LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6622 26.08.2014 Datum des Originals: 25.08.2014/Ausgegeben: 29.08.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2581 vom 4. August 2014 der Abgeordneten Hubertus Fehring und Friedhelm Ortgies CDU Drucksache 16/6516 Perspektiven zur Realisierung der Nordsee-Pipeline durch die K+S AG Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 2581 mit Schreiben vom 25. August 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin und dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit Jahrzehnten werden salzhaltige Produktionsabwässer aus dem Salzbergbau und der Salzaufbereitung direkt und indirekt in die Weser eingeleitet. Diese Tatsache führt dazu, dass Werra und Weser mit einer unzulässig hohen Salzfracht belastet sind und der vorgeschriebene gute ökologische Zustand nicht erreicht wird. Gemäß der europäischen Wasserrahmenrichtlinie soll bis zum Jahr 2015 ein Entsorgungskonzept für die Abwässer vorliegen, da anderenfalls ein EU-Vertragsverletzungsverfahren in Gang tritt. Als Lösungsmöglichkeit wurde seit Jahren der Bau einer Fernleitung angesehen, durch die jährlich 7 Mio. m³ Laugenabwässer der K+S direkt in die Nordsee eingeleitet würden. Diesem Vorschlag des Runden Tischs „Gewässerschutz Werra/Weser und Kaliproduktion“ hat sich auch das Land Nordrhein-Westfalen angeschlossen. In jüngster Zeit wurde ein Alternativkonzept diskutiert. Durch Aufbereitung und Umkristallisation könnten die Salzfracht reduziert und vermarktbare Rohstoffe gewonnen werden. Nach Äußerungen des niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (Hessische /Niedersächsische Allgemeine HNA, 19.05.2014) und Mitgliedern der niedersächsischen SPD-Landtagsfraktion erscheint eine Realisierung dieses Vorhabens jedoch zunehmend unwahrscheinlich. Am 27.06.2014 bestätigt die niedersächsische Landesregierung dem Landtag gegenüber die Äußerungen des Abgeordneten Roland Schminke (SPD), wonach es LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6622 2 „weder an der Oberweser noch an der Nordsee eine reelle Chance für Kali und Salz gebe, ihre Laugenabwässer durch Pipelines zu entsorgen […]. Ministerpräsident Weil habe erst vor wenigen Tagen Klartext geredet und jede Pipelinelösung abgelehnt.“ (Niedersächsischer Landtag, Drucksache 17/1695, S 48). Am 25.07.2014 bekräftigt der in Niedersachsen zuständige Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz in einer Pressemitteilung, dass die Landesregierung die Pläne zum Bau der Nordseepipeline sehr kritisch sehe. Der Antrag der Firma habe sich als nicht prüffähig erwiesen und sei dieser zurückgeschickt worden. Auch angesichts der Ablehnung der Landesregierung in Niedersachsen und der unbefriedigenden Lösung durch das Unternehmen K+S mit der Einleitung in die Oberweser muss über eine Entsorgung und Verwertung der Abwässer vor Ort nachgedacht werden. Vorbemerkung der Landesregierung Der Landtag Nordrhein-Westfalen hat sich in der 14. Legislaturperiode einstimmig für Maßnahmen zur Verringerung der Versalzung von Werra und Weser ausgesprochen und hierzu 2 Landtagsbeschlüsse zu folgenden Anträgen gefasst: „Versalzung von Weser und Werra nachhaltig verringern“ (Drucksache 14/5125) und „Das Problem Werra-Weser-Versalzung im Einvernehmen lösen - Gewässerschutz an der Weser ist eine gemeinsame Aufgabe“ (Drucksache 14/8702). Der Landtagsbeschluss zur Drucksache 14/5125 beinhaltet die Unterstützung der Einrichtung eines „Runden Tisches Gewässerschutz Werra/Weser und Kaliproduktion“, der Lösungen für die Verringerung der Werra-Versalzung erarbeiten soll. Der Runde Tisch hat bis heute 23-mal getagt, letztmals am 21.01.2014. Der Runde Tisch hat unter Beteiligung des MKULNV Empfehlungen für durchzuführende Maßnahmen erarbeitet, die am 09.02.2010 veröffentlicht wurden. Die weitestgehende vorgeschlagene Maßnahme stellt eine Salzpipeline zur Nordsee dar. Der Bau der Salzpipeline wird von den Ländern Bremen, Hessen, Thüringen und Nordrhein-Westfalen sowie dem Bund unterstützt. An diesem Sachstand hat sich bis heute nichts geändert. Der Landtagsbeschluss zur Drucksache 14/8702 forderte die Landesregierung auf, sich umfassend am Runden Tisch zu beteiligen und sicherzustellen, dass alle Weseranrainerländer an der Entwicklung einer Strategie zur Verminderung des Salzeintrags in die Werra beteiligt werden. Dieser Auftrag wurde durch die Beteiligung am Runden Tisch bzw. an der dort erarbeiteten Maßnahmenkonzeption erfüllt. 