LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/6976 06.10.2014 Datum des Originals: 06.10.2014/Ausgegeben: 09.10.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2672 vom 12. September 2014 des Abgeordneten Marc Lürbke FDP Drucksache 16/6773 Warum nutzt NRW immer noch nicht flächendeckend funktionierende Bevölkerungswarnsysteme? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2672 mit Schreiben vom 6. Oktober 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Bürger und Bürgerinnen in Nordrhein-Westfalen müssen in ausreichendem und zuverlässigem Maß bei Naturkatastrophen und sonstigen Großschadensereignissen über notwendige Maßnahmen zum Schutz von Leben und Hab und Gut informiert werden. Immer wieder vorkommende Großbrände mit entsprechenden Emissionen giftiger Stoffe und Rauchwolken machen dies ebenso deutlich wie beispielsweise das verheerende Pfingstunwetter im Rheinland vom 09. Juni oder der Starkregen im Regierungsbezirk Münster vom 29. Juli diesen Jahres. Der Rückbau der Warnsirenen nach dem Ende des Kalten Krieges, die veränderte Bebauung und der Wandel der Lebensgewohnheiten der Menschen einerseits sowie Fortschritte in Technik und Verbreitung von Kommunikationsmitteln andererseits haben verschiedenste Initiatoren in Bund, Ländern, Wissenschaft und Industrie in den letzten Jahren dazu veranlasst, sich mit der Entwicklung moderner Warnsysteme zu befassen. Die Landesregierung NRW treibt nach eigener Aussage vom 02. November 2012 als Empfehlung für die Kommunen das System MoWaS voran (siehe LT- Drucksache 16/1293), ein umfassendes System, das alle erdenklichen Warnmöglichkeiten wie noch existierende Sirenen, Rauchwarnmelder, Mobilfunk und Katwarn, das heißt das Warnsystem der öffentlichen Versicherer, integriert. MoWas wird in NRW zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht flächendeckend eingesetzt. Innenminister Jäger hat am 23. Juni diesen Jahres angekündigt, voraussichtlich im Herbst diesen Jahres werde das Installieren einer Warn-App möglich sein, welche alle Warnungen offizieller Stellen vereine (siehe Bericht des Innenministers vom 23. Juni 2014 für die Sitzung des Innenausschusses am 26. Juni 2014 zum TOP „Pfingstunwetter in NRW“). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6976 2 Das System Katwarn ist dagegen bereits in vielen Bereichen in Deutschland erfolgreich im Einsatz, in mittleren Städten und Landkreisen wie Paderborn sowie in den Millionenstädten Hamburg, Berlin und -seit vergangener Woche- München. Die öffentlichen Versicherer stellen im Rahmen ihrer Gemeinwohlverpflichtung das System den Landkreisen und kreisfreien Städten nahezu kostenlos zur Verfügung. Das Bundeministerium für Verkehr nutzt Katwarn durch den Deutschen Wetterdienst DWD deutschlandweit erfolgreich. Nach Angaben der industriellen Forschung haben viele Kommunen unterschriftsreife Nutzungsverträge öffentlicher Versicherer vorliegen, würden aber durch verwirrende Aussagen und Investitionen des Innenministeriums beim Anschluss an Katwarn gebremst. Von dem noch in der Erprobung befindlichen MoWaS-System habe das Innenministerium dagegen zehn Systeme beschafft. Vorbemerkung der Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat als erstes Land die Entscheidung getroffen, ein einheitliches und flächendeckendes Warnsystem einzuführen. Ein wichtiges Element dieser Strategie ist dabei die Einrichtung des Modularen Warnsystems MoWaS in allen Leitstellen der Kreise und kreisfreien Städte. Diese Entscheidung ist in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden getroffen worden. Die Einrichtungs- und die Betriebskosten der ersten fünf Jahre werden dabei vom Land getragen. Die ersten zehn Standorte für den landesweiten Ausbau wurden bereits 2013 gefunden. MoWaS ermöglicht die Übertragung von Warnmeldungen und Informationen über eine abgesicherte Satellitenverbindung von und zu allen vorhandenen MoWaS-Stationen. Empfänger von Meldungen sind u.a. alle Radio- und Fernsehstationen und die Deutsche Bahn. Darüber hinaus ermöglicht MoWaS auch eine Auslösung verschiedenster Warnmittel. Über eine fest definierte Schnittstelle können zukünftig auch Sirenen, Rauchmelder, Pager, Mobiltelefone und weitere denkbare Endgeräte angebunden werden. Auch eine Integration des Systems KatWarn in das Modulare Warnsystem MoWaS ist grundsätzlich möglich. Die technischen Voraussetzungen für eine Anbindung von KatWarn an MoWaS sind allerdings noch nicht gegeben und werden nach wie vor vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) sowie den jeweiligen Entwicklern von KatWarn und MoWaS geprüft. Eine flächendeckende Warnung der gesamten Bevölkerung des Landes per KatWarn durch die Landesregierung hätte zudem vorausgesetzt, dass das System zuvor von allen Kreisen und kreisfreien Städten beschafft wird. Warnungen der Landesregierung würden in Postleitzahlenbereichen nicht zugestellt, für die kein KatWarn-Vertrag auf lokaler Ebene besteht. 