LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6902 29.09.2014 Datum des Originals: 26.09.2014/Ausgegeben: 02.10.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2601 vom 15. August 2014 der Abgeordneten Christina Schulze Föcking CDU Drucksache 16/6568 Überwachung tierärztlicher Hausapotheken Bewährte Aufgabenwahrnehmung beibehalten Der Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 2601 mit Schreiben vom 26. September 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Landesregierung plant eine entscheidende Veränderung bei den Zuständigkeiten zur Überwachung tierärztlicher Hausapotheken. Zukünftig sollen nicht mehr die über genaue Kenntnisse der jeweiligen Strukturen vor Ort verfügenden Ämter für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung der Kreisordnungsbehörden dafür zuständig sein. Stattdessen beabsichtigt die Landesregierung die Verlagerung dieser Aufgabe zentral auf das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV). Das erforderliche Personal soll zwar dezentral stationiert werden. Als zentraler Standort ist aber ausweislich der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2242 (Drs. 5936) Recklinghausen vorgesehen. Damit werden die Prinzipien der kurzen Wege, der durchgängigen Vernetzung und der Kontrolle vor Ort durchbrochen. Die Einrichtung der neuen Kontrollstruktur ist mit deutlich höheren Kosten verbunden. Es wird zusätzliches Personal eingestellt werden müssen und durch die zurückzulegenden langen Wegstrecken von den einzelnen Standorten werden im Flächenland Nordrhein- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6902 2 Westfalen erhebliche Fahrtkosten anfallen. Diese Fahrten bedeuten zudem einen erheblichen Mehrausstoß von C02. Finanziert werden soll dieser bürokratische und fachlich fragwürde Mehraufwand durch eine Erhöhung der von den niedergelassenen Tierärzten zu zahlenden Gebühren. So möchte das Ministerium nach meinem Kenntnisstand bis zu 12.000 Euro für eine Kontrolle erheben können . Vor dem Hintergrund, dass ca. 75% der in Nordrhein-Westfalen niedergelassenen Tierärzte alleine in ihrer Praxis tätig sind und 60% der niedergelassenen Tierärzte ausschließlich im Bereich der Kleintiere praktizieren, wird diese eklatante Gebührenerhöhung für eine erhebliche wirtschaftliche Verschlechterung der Praxen führen, die nicht aufgefangen werden kann. Mitarbeiterentlassungen und Praxisschließungen sind zu befürchten. Die flächendeckende tierärztliche Versorgung, gerade im ländlichen Raum, ist gefährdet. Große Praxen werden zukünftig die bislang gut funktionierende kleinstrukturierte Praxislandschaft ersetzen. Vorbemerkung der Landesregierung Wie bereits in der Antwort auf die Kleine Anfrage 2242 (Drucksache 16/5036) ausgeführt, sollen mit der Überführung der Zuständigkeit für die Überwachung der tierärztlichen Hausapotheken auf das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) die Überwachungsstandards vereinheitlicht werden. Während bisher die zu erwartenden SynergieEffekte bei der Bündelung der Überwachungsaufgaben in den Bereichen Tiergesundheit, Tierarzneimittel und Tierschutz maßgeblich für eine Delegation der Aufgabe auf die Kreisordnungsbehörden sprachen, hat sich durch die Entwicklung der Antibiotika-Resistenzen, an der auch die derzeitige Praxis der Nutztierhaltung ihren Anteil hat, ein Fokuswechsel ergeben . Die gesamtgesellschaftliche Bedeutung des Phänomens der Antibiotika-Resistenz verlangt nunmehr eine eigenständige behördliche Betrachtung der Tierarzneimittel und insbesondere der tierärztlichen Hausapotheken als Schlüsselstelle für deren Abgabe. 1. Welche Standorte zur Überwachung der tierärztlichen Hausapotheken werden zukünftig neben Recklinghausen eingerichtet? Über Standorte, an denen das Überwachungspersonal angesiedelt werden soll, wurde noch keine abschließende Entscheidung getroffen. 