LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6653 29.08.2014 Datum des Originals: 29.08.2014/Ausgegeben: 03.09.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2555 vom 24. Juli 2014 des Abgeordneten Dr. Gerhard Papke FDP Drucksache 16/6449 Bekämpfung der Herkulesstaude im Rhein-Sieg-Kreis Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 2555 mit Schreiben vom 29. August 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Bereits seit 2009 hat der Rhein-Sieg-Kreis flächendeckende Anstrengungen zur Bekämpfung der Herkulesstaude unternommen. Die auch unter dem Namen „Riesenbärenklau“ bekannte Pflanze hat sich in den vergangenen Jahren entlang der Sieg und ihrer Nebenbäche, an Straßen, Waldrändern und Grünflächen ausgebreitet. Die Staude setzt sich gegen heimische Pflanzen durch, da sie sehr früh im Jahr austreibt, über drei Meter groß wird und mit ihren großen, waagerechten Blättern anderen Pflanzen das Licht nimmt. Da sie zudem einen toxisch wirkenden Saft absondert und somit Gefahren für Mensch und Tier entstehen, kann ihre Verbreitung nicht hingenommen werden. Durch die konsequente Bekämpfung der Herkulesstaude konnte inzwischen eine weitere Vermehrung der Pflanze im Rhein-Sieg-Kreis verhindert, in einigen Bereichen sogar eine Reduzierung erreicht werden, heißt es laut Auskunft der Unteren Landschaftsbehörde. Um die gefährliche Pflanze dauerhaft zu beseitigen, rechnet man jedoch mit weiteren zehn Jahren Bekämpfung durch Rodung und den Einsatz von Herbiziden. Die Bezirksregierung Köln ist Gewässerunterhaltungszuständiger sowie Eigentümer weiterer 500 Hektar Fläche in diesem Bereich. Diese zeichnen sich durch besonders hohe Herkulesstaudenbestände aus. Bislang hat sich das Land Nordrhein-Westfalen zu seiner Verantwortung bekannt, auf seinen Flächen sowie an der Sieg die Herkulesstaude zurückzudrän- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6653 2 gen. Allein im Jahr 2013 hat die Rodung der Staude im Rhein-Sieg-Kreis rund 100 000 Euro gekostet, 75 Prozent dieser Kosten trug das Land Nordrhein-Westfalen. 1. Wie bewertet die Landesregierung die Gefahr einer weiteren Ausbreitung der Herkulesstaude in Nordrhein-Westfalen? Die Massenausbreitung der Herkulesstaude in Mitteleuropa begann in der Mitte des 20. Jahrhunderts und hat ausgehend vom Rand des Ballungsraumes Rhein-Ruhr auch die ländlich geprägten Landesteile Nordrhein-Westfalens wie das Münsterland und die Mittelgebirge erfasst. Die Art ist inzwischen landesweit verbreitet und gilt als eingebürgerte Pflanzenart. Die Ausbreitungswege der Herkulesstaude sind insbesondere Fließgewässer, Straßen und Bahnlinien, wo sie durch das fließende Wasser, Windverdriftung und im Profil von Reifen verbreitet wird. Bauaktivitäten, die mit Entblößung des Oberbodens und mit Erdtransporten verbunden sind sowie Nutzungsänderungen in der Landwirtschaft, aber auch Maßnahmen der Auenentwicklung (u.a. Entfesselung von Fließgewässern, Nutzungsaufgabe, freie Sukzession ufernaher Grünland- und Ackerflächen) begünstigen die Ansiedlung und Etablierung der Art. Durch eine rechtzeitige, systematische Bekämpfung der Herkulesstaude, die bei Einzelpflanzen und kleineren Beständen beginnt und sukzessive gewässerabwärts voranschreitet, können Naturschutzgebiete (bzw. besonders sensible Bereiche wie Quellregionen und Bachoberläufe ) erfolgreich von der Herkulesstaude freigehalten werden, was Landschaftsbehörden und Biologischen Stationen durch langjährigen Einsatz in vielen Fällen gelingt. Neben einer mechanischen Bekämpfung (v.a. Beseitigung des Vegetationskegels, Vernichtung abgeschnittener Blütenstände, Beweidung) mit meist hohem organisatorischen, finanziellen und personellen Aufwand in naturschutzfachlich besonders wertvollen Bereichen, in denen eine Herbizidanwendung nicht zulässig ist, trägt auch die gezielte Bekämpfung an Straßenrändern auf Grundlage der Allgemeinverfügung des Direktors der Landwirtschaftskammer NRW vom 19.11.2010 (Ausnahmegenehmigung zur Bekämpfung von Herkulesstaude und Staudenknöterich-Arten mit Pflanzenschutzmitteln im Straßenbegleitgrün) dazu bei, eine weitere Ausbreitung der Herkulesstaude einzudämmen. Eine ungehemmte, fortschreitende Ausbreitung Herkulesstaude entlang von Fließgewässern kann sich negativ auf die lokale biologische Vielfalt auswirken. Ein Aussterben heimischer Arten durch die sich ausbreitende Herkulesstaude ist nach Einschätzung des Landesamtes für Natur, Umwelt- und Verbraucherschutz NRW derzeit nicht zu befürchten. 