LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7229 04.11.2014 Datum des Originals: 04.11.2014/Ausgegeben: 07.11.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2752 vom 2. Oktober 2014 der Abgeordneten Kirstin Korte CDU Drucksache 16/6217 Elektronische Lieferung von Todesbescheinigungen Nachfrage zur Antwort auf Kleine Anfrage Drucksache 16/6217 Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2752 mit Schreiben vom 4. November 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und der Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der Antwort zu Frage 3 heißt es, dass die Gesundheitsämter keinen erheblichen, zusätzlichen Personalaufwand für die elektronische Erfassung und Übermittlung von Todesbescheinigungen habe, da es sich nicht um eine neue oder erweiterte Tätigkeit handele. Vor diesem Hintergrund hat der Landkreistag Nordrhein-Westfalen eine Befragung seiner Mitgliedschaft durchgeführt und festgestellt, dass die unteren Gesundheitsbehörden bislang größtenteils keine Übertragung der Todesbescheinigungen in elektronische Systeme durchführen. Der durch eine elektronische Übertragung und Weitergabe der Daten entstehende Mehraufwand wird als erheblich eingeschätzt. Laut Berechnung des Landkreistages ergibt sich NRW-weit ein Mehrbedarf von ca. 15,42 Stellen. Unter Bezugnahme auf EG 5 TVöD entspricht dies jährlich zusätzlichen Personalkosten von ca. 650.000 €. Da in einigen Fällen ärztlicher Sachverstand hinzuziehen ist, wird sich der Personalbedarf zusätzlich erhöhen. Die Erfassung der textlichen Einträge der Todesursachen in ein elektronisches Register beinhaltet keinen nachhaltigen verwaltungsseitigen Nutzen. Sie werden für keine den Gesundheitsämtern obliegende Aufgabe benötigt, insbesondere nicht in Registerform. Auch das Statistische Landesamt (IT.NRW) verwendet die Daten allein zur Codierung und anschließend ausschließlich zur codierten Auswertung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7229 2 1. Aus welcher Rechtsgrundlage leitet die Landesregierung die Zuständigkeit und konkrete Verpflichtung der unteren Gesundheitsbehörden ab, die Todesbescheinigungen für IT.NRW nunmehr in elektronisch erfassbarer Weise aufbereitet schicken zu müssen? Rechtsgrundlage für die elektronische und die nicht elektronische Übermittlung der Todesbescheinigung an IT.NRW ist § 2 Abs. 7 des Bevölkerungsstatistikgesetzes (BevStatG). Die in der Fragestellung implizierte Annahme, dass die elektronische Lieferung dieser Daten uneingeschränkt erforderlich ist, trifft nicht zu. Soweit die technischen Voraussetzungen für eine elektronische Datenübermittlung nicht geschaffen sind, besteht gem. § 2 Abs. 7 Satz 2 des Bevölkerungsstatistikgesetzes (BevStatG) keine konkrete Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung. Der Landesregierung sind neben dieser gesetzlichen Regelung keine Rechtsgrundlagen bekannt, die die unteren Gesundheitsbehörden ggf. zu einer elektronischen Übermittlung verpflichten könnten. 2. Aus welchen Gründen sieht die Landesregierung trotz der gegenteiligen Ermittlungen der unteren Gesundheitsbehörden keinen erheblichen zusätzlichen Personalbedarf durch die elektronische Aufarbeitung der Todesbescheinigungen? S. Antwort zu Frage 1. Ermittlungen der unteren Gesundheitsbehörden zu dieser Frage liegen der Landesregierung nicht vor. Möglicherweise beruht das in der Fragestellung dargelegte Ergebnis jedoch auf der irrtümlichen Annahme, dass eine Verpflichtung zur Übermittlung auf elektronischem Weg besteht. Sofern die unteren Gesundheitsbehörden bereits eigene Software zur Verarbeitung der Daten der Todesbescheinigungen nutzen, bedarf es zur bloßen Übermittlung dieser Daten an IT.NRW über eine noch zu entwickelnde Schnittstelle keines erheblichen, zusätzlichen Personalaufwandes. 