LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6826 19.09.2014 Datum des Originals: 18.09.2014/Ausgegeben: 24.09.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2621 vom 22. August 2014 der Abgeordneten Kai Abruszat und Mark Lürbke FDP Drucksache 16/6614 JVA Büren – hat die Landesregierung kein schlüssiges Konzept? Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 2621 mit Schreiben vom 18. September 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Neue Westfälische vom 20.08.2014 spricht von einer „Hängepartie“. Das Mindener Tageblatt vom 21.08.2014 bewertet, „die Verantwortlichen im Düsseldorf Innen- und Justizministerium stecken in der Bredouille“. In der Tat ist der fatale Eindruck entstanden, dass die Landesregierung kein vorbere itetes Konzept erarbeitet hat, wie ggfls. mit einer absehbaren, höchstrichterlichen En tscheidung umzugehen ist, die das „einzige Abschiebegefängnis von NordrheinWestfalen “ (Neue Westfälische, 20.08.2014) in Büren (Kreis Paderborn) in Frage stellt. Presseberichten zufolge gibt es jetzt eine - für das in Haushaltsschieflage stehende Land NRW aus Sicht der Fragesteller nicht hinnehmbare - Situation, wonach 150 Bedienstete für lediglich rd. 160 Insassen tätig sein sollen, von denen die meisten als sog. „Kleinkriminelle“ nur Freiheitsstrafen von unter drei Monaten verbüßen, die der Justizminister eigentlich eher außerhalb der JVA´s für gemeinnützige Arbeiten heranziehen will. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6826 2 1. Warum war die Landesregierung auf die möglichen, für viele absehbaren höchstrichterlichen Entscheidungen des EuGH bzw. BGH zur Abschiebehaft völlig unvorbereitet ? Die höchstrichterlichen Entscheidungen stellen unter anderem fest, dass nach dem Wortlaut der EU-Rückführungsrichtlinie die Inhaftierung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger zum Zwecke der Abschiebung grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen erfolgen müsse. Die Auffassung der Landesregierung, dass die JVA Büren den Anforderungen dieser Richtlinie entsprach, hat der überwiegende Teil der obergerich tlichen Rechtsprechung in Nordrhein-Westfalen mehrfach bestätigt, so zuletzt noch das Landgericht Köln mit Beschluss vom 8. Juli 2014 (34 T 122/14 LG Köln) und das Landgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 15. Juli 2014 (25 T 300/14). Für den Fall, dass der Bundesgerichtshof (BGH) diese Rechtsprechung korrigieren sollte, hat das für den Vollzug von Abschiebungshaft federführende Ministerium für Inneres und Kommunales schon frühzeitig die Bereitschaft anderer Länder ausgelotet, die nordrhein-westfälischen Ausländerbehörden generell oder im Einzelfall zu unterstützen. Der Beschluss des BGH vom 25. Juli 2014 (V ZB 137/14), auf den sich die Frage vermutlich bezieht, traf die Landesregierung gut vorbereitet. 2. Welches tragfähige Nutzungskonzept für die Zukunft hat die Landesregierung für die vor ca. 20 Jahren noch für mehrere Millionen Euro ausgebaute JVA Büren konkret? Die durch die höchstrichterliche Rechtsprechung herbeigeführte Situation gibt Anlass zu grundsätzlichen konzeptionellen Überlegungen hinsichtlich der künftigen Gesta ltung der Abschiebungshaft, und zwar sowohl hinsichtlich Art und Umfang der räuml ichen und personellen Ausstattung als auch mit Blick auf die künftige Organisation des Vollzugs sowie mögliche länderübergreifende Kooperationen. Dieses Konzept ist aktuell Gegenstand intensiver Prüfungen sowie von Gesprächen zwischen allen bete iligten Stellen. 3. Vor dem Hintergrund der in der Vorbemerkung erwähnten Presseberichterstat- tung, aus welcher auch hervorgeht, dass die JVA Büren derzeit zu „mehr als zwei Dritteln leer stehen“ soll - welche konkrete Belegung gibt es eigentlich derzeit in der JVA Büren genau (bitte detailliert darstellen)? Die Belegungsfähigkeit der JVA Büren beträgt 535 Haftplätze, davon 384 für den Bereich der Abschiebungshaft, von denen 258 belegbar und 126 nicht belegbar sind, sowie 151 für den Bereich der Strafhaft. Seit der Verlegung der Abschiebungshaftgefangenen am 26. Juli 2014 wird die JVA Büren ausschließlich für den Vollzug von Strafhaft genutzt. Im Monat August 2014 betrug die höchste Belegung 155, die niedrigste Belegung 139 und die Durchschnittsbelegung 145,53 Haftplätze. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6826 3 4. Welches Personalentwicklungskonzept hat die Landesregierung für die JVA Bü- ren eigentlich erarbeitet (bitte in diesem Zusammenhang auch detailliert darstellen , in welcher Weise die Bediensteten angesichts der offenbar geringen derzeitigen Auslastung z.Zt. eingesetzt werden bzw. eingesetzt werden sollen)? Das künftige Personalentwicklungskonzept ist abhängig von dem noch zu verabschiedenden Nutzungskonzept. Sobald dieses vorliegt, wird die Landesregierung die personalpolitischen Folgeentscheidungen und Notwendigkeiten in der bewährten Weise mit den zuständigen Berufs- und Personalvertretungen erörtern und dabei auf sozialverträgliche Lösungen achten. Die Justizvollzugsbediensteten werden in dem Bereich der Strafhaft eingesetzt und dort auch benötigt. Die Beschäftigten des externen Dienstleisters waren für einen Übergangszeitraum in dem vertraglich vereinbarten Mindestumfang im Wesentlichen für Objektbewachungsund Sicherungsaufgaben sowie Aufräum-, Renovierungs- und Gestaltungsarbeiten tätig. Aktuell werden keine Kräfte privater Dienstleister mehr in der JVA Büren eingesetzt . 5. Wie beurteilt die Landesregierung ihr Verhalten bzgl. der eingetretenen Entwick- lung bei der JVA Büren vor dem Hintergrund der prekären Haushaltslage bzw. der erlassenen Haushaltssperre? Die Landesregierung sieht in ihrer Gesamtverantwortung die aktuell noch andauernde intensive Prüfung als unerlässlich an, um eine aufenthalts- und haushaltsrechtlich überzeugende Entscheidung über die mittel- und langfristige Weiterverwendung der JVA Büren treffen zu können.