2. Welche Mittel wurden in den zurückliegenden Jahren für Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Pflanze im Rhein-Sieg-Kreis bereitgestellt? Folgende Zuwendungen wurden im Rahmen der Förderung im Bereich des Umwelt- und Naturschutzes durch die Bezirksregierung Köln, Dezernat 51 im Rhein-Sieg-Kreis bewilligt: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6653 3 Empfänger Rhein-Sieg-Kreis Biologische Station im Rhein-Sieg-Kreis Jahr Landesmittel EU-Mittel Landesmittel EU-Mittel 2009 8.627,53 € 3.072,47 € 62.280,- € 20.270,- € 2010 8.627,53 € 3.072,47 € 62.280,- € 20.270,- € 2011 8.627,53 € 3.072,47 € 62.280,- € 20.270,- € 2012 39.000,- € 2013 75.000,- € Summe 139.882,59 € 9.217,41 € 186.840,- € 60.810,- € Landesmittel insgesamt 326.722,59 € EU-Mittel insgesamt 70.027,41 € Förderung insgesamt 396.750,- € 2009 bis 2011 erfolgte die Förderung nach Art. 57 ELER, nach Auslaufen der ELERFörderung (eine Verlängerung ist nicht möglich) 2012 und 2013 nach den Förderrichtlinien Naturschutz (FöNA). Für 2014 wurde vom Rhein-Sieg-Kreis kein Förderantrag gestellt. 3. Aus welchem Grund soll die Finanzierung dieser Maßnahmen eingestellt wer- den? Ein Einstellen der Förderung durch das Land Nordrhein-Westfalen ist nicht erfolgt und auch nicht vorgesehen. Die in den Jahren 2009 bis 2013 erfolgte Förderung aus Mitteln des Naturschutzhaushaltes ist aktuell im Rhein-Sieg-Kreis nicht fortgesetzt worden, da der RheinSieg -Kreis bislang noch keinen weiteren Förderantrag auf FöNA-Mittel gestellt hat und kein Konzept vorgelegt hat, in welchem Zeitraum diese Maßnahmen zu einem dauerhaften Erfolg führen. Derzeit steht die aktuell geltende Haushaltssperre des Landes einer möglichen Neubeantragung entgegen. 4. Welche Anstrengungen unternimmt das Land Nordrhein-Westfalen, um in dieser Frage länderübergreifend auch mit den rheinland-pfälzischen Behörden zusammenzuarbeiten ? Die länderübergreifende Zusammenarbeit findet in der Regel raum- und projektbezogen statt. Im Zusammenhang mit der Herkulesstauden-Bekämpfung im Rhein-Sieg-Kreis war die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord mit der Regionalstelle Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft , Bodenschutz in Montabaur (entspricht in etwa der Bezirksregierung in NRW) in die Beratungen einbezogen. 5. Warum liegt das vom Rhein-Sieg-Kreis 2013 bei der Bezirksregierung angemahn- te Gesamtkonzept immer noch nicht vor? Am 14.05.2014 fand ein Gespräch der Bezirksregierung Köln mit dem Rhein-Sieg-Kreis statt, in dem die künftige Aufgabenverteilung angesprochen und geklärt wurde. Ursprüngliche Überlegungen zur Erstellung eines Gesamtkonzeptes zur Herkulesstauden-Bekämpfung im Einzugsbereich von Sieg und Agger und zu einer konzeptionellen Koordinierungsrolle der LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6653 4 Bezirksregierung Köln werden vom Rhein-Sieg-Kreis und von der Bezirksregierung derzeit einvernehmlich nicht weiter verfolgt, da dies von der Zusage langfristiger Fördermittel durch das Land abhänge. Eine solche Förderzusage ggf. mit bindender Wirkung über die derzeitige Legislaturperiode hinaus kann das Land Nordrhein-Westfalen auch vor dem Hintergrund nur begrenzt zur Verfügung stehender Naturschutzmittel nicht geben. Somit bleibt es auch im Rhein-Sieg-Kreis weiterhin bei der Förderung sog. „kleiner Lösungen“ (Schwerpunkt: naturschutzfachlich wertvolle Bereiche), die der Kreis für sich zu verantworten hat und planen kann. Die Bezirksregierung Köln als höhere Landschaftsbehörde sieht eine koordinierende Rolle allenfalls insoweit, als es zu kreisübergreifenden Maßnahmen kommen sollte und die Koordination seitens der beteiligten Kreise gewünscht wird. Solche Wünsche sind bislang nicht an die Bezirksregierung herangetragen worden.