LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6768 11.09.2014 Datum des Originals: 11.09.2014/Ausgegeben: 16.09.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2548 vom 28. Juli 2014 des Abgeordneten Rainer Deppe CDU Drucksache 16/6429 Schadensbilanz des Auswilderungsprojektes Wisent-Wildnis-Wittgenstein im Rothaargebirge Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 2548 mit Schreiben vom 11. September 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Mit der Öffnung des Zauns des 88 ha großen Auswilderungsgeheges im April 2013 startete das Freilandexperiment zur Wiederansiedelung des Wisents im Rothaargebirge. Nach Aussagen des Trägervereins, soll der mit 8 Tieren gestartete Freilandversuch in den kommenden Jahren zu einer eigenen Wisentpopulation von 25 Tieren heranwachsen. Gegenüber der Öffentlichkeit hatte der Trägerverein kommuniziert, die Tiere würden auf ein ca. 4.300 ha großes, im privaten Eigentum eines der Initiatoren stehendes Waldgebiet entlassen. Derzeit ziehen die größten Landsäugetiere Europas noch durch ein kleines Gebiet in Nordrhein -Westfalen. Schon jetzt erstreckt sich ihr derzeitiger Lebensraum nicht nur auf das Areal des Initiators und auf Waldflächen im Eigentum des Landes Nordrhein-Westfalen, sondern auch auf Wälder unbeteiligter privater Waldeigentümer. Zum Nahrungsspektrum dieses Wildrindes gehört unter anderem die Rinde von Bäumen, so dass es in den Wäldern zu Schälschäden kommt. Teilweise wurden diese über einen Trägerverein bzw. über eine Versicherung entschädigt. Betroffene Waldbauern beklagen hierbei, dass diese Schäden nicht unerheblich seien und nicht ausreichend ersetzt würden. Von den Schälschäden betroffen seien nicht nur die privaten Waldbauern, sondern auch der landeseigene Wald. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6768 2 Vorbemerkung der Landesregierung Im Kreis Siegen Wittgenstein wurden nach einer mehrjährigen Gehegephase 8 Wisente freigesetzt . Ziel des Projektes ist die dauerhafte Etablierung einer frei laufenden Wisentherde im Rothaargebirge. Wisente sind Pflanzenfresser und nehmen als solche auch Raufutter einschließlich Baumrinde zu sich, wodurch Bäume beschädigt werden und bisweilen sogar absterben können – vergleichbar den Schäden durch Rot- und Sikawild. In naturnahen Ökosystemen ist dies ein integrierter Bestandteil von Erneuerungsprozessen des Waldes. In Wirtschaftswäldern stellt die Beschädigung von Bäumen einen wirtschaftlichen Schaden dar, da hierdurch insbesondere die Holzqualität leidet. Da die Wisente zurzeit nicht herrenlos sind, haftet der Trägerverein Wisent-Welt-Wittgenstein e.V. als Eigentümer und Tierhalter für auftretende Sach- und Personenschäden. Alle wirtschaftlichen Schäden an Waldflächen nicht projektbeteiligter Waldbesitzer wurden bislang aus den Leistungen einer Versicherung und durch den Trägerverein beglichen. 1. Wie hoch sind die Schälschäden bei den Forsten der öffentlichen Hand, die durch den Wisent verursacht wurden, bitte um detaillierte Auflistung (Kosten, Anzahl der Bäume, Forstreviere etc.)? Gemäß dem Bericht des Landesbetriebes Wald und Holz NRW wurde bis zum Frühjahr 2014 im Forstbetriebsbezirk Schanze ein Schadensbetrag in Höhe von rund 22.000 Euro berechnet . Es wurden 1200 geschädigte Bäume gezählt, davon 90 % Buchen. 2. Wie hoch sind die Schälschäden bei den privaten Waldbesitzern, die durch den Wisent verursacht wurden, bitte um detaillierte Auflistung (Kosten, Anzahl der Bäume, betroffene Waldbesitzer etc.)? Bis zum 30.06.2014 sind in Privatwäldern Schäden in Höhe von rund 11.800 Euro abgerechnet worden. Eine Aufteilung der Schäden ist dem Land nicht bekannt. 3. Mit welchem monetären Schadensaufkommen wird in der Zukunft bei einer wachsenden Wisentpopulation zu rechnen sein (aufgeschlüsselt nach Schadensaufkommen innerhalb und außerhalb des Projektgebietes)? Eine Schadensprogrose kann zurzeit nicht getätigt werden, da das Raumnutzungsverhalten der Wisente noch nicht ausreichend lange beobachtet worden ist. 4. Ist es richtig, dass die mit dem Trägerverein abgeschlossene Haftpflichtversiche- rung, die zur Begleichung der durch das Wisentprojekt entstehenden Personen und Sachschäden abgeschlossen wurde, zukünftig nicht mehr dafür aufkommen wird? Bis Ende Juni 2014 wurden die Schäden aus einer Versicherung beglichen. Wegen des ausgelaufenen Versicherungsschutzes werden die Schäden seit Juli durch den Trägerverein beglichen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6768 3 5. Inwieweit ist damit zu rechnen, dass zukünftig das Land Nordrhein-Westfalen vollständig und dauerhaft für Schäden durch Wisente aufkommen wird? Das Land unterstützt und begleitet das Auswilderungsprojekt. Der bisherige Verlauf ist erfolgversprechend und für ein dichtbesiedeltes Land für den Artenschutz von großer Bedeutung . Die aktuellen rechtlichen Auseinandersetzungen dürfen dieses einzigartige und anspruchsvolle Artenschutzprojekt nicht gefährden. Die Landesregierung nimmt die Sorgen der Waldbesitzer ernst und wird weiterhin daran mitwirken , verträgliche Lösungen für eine umfassende Akzeptanz dieses Projektes auch in Zukunft zu finden. Daher hat in der ersten Septemberwoche ein Gesprächstermin mit allen Beteiligten stattgefunden, um Lösungen zur Regulierung von möglichen Schäden zu finden.