LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7055 17.10.2014 Datum des Originals: 16.10.2014/Ausgegeben: 22.10.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2694 vom 17. September 2014 der Abgeordneten Ralf Witzel und Marc Lürbke FDP Drucksache 16/6820 Marketingoffensive für die Feuerwehren insbesondere im Ballungsraum Ruhrgebiet – Welcher Fachkräftemangel droht zukünftig bei Rettungskräften im Revier? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2694 mit Schreiben vom 16. Oktober 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die 396 Städte und Gemeinden des Landes Nordrhein-Westfalen gliedern sich in die fünf Regierungsbezirke Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln und Münster mit insgesamt 30 Kreisen , 22 kreisfreien Städten und der Städteregion Aachen. Aus der Anzahl der Kommunen lässt sich ableiten, dass es in Nordrhein-Westfalen 396 öffentliche Feuerwehren gibt. Hinzu kommen rund 100 Werksfeuerwehren. Die vielfältigen Aufgaben der Feuerwehren werden auf der Internetpräsenz des Innenministeriums anschaulich beschrieben: Feuer ist Energie und hat für die Menschen seit jeher etwas Mystisches und Magisches. Feuer hat für die Menschen und ihr Hab und Gut aber auch verletzende und vernichtende Kräfte und entfaltet regelmäßig eine lebensbedrohliche Dimension . Das belegen Jahr für Jahr die hohen Einsatzzahlen der öffentlichen Feuerwehren, also der Berufs- und Freiwilligen Feuerwehren. Feuerschutz ist vor dem Hintergrund dieser Zahl eine wesentliche Aufgabe der Gefahrenabwehr. Nach dem Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung vom 10. Februar 1998 (FSHG) sind die Gemeinden Träger der öffentlichen Feuerwehren. Neben der Bekämpfung von Bränden zählen die Brandschutzerziehung und die Brandschutzaufklärung zu deren Hauptaufgaben . Zusätzlich übernehmen sie aber auch die Hilfeleistung bei Unglücksfällen und bei öffentlichen Notständen, die durch Naturereignisse, Explosionen oder ähnliche Ereignisse verursacht werden. Kreisfreie Städte und Kreise unterhalten Leitstellen sowie Einrichtungen zur Leitung und Koordinierung der Bekämpfung von sogenannten Großschadensereignissen, das heißt Vorkommnissen, bei denen Leben oder Gesundheit zahlreicher Menschen oder erhebliche Sachwerte gefährdet sind. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7055 2 Diese besonderen Aufgaben und hohen Arbeitsanforderungen bedingen von den Feuerwehrleuten auch besondere Fertigkeiten und Fähigkeiten. Daher durchlaufen sie eine intensive darauf vorbereitende Ausbildung. Nötige Grundvoraussetzungen sind laut Beschreibung des Berufsbildes auf www.feuerwehr-ausbildung.com: „Robustheit, körperliche Fitness, handwerkliches Geschick, praktische Intelligenz, Flexibilität, Entscheidungsfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein . Die Feuerwehren suchen lernfähige „Alleskönner“, die Motorsägen und Infrarotsensoren gleichermaßen geschickt handhaben können.