1. Wann konkret wird die von Innenminister Jäger angesprochene Warn-App installierbar sein? Die im Bericht zum Innenausschuss am 26.06.2014 angesprochene Smartphone-App ist eine Entwicklung des Bundes, der hiermit das BBK beauftragt hat. Diese App bietet den Vorteil, von vornherein Warnungen aus MoWaS sowie aus anderen bereits etablierten Quellen (u.a. des Deutschen Wetterdienstes DWD) bereitstellen zu können. Sie wird für die Nutzerinnen und Nutzer kostenlos sein und auch den mit MoWaS ausgestatteten Behörden werden keine weiteren Kosten entstehen. Das BBK hat eine Vorab-Version dieser App auf dem 10. Europäischen Bevölkerungsschutzkongress am 9./10. September 2014 in Bonn vorgestellt. Ein genaues Datum der Veröffentlichung zum Download für die Bürgerinnen und Bürger steht noch nicht fest. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/6976 3 2. Welche Kosten entstehen der Landesregierung für Investitionen im Zusammenhang mit MoWaS-Systemen in den nächsten fünf Jahren (bitte einzeln aufschlüsseln nach Anschaffungs- und weiteren Kosten sowie Jahren)? Die Landesregierung hat in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden entschieden, MoWaS für alle Leitstellen über einen Zeitraum von fünf Jahren zur Verfügung zu stellen. Die Kosten betragen pro Leistelle und Jahr rund 20.000,- Euro. In den Kosten für das erste Jahr sind die Installationskosten bereits enthalten. Der Bund trägt aufgrund seiner gesetzlichen Aufgaben im Zivilschutz die Kosten für die MoWaS-Station im Lagezentrum der Landesregierung sowie in zwei Ausweichstandorten (Leitstellen der Stadt Köln und des Kreises Steinfurt in Rheine). Die Kosten für die weiteren 50 Leitstellen im Land betragen daher in den Jahren 2014 bis 2018 je 1 Mio. Euro pro Jahr. Der Landtag hat hierfür im Haushaltsgesetz 2014 bereits 1 Mio. Euro zur Verfügung gestellt (Haushaltsplan 2014 Kap. 03 710, Titel 511 01), gleiches ist im Haushaltsplanentwurf 2015 vorgesehen. 3. Von welchen Firmen stammen die von der Landesregierung beschafften MoWaS-Systeme? Das System MoWaS ist aus dem Vorgängersystem SatWaS von der Firma mecom MedienCommunikations -Gesellschaft mbH mit Sitz in Hamburg entwickelt worden. Diese Firma errichtet auch die MoWaS-Stationen, die in den Leitstellen in Nordrhein-Westfalen eingesetzt werden. Im Zuge des Systemwechsels im Bund kam es zu einer vergaberechtlichen Nachprüfung. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in diesem Verfahren im Jahr 2011 festgestellt, dass die Firma mecom für den Betrieb eines solchen Systems ein Alleinstellungsmerkmal hat. Die Vergabe für die Einrichtung in allen Leitstellen des Landes NRW ist in diesem Jahr europaweit veröffentlicht worden, Nachprüfungsanträge sind nicht erfolgt. 4. Welche Gründe sprechen dagegen, dass Kommunen und Landkreise in NRW sich KatWarn anschließen, selbst wenn zu einem späteren Zeitpunkt MoWaS als umfassenderes System einsetzbar sein wird? Die Entscheidung für oder gegen das System KatWarn obliegt den jeweiligen Aufgabenträgern, die in ihrer Verantwortung aufgrund der örtlichen Gegebenheiten abzuwägen haben, wie sie die Bürgerinnen und Bürger über bevorstehende Schadensereignisse informieren wollen. Die Landesregierung legt allerdings Wert darauf, dass von ihr veranlasste Warnungen möglichst einheitlich über alle Leitstellen an die Bevölkerung des Landes gelangen. 5. Welche Umstände stehen einer landesweiten Einführbarkeit von MoWaS als Gesamtsystem zum aktuellen Zeitpunkt noch entgegen? Der Sende- und Empfangsbetrieb zwischen den MoWaS-Stationen ist seit Sommer 2013 bereits im Wirkbetrieb. MoWaS ist daher rein technisch landesweit einführbar. Die konkrete Umsetzung und der Ablauf der Installation erfordert bei weiteren 40 einzurichtenden Stationen ein landesweit abgestimmtes schrittweises Vorgehen. Zu diesem Zweck werden noch im Herbst 2014 Informationsveranstaltungen für die Leitstellen bei allen fünf Bezirksregierungen stattfinden.