LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7219 04.11.2014 Datum des Originals: 03.11.2014/Ausgegeben: 07.11.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2732 vom 25. September 2014 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/6915 Besonderes Problem der Flüchtlingskosten für Stärkungspaktkommunen? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2732 mit Schreiben vom 3. November 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Kommunen sehen sich derzeit aufgrund der rasant steigenden Flüchtlingszahlen auch immer höheren Kosten für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen gegenüber gestellt. Im kommenden Jahr werden bis zu 45.000 Flüchtlinge in den Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen erwartet. Nur eine ausreichende Finanzierung seitens des Landes kann angesichts knapper kommunaler Kassen die Akzeptanz und die Versorgung der Flüchtlinge garantieren. Die aktuelle Pauschalerstattung des Lands auf Basis der Bestandszahlen an Flüchtlingen des Vorjahres wird einer ausreichenden Finanzierung nicht gerecht, insbesondere weil jegliche Härtefälle in den Kommunen keine besondere Berücksichtigung erhalten. In anderen Ländern sind die Pauschalen teils doppelt so hoch wie in Nordrhein-Westfalen, die Kommunen erhalten 70% der der kommunalen Aufwendungen erstattet oder das Land trägt direkt die Finanzierungsverantwortung. Insbesondere in den Stärkungspaktkommunen sorgt der massive Anstieg der Aufwendungen für Flüchtlingskosten bei Landespauschalen, die der Entwicklung der Kosten nicht stand halten , für enorme Probleme in den Haushaltssanierungsplänen. Die nicht planbaren Zuweisungen an Flüchtlingen sorgen daher dafür, dass die veranschlagten Kosten in den Plänen weit hinter der tatsächlichen Entwicklung der Kosten zurückbleiben. Durch den von den LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7219 2 Kommunen nicht zu beeinflussenden Strom an Flüchtlingen auch in den Stärkungspaktkommunen droht vielfach, dass die Vorgaben des HSP nicht eingehalten werden können. Für Veränderungen der finanziellen Situation der 61 Stärkungspaktkommunen ist in §8 Absatz 2 des Stärkungspaktgesetzes eine Ausnahme vorgesehen: § 8 Absatz 2Stärkungspaktgesetz: (2) Bei nicht absehbaren und von der Gemeinde nicht zu beeinflussenden erheblichen Veränderungen der finanziellen Situation der Gemeinde kann die Bezirksregierung eine Anpassung des Haushaltssanierungsplans genehmigen. 1. Wie beurteilt die Landesregierung die Auswirkungen der stark ansteigenden Kosten für Flüchtlinge in den 61 Stärkungspaktkommunen? 2. Wie beurteilt die Landesregierung die Möglichkeit, die steigenden Aufwendun- gen für Flüchtlinge als Ausnahme im Sinne des § 8 Abs.2 Stärkungspaktgesetzes als „nicht absehbaren und von der Gemeinde nicht zu beeinflussenden erheblichen Veränderungen der finanziellen Situation der Gemeinde“ einzuordnen? Die Fragen 1 und 2 werden zusammengefasst beantwortet. In der Gesetzesbegründung zum Stärkungspaktgesetz wird die Ausnahmevorschrift des § 8 Absatz 2 Stärkungspaktgesetz wie folgt erläutert: „Es kann sowohl aus kommunalindividuellen als auch aus gesamtwirtschaftlichen Gründen zu nicht absehbaren und von der Gemeinde nicht zu beeinflussenden erheblichen Veränderungen ihrer finanziellen Situation kommen, die ein Festhalten am Haushaltssanierungsplan als ausgeschlossen erscheinen lassen. In diesen Ausnahmefällen kann die Bezirksregierung die Anpassung des Haushaltssanierungsplans einer Gemeinde genehmigen.“ (LT-Drucksache 15/2859, S. 13) Diese Formulierung zeigt, dass nicht jede starke Kostenbelastung den Ausnahmetatbestand erfüllen kann. Erforderlich ist vielmehr, dass die erheblichen Veränderungen der finanziellen Situation ein Festhalten am Haushaltssanierungsplan als „ausgeschlossen“ erscheinen lassen müssen. 3. In welchen Fällen wurde von den 61 Stärkungspaktkommunen eine Ausnahme im Sinne des § 8 Absatz 2 Stärkungspaktgesetz durch die Bezirksregierung genehmigt ? Den pflichtig am Stärkungspakt teilnehmenden Städten Wuppertal und Oberhausen wurde eine einjährige Fristverlängerung für den erstmaligen Haushaltsausgleich bis 2017 gewährt. Die auf Antrag teilnehmende Stadt Essen darf ihren erstmaligen Ausgleich von 2016 nach 2017 verschieben (gesetzliche vorgesehene Höchstfrist: 2018). 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Notwendigkeit, dass die Kommunen mehr Unterstützung des Landes bei den Flüchtlingskosten benötigen? Nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) wird der Betrag der Pauschalierten Landeszuweisung (§ 4 FlüAG) jährlich angepasst. Dies geschieht, indem zu einem festen Stichtag LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7219 3 der Bestand der nach § 3 Abs. 3 Satz 1 FlüAG anrechenbaren ausländischen Flüchtlinge erhoben und einer Neuberechnung zugrunde gelegt wird. Aufgrund dessen lag der Betrag im HH 2014 noch bei 91,13 Mio. Euro, während für den Haushalt 2015 143,046 Mio. Euro vorgesehen sind. Darüber hinaus ist eine Änderung des FlüAG in den Landtag eingebracht, die es ermöglicht, eine pauschalierte Sonderzahlung (§ 4b FlüAG) im Jahr 2015 in Höhe von 32,03 Mio. Euro an die Kommunen auszuzahlen. Das Ministerium für Inneres und Kommunales und die Kommunalen Spitzenverbände befinden sich in einem fortlaufenden Dialog über weitere Entlastungsmöglichkeiten. Als Folge des Gesprächs zur Unterbringung von Flüchtlingen in Essen am 20.10.2014 sind weitere Änderungen des FlüAG vorgesehen, die zu einer Entlastung der Kommunen führen werden. Danach soll die Landespauschale um weitere 40 Mio. Euro gegenüber dem bisherigen Haushaltsansatz für 2015 erhöht werden. Zusätzlich sind weitere Maßnahmen geplant, unter anderem soll ein Härtefallfond in Höhe von 3 Mio. Euro für besonders hohe Krankheitskosten eingeführt werden. Zur Entlastung der Kommunen setzt sich das Ministerium für Inneres und Kommunales außerdem weiterhin auf Bundesebene für die vollständige Integration der Asylbewerber in die sozialen Sicherungssysteme des SGB II und SGB XII und die gesetzliche Krankenversicherungspflicht nach SGB V entsprechend des Bundesratsbeschlusses vom 10.10.2014 ein. 5. Wie beurteilt die Landesregierung die Möglichkeit, die andere Bundesländer um- setzten, dass die Zuweisung von Flüchtlingen an die Kommunen nicht nur nach Einwohnerzahl und Fläche, sondern auch von der Finanzkraft einer Kommune abhängt? Das Flüchtlingsaufnahmegesetz orientiert sich bei der Zuweisung nach der Fläche und der Einwohnerzahl der jeweiligen Kommune. Dies stellt eine gleichmäßige Verteilung der Aufgaben auf die Kommunen sicher. Eine andere Verteilung stünde im Übrigen dem Gedanken der Integration entgegen, die deutlich erschwert wäre, wenn Asylbewerber bzw. Flüchtlinge konzentrierter untergebracht würden.