LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6624 26.08.2014 Datum des Originals: 26.08.2014/Ausgegeben: 15.09.2014 (29.08.2014) Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Neudruck Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2538 vom 28. Juli 2014 der Abgeordneten Dr. Joachim Stamp und Dr. Robert Orth FDP Drucksache 16/6419 Schutz vor Kriminalität in Bonn Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2538 mit Schreiben vom 26. August 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Dem Polizeipräsidium Bonn werden im Nachersatz 34 neue Polizeibeamte für 2014 zugewiesen . Da 32 Beamte in Pension gehen und sieben weitere versetzt werden, schrumpft die Personalstärke um fünf Polizisten. Bonn ist derzeit laut der Polizeilichen Kriminalstatistik des Bundes 2013 die Einbruchshauptstadt Deutschlands und schon seit vielen Jahren ein Hauptzentrum des islamistischen Extremismus . Der versuchte Bombenanschlag auf den Bonner Hauptbahnhof hat nur durch glückliche Umstände nicht zahlreiche Todesopfer gefordert. Das IS-Kalifat in Syrien und Irak wird noch mehr Dschihadisten anziehen, die als Rückkehrer durch militärische Ausbildung und mögliche weitere Fanatisierung ein unabsehbares Sicherheitsrisiko darstellen. Die Sicherheitslage in Bonn wird sich also in Zukunft noch verschärfen. Für diese absehbar steigenden zukünftigen Herausforderungen ist die Bonner Polizei personell nicht gerüstet. Mit fünfzig Jahren hat die Bonner Polizei einen der höchsten Altersdurchschnitte in ganz Nordrhein-Westfalen. Mit dem hohen Altersschnitt gehen ein hoher Krankenstand und altersbedingte eingeschränkte Verwendungsfähigkeit, z. B. bei Nacht- und Schichtdiensten, einher. Die besonderen Herausforderungen der Bonner Polizei im Bereich der Bekämpfung der Einbruchskriminalität und des religiösen Extremismus sowie die leistungsmindernden Faktoren, wie beispielsweise der hohe Altersdurchschnitt, hoher Krankenstand und Verwendungseinschränkungen , finden bei der Berechnung der Sollstärken nach der Belastungsbezogenen Kräfteverteilung keine Berücksichtigung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6624 2 Mag die Einsatzstärke formal auf dem Papier ausreichend erscheinen, so reicht die Anzahl der tatsächlich einsatzfähigen Polizisten zum Schutz der Bonner Bevölkerung vor Kriminalität bei den vor Ort tatsächlich vorliegenden Gefährdungslagen nicht aus. Vorbemerkung der Landesregierung Maßgeblich für die Berechnungen im jährlichen Nachersatzverfahren sind unter anderem die durch die Kreispolizeibehörden (KPB) gemeldeten IST-Stärken zum 01.04. eines Jahres. Allein hierbei stellt sich die Ausgangssituation beim Polizeipräsidium (PP) Bonn zum 01.04. dieses Jahres um fast 29 Planstellen besser dar als zum selben Zeitpunkt des letzten Jahres . Darüber hinaus sind die durch die Behörde gemeldeten Belastungen (bspw. Inanspruchnahme von Elternzeiten, langfristige Abordnungen, eingeleitete Verfahren zur Feststellung der Polizeidienstfähigkeit) im Vergleich zum Vorjahr insgesamt zurückgegangen. Dies führte zu einer geringeren Nachersatzquote als im Jahr 2013. Die Personalausstattung des PP Bonn wies für den 01.10.2013 knapp 1.210 Planstellen für Beamtinnen und Beamte aus und damit fast 28 Planstellen mehr als zum selben Zeitpunkt in 2012 und insgesamt sogar ca. 47 Planstellen mehr als zum 01.10.2011. Auf Grundlage der im diesjährigen Nachersatz-/ Versetzungsverfahren bekannt gewordenen Personalabund -zugänge wird die Personalausstattung des PP Bonn zum 01.10. dieses Jahres voraussichtlich einen ähnlichen Wert wie im letzten Jahr ausweisen. Die Entwicklung der Altersstruktur in den KPB und insbesondere auch im PP Bonn wird seit Jahren genau beobachtet. Von daher werden dem PP Bonn seit dem Jahr 2011 auch gezielt junge Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte (PVB) zugewiesen. Der Anteil der unter 30jährigen PVB ist seitdem von ca. 4 % auf mehr als 10 % zum 01.10.2013 angestiegen. Dieser Weg soll auch in den nächsten Jahren konsequent fortgeschritten werden. Allerdings braucht es auf dem Weg zu