LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7019 13.10.2014 Datum des Originals: 13.10.2014/Ausgegeben: 16.10.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2692 vom 18. September 2014 des Abgeordneten Robert Stein FRAKTIONSLOS Drucksache 16/6817 Legitimationsprobleme für die Demokratie durch sinkende Wahlbeteiligung: Welche Haltung hat die Landesregierung? Kommt jetzt die Wurstthekendemokratie? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2692 mit Schreiben vom 13. Oktober 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Wahlbeteiligung bei den letzten Landtagswahlen in Brandenburg, Thüringen, Sachsen, aber auch bei der Europawahl blieb hinter den Erwartungen zurück. Bei der Europawahl 2014 gaben lediglich 48,1 %, bei den Landtagswahlen in Sachsen 49,2 %, in Thüringen 52,7 % und in Brandenburg 47,9 % der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Bei diesen Werten sind teilweise noch ungültige Stimmen enthalten. Im Vergleich dazu lag die Wahlbeteiligung in NRW bei den Landtagswahlen zwar bei immerhin 59,6 %, bei den Kommunalwahlen 2014 aber in weiten Teilen nur bei etwa um die 40 % (vgl. http://www.wdr.de/kommunalwahl2014/wdr-karte.html). Zahlreiche Journalisten, Politiker sowie Wahl- und Parteienforscher sehen die Gefahr einer schwindenden Legitimation demokratischer Wahlen und der gewählten Vertreter, wenn weniger als jeder zweite Wähler den Gang zur Urne antritt. Die Ursachen für den wachsenden Nichtwähleranteil mögen vielschichtig sein. Nichtsdestotrotz braucht es neue Strategien und Ideen, um die Wahlbeteiligung und somit auch die Akzeptanz unseres repräsentativen demokratischen Systems zu stärken. Erst kürzlich schlugen daher Stimmen aus der SPD vor, auch in Supermärkten oder Postämtern wählen zu lassen (vgl. http://www.focus.de/politik/deutschland/abstimmen-an-derkaesetheke -spd-deutsche-sollen-in-supermarkt-und-postamt-waehlen_id_4117655.html). Kritische Stimmen sprechen in diesem Zusammenhang allerdings von einer Wursttheken- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7019 2 demokratie. Fraglich ist, ob durch andere Wahllokale wie Supermärkte oder Postämter wirklich die Probleme angegriffen werden, die die Ursache der geringen Wahlmotivation sind. Andere Erfahrungen belegen zumindest positive Effekte auf die Wahlbeteiligung durch die Zusammenlegung der Wahltermine. Da 2017 sowohl im Bund als auch im Land NRW Wahlen stattfinden, könnte sich nun frühzeitig - unabhängig von umfragebedingter taktischer Ausrichtung - für eine Befürwortung eines solchen Wahltermins, so denn die Landesregierung bis dahin durchhält, ausgesprochen werden. Eine Zusammenlegung des Wahltermins hätte außerdem in Zeiten von Haushaltssperre und Leitungswasserausschank an Staatsgäste finanzielle Vorteile. Vorbemerkung der Landesregierung Seit Jahren ist im gesamten Bundesgebiet wie in vielen anderen Demokratien zu allen Wahlen bedauerlicherweise eine kontinuierlich sinkende Wahlbeteiligung festzustellen. Immer weniger Bürger/innen bringen ihren politischen Willen in Wahlen zum Ausdruck. Die Gründe dafür dürften vielschichtig sein. Der Landesregierung liegen allerdings hierzu keine entsprechenden Hintergrundanalysen vor. 1. Befürwortet die Landesregierung, zukünftige Wahlen an Sonntagen in Super- märkten, Postämtern usw. abzuhalten? Nein. Abgesehen davon, dass z.B. Supermärkte und Postämter an Sonntagen geschlossen sind, bieten sie sich als Wahlräume nicht an. Insbesondere unbeeinflusstes Wählen dürfte dort kaum zu realisieren sein. 2. Befürwortet die Landesregierung, zukünftige Wahlen an Werktagen durchzufüh- ren? Nein. Es wird davon ausgegangen, dass Wahlen an Werktagen die Wahlbeteiligung negativ beeinflussen würde. 3. Wie bewertet die Landesregierung die mögliche Zusammenlegung des Wahlter- mins zur Landtagswahl NRW und zur Bundestagswahl in 2017? Der Wahltermin sowohl für die Bundestags- als auch die Landtagswahl ist abhängig von dem Ende der jeweiligen verfassungsrechtlich vorgegebenen Wahlperiode. So endet die Wahlperiode der zuletzt im Mai 2012 gewählten nordrhein-westfälischen Abgeordneten im Frühjahr 2017, die Wahlperiode der zuletzt im September 2013 gewählten Abgeordneten des Deutschen Bundestages im Herbst 2017. Da sich die Zeitdauer einer laufenden Wahlperiode nicht ohne weiteres verlängern oder verkürzen lässt, dürfte bereits aus diesem Grund eine Zusammenlegung der nächsten nordrhein -westfälischen Landtagswahl mit der Bundestagswahl 2017 nicht in Betracht kommen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7019 3 4. Wie bewertet die Landesregierung die niedrige Wahlbeteiligung bei den Kommunalwahlen 2014 in NRW? Die Wahlbeteiligung zu den nordrhein-westfälischen Kommunalwahlen 2014, die die Kommunen in eigener Zuständigkeit organisieren und durchführen, ist im Vergleich zur letzten Kommunalwahl 2009 von 51,9 % auf 50,0 % gesunken. Damit setzt sich auch bei den Kommunalwahlen in NRW bedauerlicherweise der Trend einer sinkenden Wahlbeteiligung fort. 5. Welche (weiteren) Strategien verfolgt die Landesregierung, um die Wahlbeteili- gung zu erhöhen? Es dürfte in erster Linie Aufgabe der Parteien und Wählergruppen sein, die Wählerinnen und Wähler zur Wahlteilnahme zu mobilisieren. Im Übrigen trägt die Landesregierung ihren Bekanntmachungspflichten Rechnung und wirbt durch entsprechende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für eine möglichst hohe Wahlbeteiligung bei allen anstehenden Wahlen.