LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7228 04.11.2014 Datum des Originals: 04.11.2014/Ausgegeben: 07.11.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2734 vom 30. September 2014 der Abgeordneten Marc Lürbke und Dr. Joachim Stamp FDP Drucksache 16/6931 Dürfen Flüchtlingskinder nicht Fußball spielen? Die Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport hat die Kleine Anfrage 2734 mit Schreiben vom 4. November 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In einer Ortschaft in Rheinland-Pfalz dürfen elternlose Flüchtlingskinder, die in einem Kinderheim untergebracht sind, nicht im Verein Fußball spielen. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sieht sich offenbar angesichts einer FIFA-Regularie gehindert, Spielerpässe für diese Kinder auszustellen, so ein Pressebericht (http://www.rhein-zeitung.de/region_artikel,- Buerokratie-DFB-laesst-junge-Fluechtlinge-kein-Fussball-spielen- _arid,1212274.html#.VClK8vmKWSr). Dies betrifft viele geflohene Kinder aus Krisen- und Kriegsgebieten, bei denen das Schicksal der Eltern oftmals nicht geklärt sei. Hintergrund seien aktuelle Transferbestimmungen für minderjährige Spieler. Diese würden unter anderem vorsehen, dass die Eltern einen Wohnsitz im Land des neuen Vereins hätten. Außerdem müsse ein internationaler Passantrag ausgefüllt werden, der nur Gültigkeit besitze, wenn die Eltern unterschrieben hätten. Man sei sich bewusst, dass die Auslegung der Regeln kontraproduktiv sein könne, so der DFB auf Anfrage. Vor Ort müsse den Vereinen deshalb Handlungssicherheit in dieser Frage gegeben werden. Wie Lösungen für das Problem aber konkret aussehen, ist bislang noch nicht klar. Es stellt sich unter anderem die Frage, inwieweit Nordrhein-Westfalen ebenfalls von derartigen Fällen betroffen ist. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7228 2 Vorbemerkung der Landesregierung Zur Klarstellung sei zunächst darauf hingewiesen, dass gemäß Darstellung des DFB vom 01.10.2014 (http://www.dfb.de/news/detail/spielberechtigung-fuer-fluechtlingskinderproblemlos -107090/) lediglich für die ersten vier Spielklassen des deutschen Fußballs internationale Vereinswechsel minderjähriger Spielerinnen und Spieler der FIFA zur Beurteilung vorgelegt werden müssen. In allen anderen Fällen des Amateurfußballs im Jugendbereich sind die jeweiligen Dachverbände berechtigt, Spielerpässe an unbegleitete Minderjährige auszustellen. 1. Wie viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus Krisen- und Kriegsgebieten sind derzeit in NRW (bitte Entwicklung der letzten 3 Jahre aufschlüsseln)? Die amtliche Statistik der Kinder- und Jugendhilfe erfasst jährlich die neuen Inobhutnahmen von unbegleiteten Minderjährigen auf der Grundlage einer Meldung durch die Jugendämter. Gemäß der amtlichen Statistik haben sich die Fallzahlen bei den neuen Inobhutnahmen für Nordrhein-Westfalen in den vergangenen drei Jahren wie folgt entwickelt: 2011: 542 2012: 1.115 2013: 1.519 Eine weitere Erfassung von Daten zu unbegleiteten Minderjährigen auf amtlicher Ebene liegt nicht vor. 2. Wo sind diese Kinder untergebracht (bitte einzeln aufschlüsseln)? Gemäß § 42 SGB VIII sind unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Obhut zu nehmen und jugendhilfegerecht unterzubringen. Mit Beendigung der Inobhutnahme und Übergabe an den Vormund wird über den weiteren Jugendhilfebedarf und damit einhergehend der weiteren Unterbringung entschieden. Hierbei kommen unterschiedliche Unterbringungsarten wie Jugendhilfeeinrichtungen, Wohngruppen oder Pflegefamilien, aber auch eigener Wohnraum mit begleitender pädagogischer Betreuung in Betracht. Die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe handeln hierbei im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltung und eigenständigen Aufgabenwahrnehmung. Eine systematische landesweite Erfassung erfolgt daher nicht. 3. Sind der Landesregierung Fälle von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen bekannt, denen ein Spielerpass in NRW verweigert wurde? Nein. 4. Inwieweit können die nach dem im Jahr 2012 unter der rot-grünen Landesregierung verabschiedeten Teilhabe- und Integrationsgesetz in NRW etablierten Kommunalen Integrationszentren auch bei einer Verweigerung von Spielerpässen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge tätig werden? Je nach festgestellten Bedarfen, aber auch in Einzelfällen bei Akteuren vor Ort, werden Kommunale Integrationszentren (KI) und die Landesweite Koordinierungsstelle (LaKI) beim Thema ‚Sport‘ in seinen vielfältigen Facetten beratend und unterstützend tätig. Hier arbeiten LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7228 3 die KI vor Ort auch mit den Sportbünden zusammen. Zudem bestehen seitens der LaKI Kontakte zum Landessportbund, um bei Fragen zum Sport die Expertise von Fachleuten aus dem Handlungsfeld heranziehen zu können. 5. Was unternimmt die Landesregierung selbst zur besseren Integration unbegleiteter minderjähriger Flüchtlingskinder aus Krisen- und Kriegsgebieten? Durch die Förderung von Kommunalen Integrationszentren (KI) wurde eine flächendeckende Struktur in Nordrhein-Westfalen eingerichtet, die als wichtige Schaltstellen für die Landesregierung die Arbeit von integrationspolitischen Akteuren vor Ort bündelt und ausbaut. 49 von möglichen 54 KI haben zwischenzeitlich ihre Arbeit aufgenommen oder befinden sich im Ausbau und bearbeiten Themen in den Bereichen Integration durch Bildung und Integration als Querschnittsthema. Der Zielgruppe der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge wird hier besondere Beachtung geschenkt. Darüber hinaus besteht auch für alle unbegleiteten Minderjährigen die Schulpflicht, so dass auch über die Beschulung die Integration unterstützt wird. Der Zielgruppe stehen auch alle Angebote der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit offen. Die Bedeutung der sozialen Integration wurde in der Handreichung zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in NRW hervorgehoben und bei den Empfehlungen an den entsprechenden Stellen berücksichtigt. Die landeszentralen Träger der Jugendarbeit wurden in diesem Kontext gebeten, die Berücksichtigung der Zielgruppe in den Angeboten der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit in ihre Strukturen zu tragen. Modellhaft fördert das Land zudem ein Projekt zur modularisierten, vollzeitschulischen Ausbildung von unbegleiteten und ehemaligen unbegleiteten Minderjährigen in Trägerschaft der Jugendberufshilfe Düsseldorf.