LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7022 13.10.2014 Datum des Originals: 13.10.2014/Ausgegeben: 16.10.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2656 vom 5. September 2014 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/6737 Rasanter Anstieg der Flüchtlingszahlen – Situation der Aufnahmeeinrichtungen Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2656 mit Schreiben vom 13. Oktober 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit , Integration und Soziales, der Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter und der Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Angesicht der Krisenherde in der Welt steigt die Zahl der Menschen, die Schutz in Deutschland suchen, weiter an. Die Zahl der Asylbewerber in Nordrhein-Westfalen ist 2013 zum vierten Mal in Folge gestiegen. Mehr als 57 000 Personen bezogen Ende 2013 laut Statistischem Landesamt Geld oder Gutscheine nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Dies sind gut 12 500 Empfänger (28 Prozent) mehr als ein Jahr zuvor. Die Flüchtlingsaufnahme hat durch die massiven Steigerungsraten erhebliche Schwierigkeiten. In vielen nordrhein-westfälischen Städten und Gemeinden fehlt es an geeigneten Unterkünften , um die steigende Zahl von Flüchtlingen unterzubringen. Die Kommunen suchen händeringend nach menschenwürdigen Quartieren und verlangen von der Landesregierung mehr Geld, um den Flüchtlingsstrom zu bewältigen. Nach § 44 Absatz 1 AsylVfG sind die Länder verpflichtet, für die Unterbringung asylbegehrender die dazu erforderlichen Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen und zu unterhalten. Asylbewerber sind verpflichtet 6 Wochen bis zu drei Monate in den Aufnahmeeinrichtungen zu wohnen. Zur Aufnahme von Asylbegehrenden unterhält das Land Nordrhein-Westfalen zwei Erstaufnahmeeinrichtungen in Bielefeld und Dortmund und zwei Zentrale Unterbringungsreinrichtungen in Hemer und Schöppingen. Zudem bestehen Kapazitäten in zeitlich befristeten Aufnahmeeinrichtungen in Neuss und Nieheim und Notunterkünfte in Schöppingen, Un- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7022 2 na-Massen, Burbach und Wickede-Wimbern. Von den Zentralen Unterbringungseinrichtungen werden die Asylbewerber in die Kommunen weitergeleitet. Angesichts steigender Asylbewerberzahlen aus Serbien, Mazedonien und BosnienHerzegowina will die Bundesregierung die drei Länder als «sichere Herkunftsstaaten» einstufen . Die Änderung soll die Verfahren beschleunigen und dafür sorgen, dass die Betroffenen schnell in ihre Heimat zurückkehren. Das soll auch Asylbewerbern aus Krisenstaaten zugutekommen, deren Verfahren sich durch das hohe Gesamtaufkommen an Anträgen bisher lange hinziehen. Der Bundestag hat die Gesetzespläne zwar bereits verabschiedet. Im Bundesrat gibt es aber noch keine Mehrheit dafür - wegen Bedenken aus Ländern mit Regierungsbeteiligung der Grünen. Vorbemerkung der Landesregierung Die jüngst bekannt gewordenen gewalttätigen Übergriffe von Sicherheitspersonal gegen Flüchtlinge sind, wie das Datum der Kleinen Anfrage zeigt, nicht Gegenstand der Fragestellung der Kleinen Anfrage. 