LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6757 10.09.2014 Datum des Originals: 10.09.2014/Ausgegeben: 15.09.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2591 vom 11. August 2014 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/6547 Zinsersparnis ohne Einfluss auf klamme Kommunen in Nordrhein-Westfalen? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2591 mit Schreiben vom 10. September 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Europäische Zentralbank hatte ihre Leitzinsen für die Euro-Zone in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesenkt, um den Krisenstaaten unter die Arme zu greifen und die Kreditvergabe in der Peripherie des Währungsraums anzukurbeln. Diese Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank sorgt für die öffentlichen Haushalte für eine erhebliche Entlastung, auch für die nordrhein-westfälischen Kommunen. Denn von den Niedrigzinsen profitieren vor allem jene Kommunen, die ohnehin besonders klamm sind. Weil sie häufig kurzlaufende Kredite aufgenommen haben – sog. Kassenkredite, spüren sie die Zinserleichterungen schneller und stärker als jene Städte, die kaum Verbindlichkeiten haben. Doch das erhöht nicht ihren Ausgabespielraum: "Viele Städte sind dann eben nur ein bisschen weniger pleite", sagt Finanzexperte Geißler. Einige Gemeinden versuchen deshalb, die Niedrigzinsphase möglichst weit in die Zukunft zu strecken. So platzierte die Stadt Offenbach im Juni eine über zehn Jahre laufende 140 Millionen Euro schwere Anleihe bei einem Investor, um einen Großteil der städtischen Kassenkredite abzulösen . Der Offenbacher Kämmereileiter will sich so vor steigenden Zinsen wappnen. Mit dem Geld will die Stadt Kassenkredite ablösen und sich gegen steigende Zinsen absichern. Dafür nahm sie einen „strategischen Preis“ – sprich höhere Zinsen als bei einem Kommunalkredit – in Kauf. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6757 2 Im Mai hatten die Städte Bielefeld (Volumen: 90 Millionen Euro, drei Tranchen mit Laufzeiten von fünf, sieben und zehn Jahren) und Leipzig (Volumen: 28 Millionen Euro, 20 Jahre Laufzeit ) ihr Debüt am Schuldscheinmarkt gegeben. Die Stadt Leipzig hatte sich für ein Schuldscheindarlehen entschieden, weil es am günstigsten war – es war etwa 0,1 Prozentpunkte günstiger als das entsprechende Kommunaldarlehen. „Die Zinsersparnis über die gesamte Laufzeit beträgt rund 280.000 Euro“, sagte das Dezernat Finanzen im Frühjahr. Die HSBC geht davon aus erwarten, dass die Kommunen bis zu 30 Prozent ihres Finanzierungsbedarfes über Kapitalmarktinstrumente abdecken werden. Trotz der historisch niedrigen Zinsen steigen aber gerade in Nordrhein-Westfalen die Kassenkredite immer weiter. Zum Ende des 1. Quartals 2014 beliefen sich die Kassenkredite der Kommunen in Nordrhein-Westfalen auf fast 26 Milliarden Euro. (25,958 Mrd. Euro). Nach Angaben von IT.NRW beliefen sich die Liquiditätskredite der nordrhein-westfälischen Gemeinden und Gemeindeverbände zum 31.12.2013 auf insgesamt 25,3 Mrd. Euro. Gegenüber dem Schuldenstand zum 31.12.2012 entspricht dies einer Zunahme um 1,79 Mrd. Euro bzw. 7,6 Prozent. Die Liquiditätskredite der nordrheinwestfälischen Kommunen sind im vergangenen Jahr somit stärker gestiegen als noch 2012 (+1,37 Mrd. Euro bzw. 6,2 Prozent). Mittlerweile halten die nordrhein-westfälischen Kommunen weit mehr als die Hälfte der bundesweiten Kassenkredite. 1. Wie bewertet die Landesregierung die Einsparungen der Kommunen durch die derzeitigen Niedrigzinsen? 2. In welcher konkreten Höhe haben die Kommunen durch das niedrige Zinsniveau Einsparungen in den Haushalten erreichen können? 3. Wie bewertet die Landesregierung die Einsparungen der 61 Stärkungspaktkom- munen durch die Niedrigzinsen, angesichts des Anstiegs der Kassenkredite von 1,219 Mrd. Euro/ 8,4% seit dem Jahr 2011? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 bis 3 gemeinsam beantwortet. Die Kommunen sind für die Beschaffung der notwendigen Finanzierungsmittel im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung eigenverantwortlich zuständig und unterliegen dabei weder einer Anzeige- noch einer Genehmigungspflicht. Der Landesregierung liegen daher keine Informationen vor, in welcher konkreten Höhe in den einzelnen Kommunen bzw. Stärkungspaktkommunen Einsparungen durch das aktuell bestehende niedrige Zinsniveau erzielt werden. Grundsätzlich hat das niedrige Zinsniveau jedoch zweifellos zu einer Entlastung der kommunalen Haushalte beigetragen. In 2013 lagen die Zinsausgaben der nordrhein-westfälischen Kommunen mit insgesamt 1,2 Mrd. Euro mehr als 600 Mio. Euro unter den Zinsausgaben von 2008 (1,8 Mrd. Euro). Bezogen auf die Stärkungspaktgemeinden sind die Zinsausgaben in demselben Zeitraum von rund 800 Mio. Euro auf ca. 500 Mio. Euro gesunken. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6757 3 4. Wie bewertet die Landesregierung die Notwendigkeit von Kommunen, sich per Anleihen und Schuldscheindarlehen gegen Zinsanstiege abzusichern? Die Landesregierung beteiligt sich nicht an Spekulationen zur Zinsentwicklung. Der vom Ministerium für Inneres und Kommunales herausgegebene Krediterlass eröffnet weitgehende Spielräume, das Portfolio auf mögliche zukünftige Zinssteigerungen einzustellen. Für die konkrete Umsetzung sind die Gemeinden und Gemeindeverbände im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung für ihr Schulden- und Liquiditätsmanagement eigenverantwortlich zuständig. 5. Sieht die Landesregierung aufgrund der stärkeren Nachfrage nach Anleihen und Schuldscheindarlehen von Kommunen die Notwendigkeit der Erweiterung der aufsichtsrechtlichen Möglichkeiten, um möglichen Gefahren und Risiken zu begegnen ? Nein.