1. Wie bewertet die Landesregierung die Äußerungen der rot-grünen Landesregie- rung in Niedersachsen, dabei insbesondere die Äußerungen von Ministerpräsident Weil? Der niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine dreiteilige mündliche Anfrage der Abgeordneten Björn Thümler, Frank Oesterhelweg, Otto Deppmeyer, Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens und Martin Bäumer (CDU) geantwortet und die Position der Landesregierung zur Reduzierung der Salzbelastung der Weser dargestellt (Auszug Pressemitteilung Nr. 94/2014): LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6622 3 „… Eine abschließende Entscheidung der Landesregierung, welche Maßnahmen zur Reduzierung der Salzbelastung von Werra und Weser in den zweiten Bewirtschaftungsplan der FGG Weser aufgenommen werden sollen, liegt bis jetzt noch nicht vor. … Die Prüfungen sind noch nicht abgeschlossen. Die an der Flussgebietseinheit Weser beteiligten Länder Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Sachsen -Anhalt werden sich darüber im Zuge der Aufstellung des zweiten Bewirtschaftungsplanentwurfs bis zum Dezember 2014, spätestens aber bis zur Aufstellung und Berichterstattung des zweiten Bewirtschaftungsplans gegenüber der EU Kommission zum Dezember 2015, verständigen. …“ Diesen Ausführungen ist nichts hinzuzufügen. 2. Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, die Leitung zu bauen, auch wenn der Landtag in Niedersachsen die Fernleitung weiter ablehnen sollte? Der Niedersächsische Minister für Umwelt, Energie und Klimaschutz Stefan Wenzel hat namens der Landesregierung auf eine mündliche Anfrage der Abgeordneten Martin Bäumer, Ernst-Ingolf Angermann, Dr.Hans-Joachim Deneke-Jöhrens, Ansgar Focke, Ingrid Klopp, Axel Miesner, André Bock, Helmut Dammann-Tamke, Clemens Große Macke, Frank Oesterhelweg, Ulf Thiele und Lutz Winkelmann (CDU) geantwortet (Pressemitteilung 104/2014): „Vorliegende Anträge wird die Landesregierung nach Recht und Gesetz prüfen.“ Diesen Ausführungen ist nichts hinzuzufügen. 3. Wie beurteilt die Landesregierung alternative Verfahren (KUTEC) zur Entsorgung und Verwertung von Abwässern am Produktionsstandort K+S? Am 13.06.2014 hat der Leiter des Runden Tisches „Gewässerschutz Werra/Weser und Kaliproduktion “ gemeinsam mit der wissenschaftlichen Begleitung des Runden Tisches eine Zusammenstellung des wissenschaftlich/technischen Sachstandes unter dem Titel “Abwasserfreie Kaliproduktion - Realität oder Utopie“ veröffentlicht. Im Ergebnis wird festgestellt, dass eine vollständige lokale Verwertung des Salzwassers derzeit unrealistisch ist. Diese Auffassung wird von der Landesregierung geteilt. Die vollständige Aufbereitung vor Ort ist mit enormem Energieaufwand verbunden. Gleichzeitig fallen mehrere Millionen Tonnen fester Abfallrückstände zusätzlich an. Insbesondere ist die Entsorgung von mehreren Millionen m³ Haldenabwässern pro Jahr nach dem Ende des Kalibergbaus in ca. 40 Jahren nicht sichergestellt . Deshalb muss die Nordseepipeline geplant und deren Realisierung durch entsprechende Genehmigungsanträge ermöglicht werden. Diese Position wird von K+S geteilt. K+S hat folgerichtig zwei Raumordnungsverfahren für den Bau einer Pipeline initiiert (Pipeline in die Weser sowie Pipeline in die Nordsee). 4. Bis wann muss, auch vor dem Hintergrund der EU-Wasserrahmenrichtlinie, end- gültig über die Entsorgung der Abwässer entschieden werden? s. Antwort zu Frage 1: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6622 4 5. Welche konkreten Schritte wird die Landesregierung NRW vor dem Hintergrund der Entwicklung in Niedersachsen unternehmen? Die Landesregierung wird dem mit den weiteren Anrainerländern 2015 zu erstellenden Bewirtschaftungsplan Weser nur zuzustimmen, wenn damit die Erreichung des guten ökologischen und chemischen Zustands in der Weser ermöglicht wird. Dies ist nach derzeitigem Sachstand nur mit einer Nordseepipeline möglich. Diese Maßnahme und ihre zeitliche Umsetzung müssen deshalb im Bewirtschaftungsplan aufgenommen werden.