einer insgesamt annähernd ausgewogenen Altersstruktur deutlich mehr Zeit. Die Bekämpfung der Wohnungseinbruchkriminalität ist ein Schwerpunkt der Kriminalstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Fallzahlen des Wohnungseinbruchs steigen seit 2010 nicht nur landesweit, sondern auch bundesweit stark an. Die Landesregierung hat daher bereits ab 2010 in allen KPB eine ganzheitliche Bekämpfungsstrategie umgesetzt. Seit Anfang 2014 ist landesweit ein erster positiver Trend zu erkennen. Dies gilt auch für den gesamten Polizeibezirk des PP Bonn. Im ersten Halbjahr, d.h. von Januar bis einschließlich Juni 2014, sank die Anzahl der bekannt gewordenen Wohnungseinbrüche im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 606 auf 1.247 Fälle. Beim Vergleich dieser Zeiträume in den Jahren 2011 bis 2014 zeigt sich folgende Entwicklung: Entwicklung der Wohnungseinbruchkriminalität im gesamten Polizeibezirk des PP Bonn (jeweils im ersten Halbjahr) bekannt gewor- dene Fälle aufgeklärte Fälle Aufklärungsquote in % 2011 1.277 213 16,68 2012 1.549 282 18,21 2013 1.853 188 10,15 2014 1.247 231 18,52 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6624 3 Die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus ist ein kriminal-strate-gischer Schwerpunkt der polizeilichen Aufgabenwahrnehmung. Hierzu trifft die Polizei in Nordrhein-Westfalen vielgestaltige Maßnahmen und gewährleistet einen hohen Ermittlungs- und Verfolgungsdruck auf Angehörige der islamistisch-salafistischen Szene in Nordrhein-Westfalen. Dies gilt auch für die entsprechende Szene in Bonn. 1. Sieht die Landesregierung durch das besondere Gefährdungspotential von Sa- lafisten einen höheren Personalaufwand in Bonn als notwendig an? Die Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität aller Phänomenbereiche durch den Polizeilichen Staatsschutz findet über festgelegte Parameter Eingang in die Berechnungen der Belastungsbezogenen Kräfteverteilung (BKV). Behördenspezifische Besonderheiten wie die Situation der islamistisch-salafistischen Szene in Bonn werden dabei in entsprechender Form abgebildet. 2. Wie ist der Krankenstand des Polizeipräsidiums Bonn im Vergleich zu anderen Polizeipräsidien? Das PP Bonn weist in der Krankenstatistik für das Jahr 2013 mit 9,09 % einen deutlich besseren Wert als 2012 (10,09 %) auf, der allerdings über dem Landesschnitt (8,00 %) aller Polizeibehörden liegt. Vier der achtzehn Polizeipräsidien weisen einen höheren Wert als das PP Bonn auf. 3. Wie hoch ist der Anteil von eingeschränkt verwendungsfähigen Polizisten im Vergleich zu anderen Polizeipräsidien? Der Anteil der verwendungseingeschränkten PVB des PP Bonn im Jahr 2013 lag mit 12,74 % deutlich unter dem Wert von 2012 (15,05 %). Vier der achtzehn Polizeipräsidien wiesen einen höheren Wert als das PP Bonn auf. Bei 6,08 % der PVB des PP Bonn liegt eine Verwendungseinschränkung über zwei Jahre vor (sog. dauerhafte Verwendungseinschränkung). Das PP Bonn liegt hiermit im Mittelfeld der 18 Polizeipräsidien. 4. Plant die Landesregierung aufgrund der besonderen Gefährdungslagen und der eingeschränkten Einsatzfähigkeit der Bonner Polizei eine überplanmäßige Verstärkung der Polizei analog zu den von Armutszuwanderung betroffenen Kommunen ? Wie bereits in der Beantwortung der Kleinen Anfrage 2260 (LT-Drs. 16/5933) dargelegt, erfolgt die Verteilung des Personals auf die Kreispolizeibehörden auf der Grundlage belastungsbezogener Kriterien. Hierzu gehört maßgeblich die landesweite Entwicklung des Kriminalitäts - und Verkehrsunfallgeschehens. Die Bekämpfung von Gefahren des religiösen Extremismus findet bereits umfassende Berücksichtigung in den Berechnungen der BKV (siehe Antwort zur Frage 1). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6624 4 5. Plant die Landesregierung in Zukunft besondere Gefährdungslagen wie die Gefahren des religiösen Extremismus und Einschränkungen der tatsächlichen Leistungsfähigkeit wie Krankenstand und eingeschränkte Verwendungsfähigkeit bei der Belastungsbezogenen Kräfteverteilung zu berücksichtigen? Siehe Antwort zur Frage 4.