrechtlichen Vereinbarungen zwischen Verkehrsunternehmen und Bürgerbusverein . Auf diese Vereinbarungen hat die Landesregierung keinen unmittelbaren Einfluss . Die Mitteilung von geringfügigen Fahrplanänderungen sowie Fahrplanänderungen wegen vorübergehender Störung des Betriebes (zum Beispiel aufgrund einer Baustelle) ist gebührenfrei . 2. Wer aus der Landesregierung bzw. der Ministerialverwaltung hat den Beschluss der Bezirksregierungen initiiert bzw. fachlich begleitet? Das für personenbeförderungsrechtliche Fragen verantwortliche Fachreferat des Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Diskussion begleitet. Die Gebührenpflicht resultiert aus dem Gebührenrecht des Bundes. Dabei sind eine rechtmäßige Anwendung sowie die Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowohl zu anderen Bürgerbussen als auch zum übrigen ÖPNV der Verkehrsunternehmen sicherzustellen. Deshalb sind nach intensiver Erörterung das Ministerium und die Bezirksregierung zu der Auffassung gelangt, dass kein Spielraum für einen generellen Verzicht auf Gebühren besteht. Das Land setzt sich jedoch dafür ein, im Rahmen einer Änderung der PBefGKostVO eine Öffnungsklausel für eine Gebührenbefreiung aus Gründen öffentlichen Interesses zu erreichen . 3. Wie hoch genau sind die Gebühren, die für die Mitteilung von Fahrplanänderun- gen erhoben werden sollen? Die PBefGKostVO gibt einen Gebührenrahmen von 25 bis 150 € für die Zustimmung zu Fahrplanänderungen sowie von 50 € bis 1000 € für eine Erweiterung oder wesentliche Änderung des Unternehmens nach § 2 Absatz 2 Nr. 1 PBefG vor. Um eine Ungleichbehandlung sowie einen Gebührentourismus zwischen den Ländern zu vermeiden, haben die Länder einen Richtsatzkatalog zur Gebührenordnung des Bundes erlassen. In diesem wurde für die Zustimmung zu einer Fahrplanänderung der Regelbetrag von 42 € sowie bei der Einrichtung weiterer Haltestellen und / oder wesentlicher Änderungen der Linienführung zusätzlich 70 € festgesetzt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6581 3 In Fällen mit einem besonders niedrigeren Verwaltungsaufwand oder aber eines geringen wirtschaftlichen Nutzens kann von dem Regelbetrag bis zu der Untergrenze des Gebührenrahmens des Bundes abgewichen werden. Dies ist bei Genehmigungsangelegenheiten im Bürgerbusbereich häufig der Fall. 4. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die Bürgerbus-Vereine die zusätz- liche Kostenbelastung tragen können? Siehe hierzu Antwort zur Frage 1. 5. Mit welchen Auswirkungen auf das große Engagement der Bürgerbus-Vereine, ihrer ehrenamtlich Tätigen und ihrer Sponsoren rechnet die Landesregierung infolge der Gebührenerhebung für Fahrplanänderungen? Es wird mit keinen Auswirkungen gerechnet. Die Landesregierung fördert Bürgerbusse mit einer jährlich Organisationspauschale in Höhe von 5.000 € sowie bei der Erst- bzw. Ersatzbeschaffung von Bürgerbusfahrzeugen.