LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6667 02.09.2014 Datum des Originals: 01.09.2014/Ausgegeben: 05.09.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2545 vom 28. Juli 2014 des Abgeordneten Hanns-Jörg Rohwedder PIRATEN Drucksache 16/6426 Verarbeitung nicht landwirtschaftlicher Abfälle in Biogasanlagen in NRW Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 2545 mit Schreiben vom 1. September 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Justizminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Aus niedersächsischen Presseberichten und einer Mitteilung des niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz geht hervor, dass die Staatsanwaltschaft dort Ermittlungen wegen des Verdachts der Verarbeitung von gefährlichen Abfällen in niedersächsischen Biogasanlagen eingeleitet hat. Es besteht der Verdacht, dass in mehreren Landkreisen illegaler Giftmüll aus den Niederlanden wie Klärschlämme, Lackschlämme und Rückstände aus der Klebstoffproduktion in Biogasanlagen kostengünstig entsorgt wurden. Ein Abfallrecyclingbetrieb soll die Abfälle bei Abfallerzeugern in den Niederlanden abgeholt, vermischt und an die Biogasanlagen geliefert haben. Dabei wurden die formellen Voraussetzungen für eine Abfallverbringung aus dem EU-Ausland nach Deutschland ignoriert. Inputkontrollen bei Biogasanlagen finden in Niedersachsen nicht systematisch oder regelmäßig , sondern höchstens anlassbezogen statt. Outputkontrollen müssen die Anlagenbetreiber pro 2.000 Tonnen Inputmaterial durchführen lassen. In der Mitteilung des Ministeriums heißt es, dass gefährliche Abfälle im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes für die Verwertung in Biogasanlagen von der Genehmigungsbehörde nur mit Zustimmung des Ministeriums zugelassen werden dürfen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6667 2 Gärreste aus Biogasanlagen werden zur Düngung auf landwirtschaftliche Flächen aufgebracht . Wenn sie umweltschädliche Stoffe enthalten, besteht die Gefahr schwerer Verseuchungen von Böden und Wasser. 1. Welche Regelungen gelten in Nordrhein-Westfalen für die „Entsorgung“ von Ab- fällen in Biogasanlagen, die nicht aus der Landwirtschaft stammen? 2. Welche Regelungen gelten in Nordrhein-Westfalen für die In- und Outputkontrol- len von Biogasanlagen? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. In Nordrhein-Westfalen werden rund 600 Biogasanlagen betrieben, in denen zu rund 95% ausschließlich für die Vergärung angebaute Pflanzen (i.d.R. Mais) und/oder Wirtschaftsdünger eingesetzt werden. In den restlichen Anlagen werden auch Bioabfälle eingesetzt. Biogasanlagen, die Bioabfälle einsetzen, unterliegen dem Baurecht und dem Immissionsschutzrecht . In Abhängigkeit von der Biogasanlage, insbesondere der Durchsatzkapazität, kann eine Genehmigung im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erforderlich sein. Bei der Vergärung von Abfällen entstehen Gärsubstrate, die in der Regel landwirtschaftlich verwertet werden. Diese Verwertung muss den Anforderungen des Abfall- und des Düngerechts entsprechen. Die Bioabfallverordnung enthält Anforderungen an die Behandlung, Beschaffenheit , Kontrolle von Bioabfällen sowie Dokumentations- und Nachweispflichten. Die Düngemittelverordnung regelt das Inverkehrbringen von Düngemitteln und beinhaltet Regelungen zur Beschaffenheit und Kennzeichnung von Düngemitteln. 3. Falls in Nordrhein-Westfalen gefährliche Abfälle im Sinne des Kreislaufwirt- schaftsgesetzes für die Verwertung bzw. Beseitigung in Biogasanlagen zugelassen werden können: Wer ist für Zulassung und Überwachung zuständig? 4. Falls Zulassungen oder Genehmigungen wie in Frage 3 erteilt wurden: Wie viele derartige Zulassungen / Genehmigungen gab es in den letzten 10 Jahren, aufgeschlüsselt nach Kreisen? Die Fragen 3 und 4 werden gemeinsam beantwortet. Gefährliche Abfälle werden in der Regel nicht in Biogasanlagen eingesetzt. In der Vergangenheit wurde ausnahmsweise als gefährlicher Abfall deklariertes Glycerin aus der Herstellung von Biodiesel als Einsatzstoff zugelassen . Mit der Novelle 2012 wurde Glycerin aus der Herstellung von Biodiesel als grundsätzlich zulässiger Bioabfall in die Verordnung aufgenommen. Die Bioabfallverordnung enthält eine Liste von grundsätzlich geeigneten Bioabfällen. Wenn im Einzelfall ein nicht in dieser Liste aufgeführter Abfall zugelassen werden soll, so unterliegt dieser vollständig den Regelungen der Bioabfallverordnung und der Düngemittelverordnung. Das Land Nordrhein-Westfalen hat keine gesonderten Regelungen zur Zulassung von gefährlichen Abfällen getroffen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6667 3 5. Welche Fälle illegaler Entsorgung umweltkritischer Stoffe aus dem In- und Ausland in nordrhein-westfälischen Biogasanlagen wurden der Landesregierung in den letzten 10 Jahren bekannt? Im Zusammenhang mit den PFT-Funden in der Ruhr im Jahr 2006 sind einzelne Fälle bekannt geworden, in denen PFT-haltige Abfälle in Biogasanlagen eingesetzt worden waren. Auf Veranlassung von Nordrhein-Westfalen haben die Umweltminister- und die Agrarministerkonferenz im Jahr 2006 Beschlüsse zur Verschärfung der Bioabfall– und der Düngemittelverordnung gefasst. In der Folge wurden in der Bioabfallverordnung die Dokumentationsund Nachweispflichten ausgeweitet, um eine bessere Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten. In die Düngemittelverordnung wurde ein Grenzwert für PFT (Summe aus Perfluoroctansäure (PFOA) und Perfluoroctansulfonat (PFOS)) aufgenommen. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 2471 (Drucksache 16/6458) verwiesen .