“ Die Ausbildung junger Feuerwehrleute dauert je nach Laufbahn 18 bis 24 Monate. Das Personal einer Berufsfeuerwehr setzt sich aus Beamten des mittleren, gehobenen und höheren feuerwehrtechnischen Dienstes zusammen. Dieses ist in verschiedene Wachabteilungen eingeteilt, die in der Regel im 12- oder 24-Stunden-Schichtbetrieb ihren Arbeits- und Bereitschaftsdienst auf der Feuerwache leisten. Hinzu kommen Angestellte, die für Verwaltungsaufgaben zuständig sind, sowie weitere Beamte, die in einer Leitstelle eingesetzt werden oder auch einzelne Abteilungen leiten, sowie Beamte, die behördliche Aufgaben im vorbeugenden Brand- und Katastrophenschutz übernehmen (vgl. www.wikipedia.de). Mindestvoraussetzung für den Berufseinstieg bei der Berufsfeuerwehr in den mittleren feuerwehrtechnischen Dienst ist der Hauptschulabschluss, verbunden mit einer beruflichen Ausbildung in einem feuerwehrrelevanten Bereich. Bewerber für den gehobenen Dienst sollten ein geeignetes technisches oder naturwissenschaftliches Studium abgeschlossen haben. Vor der Einstellung prüft ein anspruchsvoller Eignungstest die körperliche, intellektuelle und technische Leistungsfähigkeit der Interessenten. Da die Berufsfeuerwehren bedarfsgerecht ausbilden, werden in der Regel alle Auszubildende nach erfolgreich absolvierter Prüfung in ein Beamtenverhältnis übernommen. Angesichts der Tatsache, dass hauptamtliche Feuerwehrfrauen und -männer nach 2016 keine freiwillige Mehrarbeit auf Basis von Opt-Out-Regelungen leisten dürfen, und angesichts massiver Eignungsmängel bei vielen Bewerbern sieht sich ein großer Teil der Feuerwehren künftig massiven Personalproblemen ausgesetzt. Die WAZ führt dazu aus: „Zurzeit ist es in vielen Städten üblich, dass Feuerwehrleute gegen eine Zulage freiwillig mehr arbeiten. Das soll nach einem Landesgesetz ab 2017 nicht mehr möglich sein. Da nun alle Städte gleichzeitig Personalaufstockungen beschließen, wird es knapp auf dem Arbeitsmarkt. Zwar kommen auf jede ausgeschriebene Stelle 50 bis 80 Bewerber, doch die meisten erfüllen nicht die Anforderungen .“ Einige Städte der Ruhrregion erwägen darum nun eine Marketingoffensive für die Feuerwehren. Vor dem Hintergrund der besonderen Aufgaben, die Feuerwehrleute für das Gemeinwohl wahrnehmen, ist es für das Landesparlament von besonderem Interesse, eine Einschätzung seitens der Landesregierung über die skizzierte Personalsituation bei den Berufsfeuerwehren in Nordrhein-Westfalen zu erhalten. Vorbemerkung der Landesregierung Die rechtliche Grundlage für die wöchentliche Arbeitszeit - auch im Bereich der Feuerwehr - bildet die EU-Arbeitszeitrichtlinie vom 04. November 2003 (RL 2003/88/EG). Hierin ist eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden als Regel festgelegt, von der nur eine Ausnahme gemacht werden kann, wenn sich der Arbeitnehmer ausdrücklich zu Mehrarbeit bereit erklärt hat und allgemeine Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes eingehalten werden. Dieses Regel-Ausnahme-Prinzip wurde in der Arbeitszeitverordnung Feuerwehr (AZVOFeu) entsprechend umgesetzt. Soweit in der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage 2694 ausgeführt wird, dass hauptamtliche Feuerwehrfrauen und -männer LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7055 3 nach 2016 keine freiwillige Mehrarbeit auf Basis von Opt-Out-Regelungen leisten dürfen, so bedarf es einer Richtigstellung dahingehend, dass der Landtag NRW im vergangenen Jahr das Gesetz über die Gewährung einer Zulage für freiwillige, erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst in Nordrhein-Westfalen bis zum 31.12.2015 befristet hat. Demgegenüber ist die AZVOFeu mit den einschlägigen Regelungen zur wöchentlichen Arbeitszeit nicht befristet. Eine Änderung ist aktuell auch nicht geplant. Die zitierten Ausführungen der WAZ sind insoweit irreführend. 