2. Warum werden die kommunalen Überwachungsämter vor Ort, in denen qualifi- ziertes, engagiertes und erfahrenes Personal konzentriert ist, und denen die Überwachung der gesamten Lebensmittelkette obliegt, von der Überwachung tierärztlicher Hausapotheken ausgenommen? Zur Beantwortung dieser Frage wird auf die Vorbemerkung verwiesen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6902 3 3. Inwieweit hat die Landesregierung Kenntnis von größeren Versäumnissen und Verstößen bei der Überwachung tierärztlicher Hausapotheken, die auf eine Insuffizienz der bestehenden Strukturen schließen lassen, so dass eine Änderung der bestehenden Strukturen im Sinne der jetzt angedachten Lösung zwingend erforderlich ist? Gemäß § 64 Absatz 3a des Arzneimittelgesetzes sind die etwa 1870 in Nordrhein-Westfalen angemeldeten tierärztlichen Hausapotheken in der Regel alle zwei Jahre zu überprüfen. Nach einer entsprechenden Risikobewertung, in die z. B. die Größe der Hausapotheke, die Ergebnisse vorheriger Kontrollen und das Spektrum der Patienten einfließen kann, sind Überprüfungsintervalle von bis zu drei Jahren denkbar. Für die Jahre 2011 und 2012 betrug die durchschnittliche Kontrollquote für das gesamte Land 432 Hausapotheken und unterschritt damit deutlich den gesetzlich vorgesehenen Umfang. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 4. Mit welchen zusätzlichen Kosten (Personal-, Sach-, Fahrtkosten etc.) durch die beabsichtigte Neuregelung rechnet die Landesregierung? Die für die Überwachung tierärztlicher Hausapotheken erforderlichen Ausgaben sollen in voller Höhe durch Gebühren finanziert werden. Die Kosten für die Bearbeitung von Ordnungswidrigkeiten und Strafverfahren im Zusammenhang mit der Überwachung von tierärztlichen Hausapotheken sowie die Sachkosten werden vorläufig mit 94.300 Euro veranschlagt. Mit der Übernahme der Überwachung tierärztlicher Hausapotheken durch das Land werden die Kreise und kreisfreien Städte von dieser Aufgabe und dem damit verbundenen Aufwand entlastet. 5. Inwieweit geht die Landesregierung, bedingt durch die enorme Erhöhung der Untersuchungsgebühren, von einer Veränderung der Strukturen der tierärztlichen Praxislandschaft aus? Das Gebührengesetz NRW regelt in § 9 Absatz 1 Nummer 1 das Kostendeckungsprinzip. Die Gebühren sind anhand des Aufwands für die jeweilige Amtshandlung zu bemessen. In § 9 Absatz 1 Nummer 2 wird mit dem sogenannten Äquivalenzprinzip darüber hinaus geregelt, dass über den Verwaltungsaufwand hinaus weitere Gesichtspunkte in die Berechnung der Gebührenhöhe einfließen können, sofern nicht ein Rechtsakt der Europäischen Gemeinschaften vorschreibt, dass eine Gebühr nicht den Verwaltungsaufwand übersteigen darf. Die im Rahmen der Überwachung zu erhebenden Gebühren werden sich daher künftig nach den tatsächlich entstandenen Kosten richten. Die Kosten der Überwachung tierärztlicher Hausapotheken werden vornehmlich vom Zeitaufwand bestimmt, der im Zusammenhang mit der Größe und dem Umsatz der tierärztlichen Hausapotheke, aus der die Tierarztpraxen einen erheblichen Teil ihres Einkommens generieren , steht. Die Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Kosten bleibt somit gewahrt. Insofern ist eine deutliche Spreizung der entsprechenden Gebührenspanne von jetzt 50 - 2.000 € auf 50 - 12.000 € im Zuge der nächsten Änderung der Allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung beabsichtigt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zur Struktur im Veterinärwesen für das Jahr 2011 betrug seinerzeit der Umsatzdurchschnitt 285.000 € bei einem Personal- und Sachmittelaufwand von 61,4 %. Die Ausschöpfung der Höchstgebühr kann aber nur vereinzelt für solche tierärztlichen Praxen in Betracht kommen, die aufgrund eines sehr hohen Umsatzes in der tierärztlichen Hausapotheke einen entsprechenden Überwa- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6902 4 chungsaufwand erfordern. Diese dürften mit ihrem wirtschaftlichen Ergebnis also auch weit oberhalb des genannten Durchschnittswerts liegen. Insofern geht die Landesregierung auch nicht von einer Veränderung der Praxisstrukturen aus, die ursächlich auf die zukünftig zu erhebenden Überwachungsgebühren zurückzuführen sind.