LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7203 03.11.2014 Datum des Originals: 31.10.2014/Ausgegeben: 06.11.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2768 vom 8. Oktober 2014 der Abgeordneten Ina Scharrenbach und Jens Kamieth CDU Drucksache 16/6994 Zukunft der Betreuungsvereine in Nordrhein-Westfalen Der Minister für Arbeit, Integration und Soziales hat die Kleine Anfrage 2768 mit Schreiben vom 31. Oktober 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Justizminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage An der Umsetzung des Betreuungsrechtes wirken in Nordrhein-Westfalen verschiedene Institutionen und Personen mit. Gemäß § 1896 BGB wird eine Betreuung für einen Volljährigen angeordnet, wenn dieser aufgrund einer Erkrankung seine Angelegenheiten insgesamt oder einzelne Angelegenheiten nicht mehr alleine besorgen kann und keine Vorsorgevollmacht erteilt hat. Den Betreuungsvereinen kommt im gesamten System eine besondere Bedeutung zu: Sie führen zum einen Betreuungen durch das Gesetz und übernehmen zum anderen die Beratung von ehrenamtlichen Betreuern und Vorsorgebevollmächtigten. Darüber hinaus ist ihnen die generelle Information über Vorsorgevollmachten übertragen worden. Die Richtlinien für die Anerkennung von Betreuungsvereinen wurden zum 1. Januar 2014 in Nordrhein-Westfalen aktualisiert. Darüber hinaus trat zum 1. Juli 2014 auf Bundesebene das Gesetz zur Stärkung der Funktionen der Betreuungsbehörden in Kraft. Gemäß § 1908 f Abs. 1 Nr. 2 BGB haben sich Betreuungsvereine planmäßig um die Gewinnung ehrenamtlicher Betreuer zu bemühen, sie fortzubilden und sie sowie Bevollmächtigte bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beraten und zu unterstützen. Die Wahrnehmung der Aufgaben gemäß § 1908 f Abs. 1 Nr. 2 BGB wird nach Maßgabe des Landeshaushaltes zum Teil finanziell gefördert. Die Komplexität der zu führenden Betreuungen wird als zunehmend bewertet. Nach übereinstimmender Rückmeldung aus den Betreuungsvereinen wird es immer schwieriger, Ehrenamtliche für diese Arbeit zu gewinnen. In Dortmund entfielen im Jahr 2013 ausweislich der Statistik rund 53 % der Betreuungen auf Berufsbetreuer, nur 3,8 % auf Vereinsbetreuer. Gleichzeitig führt die unveränderte Vergütung für das hauptamtliche Führen von Betreuungen in Kombination mit steigenden Personalkosten für die Betreuungsvereine zu einem Refi- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7203 2 nanzierungsproblem. In der Vergangenheit haben bereits einige Betreuungsvereine in der Folge geschlossen; weitere Schließungen sind zu erwarten. Im Rahmen der Vorlage 16/1263 vom 6. November 2013 kündigte das Justizministerium an, dass es Bundesratsinitiativen plane, die zum Ziel hätten, die Anzahl der Betreuungen sowie die Gutachterkosten, die im Bereich der Betreuung anfallen, zu verringern. 1. Wie hat sich die Anzahl der anerkannten Betreuungsvereine in den letzten fünf Jahren in Nordrhein-Westfalen entwickelt (aufgeteilt nach Jahren und nach Landschaftsverband )? Jahr 31.12. Landschaftsverband Rheinland Landschaftsverband Westfalen-Lippe NRW 2009 94 93 187 2010 94 93 187 2011 94 92 186 2012 95 92 187 2013 94 93 187 2. Wie hat sich die Anzahl der Betreuungen durch Gesetz in den vergangenen fünf Jahren in Nordrhein-Westfalen entwickelt (auf-geteilt nach Jahren und nach Landschaftsverband )? Für die Beantwortung der Frage wird davon ausgegangen, dass nach den durch Gerichtsbeschluss angeordneten Betreuungen gefragt ist; diese sind abhängig von den Gerichtsbezirken . In den insoweit maßgebenden Justizstatistiken erfolgt keine Untergliederung nach den Zuständigkeitsbereichen der Landschaftsverbände. Der Bestand an Betreuungsverfahren hat sich - differenziert nach Oberlandesgerichtsbezirken - in den letzten fünf Jahren folgendermaßen entwickelt: Jahr 31.12. NRW OLG-Bezirk Düsseldorf OLG-Bezirk Hamm OLG-Bezirk Köln 2009 302.483 73.620 163.791 65.072 2010 305.803 74.409 165.950 65.444 2011 309.497 75.800 167.786 65.911 2012 308.995 74.843 168.357 65.795 2013 296.651 71.269 161.208 64.174 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7203 3 3. Wie hat sich die Anzahl der Berufsbetreuer in den letzten fünf Jahren nach Gerichtsbezirken in Nordrhein-Westfalen entwickelt (aufgeteilt nach Jahren)? In den diesbezüglichen Erhebungen der Justiz wird keine absolute Zahl an Berufsbetreuern ausgewiesen. Die Statistik weist lediglich die Zahl der jährlich erfolgten Erstbestellungen, bei denen eine/ein Berufsbetreuerin/Betreuer ausgewählt wurde, aus: NRW OLG-Bezirk Düsseldorf OLG-Bezirk Hamm OLG-Bezirk Köln 2009 16.490 3.900 8.409 4.181 2010 16.925 3.851 8.567 4.507 2011 17.993 4.126 8.928 4.939 2012 17.540 4.131 8.697 4.712 2013 16.881 3.788 8.213 4.880 4. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um das Angebot der Betreu- ungsvereine in Nordrhein-Westfalen finanziell/personell sicherzustellen, um das Ehrenamt zu fördern? Die Betreuungsvereine in NRW werden vom Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales jährlich nach Maßgabe der Richtlinien für die Anerkennung von Betreuungsvereinen sowie für die Gewährung von Zuwendungen zur Stärkung der ehrenamtlichen Betreuung finanziell gefördert. Die Abwicklung der Förderung erfolgt über die beiden Landschaftsverbände als Landesbetreuungsämter im Wege einer Verwaltungsvereinbarung. Darüber hinaus werden aus dem Einzelplan 11 Personal- und Sachkosten für die Geschäftsstelle der im Jahr 2012 gegründeten überörtlichen Arbeitsgemeinschaft für das Betreuungswesen getragen. Im Übrigen erhalten die Betreuungsvereine, soweit sie Vereinsbetreuer haben, die für die Berufsbetreuung zustehenden Vergütungen. 5. Wie weit sind die in der Vorlage 16/1263 angekündigten Bundesratsinitiativen in der Zwischenzeit gediehen? Das Kabinett hat am 30. September 2014 den Aktionsplan zur Stärkung des selbstbestimmten Lebens, zur Qualitätssicherung der rechtlichen Betreuung sowie zur Vermeidung unnötiger Betreuungen verabschiedet. Als konzeptioneller Rahmen für Handlungsansätze, die das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen durch Vermeidung unnötiger Betreuungen wahren und zu Einsparungen im Haushalt beitragen können, ist er ein wichtiger Baustein zur Begegnung des Handlungsbedarfs im Betreuungswesen. Neben anderen Maßnahmen und Aktivitäten sieht er auch die Prüfung von Bundesratsinitiativen vor, die zur Erreichung dieser Ziele dienen können.