1. Wie viele Feuerwehrleute sind aktuell jeweils in den einzelnen Kommunen im RVR- Gebiet beruflich tätig? (differenzierte Darstellung nach Alter, Geschlecht, mittlerem /gehobenem/höherem feuerwehrtechnischen Dienst erbeten) 2. Wie viele Auszubildende durchlaufen aktuell jeweils in den einzelnen Kommunen im RVR-Gebiet eine berufliche Ausbildung zum Feuerwehrmann/Feuerwehrfrau? (differenzierte Darstellung nach Alter, Geschlecht, mittlerem/gehobenem/höherem feuer-wehrtechnischen Dienst erbeten) Die Fragen 1 und 2 werden zusammen beantwortet. Die kreisfreien Städte Bochum, Bottrop, Dortmund, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Hagen, Hamm, Herne, Mülheim an der Ruhr und Oberhausen sowie die Kreise Ennepe-Ruhr, Recklinghausen, Unna und Wesel bilden den Regionalverband Ruhr (RVR). In den genannten Kreisen gibt es insgesamt 42 kreisangehörige Gemeinden. Im Gebiet des RVR gibt es Berufsfeuerwehren und Freiwillige Feuerwehren. Soweit Freiwillige Feuerwehren hauptamtliche Wachen haben, sind in den Kommunen neben den Freiwilligen auch hauptamtliche Kräfte tätig. Der Bedarf an Einsatzkräften - ob freiwillig oder hauptamtlich - bestimmt sich naturgemäß ganz wesentlich nach den örtlichen Gegebenheiten. Die aktuellen Zahlen für die hauptamtlichen Kräfte resp. Auszubildenden liegen in der gewünschten Differenzierung nach Kommune, Alter, Geschlecht, Konfession, mittlerem /gehobenem/höherem feuerwehrtechnischen Dienst nicht vor. Eine entsprechende Erhebung bei elf kreisfreien Städten, vier Kreisen und 42 kreisangehörigen Kommunen kann in dem zur Verfügung stehenden Zeitraum nicht durchgeführt werden. 3. Wie viele berufliche Feuerwehrleute fehlen voraussichtlich jeweils in den einzelnen Kommunen im RVR-Gebiet, wenn ab 2017 die freiwillige vergütete Mehrarbeit nicht mehr erlaubt ist? (differenzierte Darstellung nach mittlerem/gehobenem/höherem feuerwehrtechnischen Dienst erbeten) Es wird auf die Vorbemerkung verwiesen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7055 4 4. Welche Maßnahmen werden seitens der Landesregierung bislang, aktuell und zukünftig ergriffen, um auch ab 2017 sowohl in quantitativer wie in qualitativer Hinsicht die Sicherheit im RVR-Gebiet mit einer ausreichenden Anzahl an professionell ausgebildeten Feuerwehrleuten zu gewährleisten? Wesentlicher Bestandteil der kommunalen Selbstverwaltung ist die Organisations- und Personalhoheit . Effiziente und situationsgerechte Lösungen, etwa um in quantitativer wie qualitativer Hinsicht die Sicherheit im RVR-Gebiet mit einer ausreichenden Anzahl an professionell ausgebildeten Feuerwehrleuten zu gewährleisten, können und müssen unmittelbar vor Ort erarbeitet werden. Die kommunalen Spitzenverbände, mit denen die Landesregierung in ständigem Austausch steht, haben einen Handlungsbedarf des Landes nicht thematisiert. 5. Wie bewertet die Landesregierung die Erfolgsaussichten bisheriger und laufender Marketingoffensiven für die Berufsfeuerwehren durch die Kommunen im Ruhrgebiet , zukünftig in ausreichendem Maße hinreichend qualifiziertes Personal für den Feuerwehrdienst zu rekrutieren? Die Landesregierung ist sicher, dass die Gemeinden und Kreise des Ruhrgebiets im Rahmen ihrer kommunalen Organisations- und Personalhoheit effiziente und situationsgerechte Maßnahmen ergreifen, um qualifiziertes Personal für den Feuerwehrdienst zu gewinnen.