LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6602 21.08.2014 Datum des Originals: 21.08.2014/Ausgegeben: 26.08.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2527 vom 22. Juli 2014 der Abgeordneten Ina Scharrenbach CDU Drucksache 16/6380 Kommunale Stadtwerke und das Tariftreue- und Vergabegesetz: Wie sollen im Bereich des Stromeinkaufs und der Stromproduktion Standards sichergestellt werden? Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 2527 mit Schreiben vom 21. August 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister, dem Minister für Inneres und Kommunales und dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Gem. § 2 Abs. 4 des Tariftreue- und Vergabegesetzes Nordrhein-Westfalen sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des Gesetzes die öffentlichen Auftraggeber gem. § 98 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Gem. § 98 des genannten Gesetzes gehören hierzu auch „natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts, die auf dem Gebiet der Trinkwasser- oder Energieversorgung oder des Verkehrs tätig sind, wenn diese Tätigkeiten auf der Grundlage von besonderen oder ausschließlichen Rechten ausgeübt werden, die von einer zuständigen Behörde gewährt wurden, oder wenn Auftraggeber, die unter Nummern 1 bis 3 fallen, auf diese Personen einzeln oder gemeinsam einen beherrschenden Einfluss ausüben können; […]“ (Auszug aus § 98 Satz 1 Ziff. 4 GWB). Damit unterliegen auch kommunale Stadtwerke bzw. Energieversorger, an denen die öffentliche Hand einen beherrschenden Einfluss ausüben kann, dem Tariftreue- und Vergabegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen. Über §§ 4, 21 des Gesetzes zur Förderung und Stärkung des Mittelstandes (Mittelstandsgesetz NRW) werden die Vertreter öffentlicher Stellen dazu aufgefordert – und gebunden -, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge auf die Beachtung der Grundsätze des Mittelstandsgesetzes und dem Vergaberecht hinzuwirken. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6602 2 Nun sind kommunale Stadtwerke oder öffentliche Energieversorger allgemein auf dem Strommarkt tätig: Sie kaufen Strom und Gas an der Börse und/oder über andere Dienstleister ein; zum Teil nehmen sie selbst an der Verstromung, beispielsweise von Kohle, teil. Bei der Verstromung von Kohle wird oftmals auf Rohstoffe zurückgegriffen, die möglicherweise unter zweifelhaften Bedingungen gewonnen worden sind. So meldete kürzlich die „Süddeutsche“-Zeitung: Blutige Kohle für deutsche Konzerne“ und berichtete über den Kohleabbau in Kolumbien. Im § 18 TVGG NRW wird aber beispielsweise verlangt, dass für Waren, die im Rahmen der Erbringung von [..] Dienstleistungen verwendet werden, die ILO-Kernarbeitsnormen gelten. Hierzu sind [..] entsprechende Nachweise oder Erklärungen zu verlangen. 1. Inwieweit unterliegen kommunale Stadtwerke/öffentliche Energieversorger mit ihrem Kerngeschäft dem Tariftreue- und Vergabegesetz des Landes NordrheinWestfalen ? Gemäß § 2 Abs. 1 Tariftreue- und Vergabegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (TVgG – NRW) gilt das Gesetz für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Sinne von § 99 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Dessen Anwendbarkeit wird durch § 100 und §§ 100a bis c GWB definiert. Die dort geregelten auftragsbezogenen Bereichsausnahmen konkretisieren den sachlichen Anwendungsbereich des TVgG – NRW. Gemäß den §§ 100 Abs. 2, 100b Abs. 4 Nrn. 3 und 4 GWB bestehen für sog. Sektorenauftraggeber für die Beschaffung von Energie oder von Brennstoffen zur Energieerzeugung sowie der Erzeugung und des Großhandels von Strom aus konventionellen Quellen in Deutschland Bereichsausnahmen für die Anwendung der vergaberechtlichen Vorschriften. Nach diesen Vorschriften stellt das Kerngeschäft von kommunalen Stadtwerken/öffentlichen Energieversorgern keine öffentliche Auftragsvergabe im Sinne des Vergaberechts dar und unterliegt den vorgenannten Bereichsausnahmen nach dem GWB. Damit ist kein Anwendungsfall des § 2 Abs. 1 TVgG – NRW gegeben. 2. Müssen öffentliche Energieversorger künftig ihre Stromeinkäufe öffentlich aus- schreiben, um den Worten der Gesetze zu entsprechen? Vergleiche Antwort zu Frage 1). 3. Dürfen öffentliche Energieversorger Kohle aus Staaten zur Verstromung ver- wenden, die nicht den Anforderungen des Tariftreue- und Vergabegesetzes NRW entsprechen? Vergleiche Antwort zu Frage 1). 4. In welcher Weise erbringen die öffentlichen Energieversorger die Nachweise gem. dem Tariftreue- und Vergabegesetz NRW? Vergleiche Antwort zu Frage 1). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6602 3 5. Machen sich Vertreter öffentlicher Stellen in juristischen Personen haft- bzw. strafbar, wenn sie auf eine Anwendung des Tariftreue- und Vergabegesetzes NRW in diesen öffentlichen Unternehmen nicht hinwirken (§ 4 Mittelstandsgesetz NRW)? In dem geltenden Gesetz zur Förderung des Mittelstands in Nordrhein-Westfalen (Mittelstandsförderungsgesetz ) vom 18. Dezember 2012 sind Haftung oder Strafbarkeit von Vertretern öffentlicher Stellen in juristischen Personen nicht vorgesehen.