1. Wie bewertet die Landesregierung die aktuelle Situation in den Aufnahmeeinrich- tungen angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen? Im Jahr 2012 hat NRW 15.028 und im Jahr 2013 23.719 Asylbewerber aufgenommen, im Jahr 2014 werden es voraussichtlich über 37.000 sein; alleine im August 2014 nahm NRW 3.537 Erstantragsteller auf. Nachdem noch am 20.08.2014 vom zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) für die nächsten Monate rund 3.400 bis 3.800 Erstantragsteller monatlich für NRW prognostiziert wurden, informierte das BAMF am 18.09.2014, dass in den nächsten Monaten alleine in NRW mit rund 5.300 Erstantragstellern monatlich zu rechnen sei. Zusätzlich zu diesem massiven Anstieg der Zugangszahlen wurde die Situation in der Flüchtlingsaufnahme durch Erkrankungen erschwert, die zu Belegungssperren mehrerer Aufnahmeeinrichtungen des Landes durch örtliche Gesundheitsämter führten. Im August /September 2014 waren zeitweise bis zu 2.200 und damit nahezu die Hälfte der zur Verfügung stehenden Unterbringungsplätze von diesen Maßnahmen betroffen. Nicht zuletzt deswegen mussten über die bereits bestehenden Planungen hinaus kurzfristig Notunterkünfte eingerichtet werden. Bislang ist es jedoch gelungen, alle Flüchtlinge unterzubringen. 2. Welche Kapazitäten bieten aktuell die Aufnahmeeinrichtungen des Landes? Am 30.09.2014 standen in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes 4.935 Unterbringungsplätze zur Verfügung. Die Gesamtkapazität wurde somit gegenüber September 2012 (1.725 Plätze) nahezu verdreifacht. Die Kapazitäten der einzelnen Einrichtungen ergeben sich aus der Antwort zu Frage 3. 3. Wie ist der aktuelle Belegungsstand in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes? Die Kapazitäten und Belegungen der einzelnen Einrichtungen am 30.09.2014 ergeben sich aus der Tabelle: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7022 3 Angesichts der momentanen Zugangssituation sind Belegungen einzelner Einrichtungen über die nominellen Kapazitäten hinaus nicht zu vermeiden. Die nominellen Kapazitäten stellen die Regelbelegung dar, die allerdings in einigen Einrichtungen in Notsituationen innerhalb eines noch vertretbaren Rahmens und der technisch möglichen Kapazitäten überschritten werden kann. Zusätzlich zu den in der Tabelle aufgeführten Einrichtungen sind am 30.09.2014 insgesamt 1032 Personen in folgenden Notunterkünften untergebracht: Schloss Holte-Stuckenbrock (Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei): 327 Personen; Bochum (ehemalige Schule): 138 Personen; Herne (Turnhalle): 97 Personen; Herford (ehemalige Kaserne): 200 Personen; Rüthen (Schwesternwohnheim ) 145, Kamen (Autobahnpolizei) 125 Personen. 4. Wie beurteilt die Landesregierung die derzeitige Kapazität der Aufnahmeeinrich- tungen des Landes angesichts zu erwartender weiter steigender Flüchtlingszahlen ? Angesichts der zu erwartenden anhaltenden Steigerung der Zugangszahlen ist die weitere Erhöhung der Unterbringungskapazität in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes erforderlich . Die diesbezüglichen Planungen werden durch die zuständige Bezirksregierung Arnsberg laufend an den Bedarf angepasst. Nach aktuellem Stand ist bis November 2014 eine Erhöhung der Kapazität um rund 2.000 weitere Plätze geplant, vorbehaltlich der Realisierbarkeit aller Vorhaben. Je nach Entwicklung der Zugangszahlen kann dennoch nicht ausgeschlossen werden, dass daneben noch weitere Notunterkünfte in Anspruch genommen werden müssen. 5. Wie bewertet die Landesregierung den Beschluss des Bundestages, die Länder Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina als „sichere Herkunftsstaaten“ einzustufen? Der Bundesrat hat am Freitag, den 19.09.2014 den Gesetzentwurf gebilligt. Die Landesregierung hat sich bei der Abstimmung im Bundesrat enthalten. Übersicht Kapazität und Belegung Kapazität Belegung Di, 30.09. Di, 30.09. Dortmund 350 420 Bielefeld 250 283 Hemer 500 626 Schöppingen 500 544 Schöppingen Turnhalle 100 80 Neuss 400 399 Wickede 350 456 Kerken 230 213 Nieheim 160 164 Bad Berleburg 450 432 Burbach 600 689 Düsseldorf Flughafen 25 0 Unna-Massen 600 748 Essen 300 458 Bad Salzuflen 120 203 Gesamt 4935 5715