3. Wieso bestimmt die Landesregierung nicht IT.NRW in Umsetzung der bundesgesetzlichen Regelung zu der für den Empfang des vertraulichen Teils der ärztlichen Bescheinigung zuständigen Stelle gemäß § 2 Abs. 7 Satz 1 BevStatG? IT.NRW kann aus folgenden Gründen nicht zur empfangenden Stelle i.S. des § 2 Abs. 7 BevStatG erklärt werden: Eine Übertragung der Zuständigkeit für den Empfang des Vertraulichen Teils der ärztlichen Bescheinigung auf den Landesbetrieb IT.NRW wäre nicht mit dem Betriebszweck des Landesbetriebes als zentraler IT-Dienstleister und zentrale Statistikstelle des Landes vereinbar. Bei den im Zusammenhang mit der Todesbescheinigung nach § 9 des Gesetzes über das Friedhofs- und Bestattungswesen (Bestattungsgesetz - BestG NRW, SGV.NRW. 2127) wahrzunehmenden Aufgaben handelt es sich um fachgesetzlich geregelte Aufgaben des Verwaltungsvollzugs, die schon allein aus Gründen der statistischen Geheimhaltungspflicht LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7229 3 von den Aufgaben der amtlichen Statistik streng zu trennen sind (vgl. sog. Volkszählungsurteil des BVerfG vom 15.12.1983, NJW 1984, 419). Die Todesbescheinigung hat verschiedene rechtliche und fachliche Funktionen. So darf nach § 13 BestG NRW vom 17. Juni 2003 eine Leiche oder Totgeburt erst nach Einreichung der Todesbescheinigung gemäß § 9 BestG beim Standesbeamten und nach Registrierung des Sterbefalles bestattet werden. Die Todesbescheinigung (ein selbstdurchschreibender Vordrucksatz), besteht aus dem Nichtvertraulichen (Blatt 1) und dem Vertraulichen (Blätter 2 bis 5) Teil. Der Nichtvertrauliche Teil der Todesbescheinigung ist für das Standesamt und zur Weiterleitung an die untere Gesundheitsbehörde bestimmt. Die Blätter 2 - 4 des Vertraulichen Teils werden der Amtsärztin bzw. dem Amtsarzt bei der unteren Gesundheitsbehörde zugeleitet, während Blatt 5 des Vertraulichen Teils bei der ausstellenden Ärztin oder dem ausstellenden Arzt verbleibt. Mit dem Empfang der Blätter 2 - 4 des Vertraulichen Teils verbunden sind folgende Vollzugsaufgaben der unteren Gesundheitsbehörde: Sie kann auf Antrag im erforderlichen Umfang Auskünfte aus der Todesbescheinigung erteilen, Einsicht gewähren oder Ablichtungen davon aushändigen, wenn 1. die antragstellende Person ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht und kein Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Offenbarung schutzwürdige Belange der oder des Verstorbenen oder der Hinterbliebenen beeinträchtigt werden, oder 2. die antragstellende Person die Angaben für ein wissenschaftliches Forschungsvorhaben benötigt und a) die verstorbene oder die bestattungspflichtige Person der Datenverarbeitung zugestimmt hat und durch unverzügliche Anonymisierung oder Pseudonymisierung der Angaben sichergestellt wird, dass schutzwürdige Belange der oder des Verstorbenen und der Angehörigen nicht beeinträchtigt werden, oder b) das Ministerium festgestellt hat, dass das öffentliche Interesse an dem Forschungsvorhaben das Geheimhaltungsinteresse der oder des Verstorbenen und der Angehörigen erheblich überwiegt und der Zweck der Forschung nicht auf andere Weise oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erreicht werden kann. Sobald der Forschungszweck es gestattet, sind die Daten der oder des Verstorbenen so zu verändern, dass ein Bezug zur Person nicht mehr erkennbar ist. Die untere Gesundheitsbehörde leitet lediglich Blatt 4 der Todesbescheinigung, das den Namen der verstorbenen Person nicht enthält, dem Landesbetrieb IT.NRW zur Erstellung der Todesursachenstatistik zu. IT.NRW vernichtet Blatt 4 nach der ICD-Codierung und Übernahme der für die Todesursachenstatistik erforderlichen Daten aus Gründen der statistischen Geheimhaltung, wohingegen für die übrigen Blätter der Todesbescheinigungen eine 10jährige Aufbewahrungsfrist gilt.