LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7230 04.11.2014 Datum des Originals: 31.10.2014/Ausgegeben: 07.11.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2753 vom 6. Oktober 2014 des Abgeordneten Nicolaus Kern PIRATEN Drucksache 16/6964 Erstattung von Auslagen für ehrenamtliche Kräfte im Justizvollzug Der Justizminister hat die Kleine Anfrage 2753 mit Schreiben vom 31. Oktober 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In NRW arbeiten viele Menschen ehrenamtlich im Justizvollzug. Sie bilden eine wichtige Stütze für die Gefangenen in unterschiedlichen Bereichen, wie z.B. der Freizeitgestaltung und der Resozialisierung. Bisher erhielten die Betroffenen zumindest ihre Auslagen erstattet. Durch die Hauhalssperre des Landes (Erlass c. 30.7.2014 – 5122 E – IV. 10/14) wird den ehrenamtlichen Kräften nun keine Erstattung mehr zu teil. Vorbemerkung der Landesregierung: Ehrenamtliches Engagement ist Ausdruck von Verantwortungsbereitschaft und Solidarität für die Gemeinschaft. Engagement für die Resozialisierung von Straftätern in Form von ehrenamtlicher Mitarbeit ist und bleibt ein wichtiger gesellschaftlicher Beitrag, zumal die ehrenamtliche Betreuung Straffälliger eine wichtige Brückenfunktion hat, die die Chance bietet, Vorbehalte gegen Gefangene abzubauen und die Wiedereingliederung zu befördern. Ehrenamtlich tätige Bürgerinnen und Bürger vertrauen nicht nur darauf, dass andere tätig werden, sondern sie ergreifen selbst die Initiative und setzen ihre freie Zeit dafür ein, den Gefangenen zu zeigen, dass die Welt „draußen“ sie nicht vergessen hat. Das Ehrenamt im Justizvollzug verdient daher eine besondere Unterstützung. In finanzieller Hinsicht kann dies nur durch Erstattung der bei der Erfüllung der Betreuungsaufgaben entstehenden Auslagen (in der Regel Fahrtkosten) erfolgen. Die Erstattung der entsprechenden Auslagen ist in der RV d. JM vom 11. Oktober 2004 (4454 - IV. 2; siehe Anlage) geregelt. Demnach werden die den ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuern bei der Erfüllung ihrer Betreuungsaufgaben entstehenden angemessenen Auslagen auf Antrag LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7230 2 im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel erstattet. Der Antrag ist innerhalb eines Jahres nach Entstehen der Auslagen schriftlich bei der Justizvollzugsanstalt zu stellen. Diese beim Kapitel des Justizvollzuges etatisierten Mittel fallen unter die derzeitig geltende haushaltswirtschaftliche Sperre. 1. Werden Kosten, die vor dem 30.7.2014 entstanden sind, deren Erstattung aber erst nach dem 30.7.2014 beantragt wurde, erstattet? Während der Dauer der haushaltswirtschaftlichen Sperre ist eine Erstattung nicht zulässig. Im Übrigen verweise ich auf die Vorbemerkung. 2. Wie hoch beliefen sich die Erstattungsanträge für ehrenamtliche Kräfte in den Justizvollzugsanstalten in NRW für das Jahr 2013 bzw. gibt es Schätzungen, wie hoch die Kosten wären, wenn die ehrenamtlichen Mitarbeiter durch hauptamtliche Mitarbeiter ersetzt würden? Nach den hier vorliegenden Erkenntnissen sind den ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer auf die in 2013 eingereichten und von den Justizvollzugsanstalten bearbeiteten Anträgen 148.214,08 € erstattet worden. Schätzungen, wie hoch die Kosten wären, wenn die ehrenamtlichen Mitarbeiter durch hauptamtliche Mitarbeiter ersetzt würden, liegen hier nicht vor. 3. Wie und wann wurden die ehrenamtlichen Mitarbeiter in den Justizvoll- zugsanstalten über die Haushaltssperre informiert? Neben der Information über die haushaltswirtschaftliche Sperre in den öffentlichen Medien sind die ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer von den Justizvollzugsanstalten zum Teil mündlich, per Aushang auf sog. "Schwarzen Brettern" oder per Infoschreiben zeitnah nach dem 02.07.2014 über die haushaltswirtschaftliche Sperre und deren Auswirkung auf die Auslagenerstattung unterrichtet worden. 4. Kann die Landesregierung sich vorstellen, eine Ausnahmeregelung von der Haushaltssperre für die ehrenamtlichen Mitarbeiter im Justizvollzug zu machen? Nein, eine entsprechende Ausnahme ist mit negativem Ergebnis geprüft worden. 5. Geht die Landesregierung davon aus, dass es zu Einschränkung der Arbeit der ehrenamtlichen Kräfte durch die Haushaltssperre kommt? Die im Justizvollzug tätigen ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer engagieren sich aus Überzeugung bei der Resozialisierung von Straffälligen. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass es in Ausnahmefällen zu Einschränkungen kommen kann. Erstattung von Auslagen der ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer bei den Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen RV d. JM vom 11. Oktober 2004 (4454 - IV. 2) 1 Erstattung, Antrag Die den ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuern bei der Erfüllung ihrer Betreuungsaufgaben entstehenden angemessenen Auslagen werden auf Antrag im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel erstattet. Der Antrag ist innerhalb eines Jahres nach Entstehen der Auslagen schriftlich bei der Justizvollzugsanstalt zu stellen, die die Betreuerin oder den Betreuer für den Anlass gebenden Betreuungsfall zugelassen hat. Mitglieder einer Betreuungsgruppe können den Antrag gemeinschaftlich stellen. Beschwerden über die Höhe der Erstattung werden im Aufsichtsweg entschieden. 2 Erstattungsfähige Auslagen Erstattungsfähig sind: 2.1 Der Aufwand bei der Erfüllung von Betreuungsaufgaben außerhalb der politischen Gemeinde, in der die ehrenamtliche Betreuerin oder der ehrenamtliche Betreuer wohnt oder berufstätig ist, in entsprechender Anwendung des § 6 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG) vom 05.05.2004 (BGBl. I S. 776) in der jeweils gültigen Fassung; 2.2 Kosten für notwendige Fahrten in entsprechender Anwendung des § 5 JVEG. Hat die ehrenamtliche Betreuerin oder der ehrenamtliche Betreuer in ihrem oder seinem Kraftfahrzeug andere ehrenamtliche Betreuerinnen oder Betreuer mitgenommen, so erhält sie oder er zusätzlich eine Mitnahmeentschädigung nach § 6 Abs. 3 des Landesreisekostengesetzes in der jeweils gültigen Fassung. Die Gewährung von Mitnahmeentschädigung schließt eine Fahrtkostenerstattung an mitgenommene Betreuerinnen oder Betreuer aus. Mitnahmeentschädigung kann auch für die Mitnahme betreuter Gefangener gewährt werden; 2.3 Post- und Fernmeldegebühren sowie Auslagen für Bürobedarf; 2.4 notwendige sonstige Auslagen. 2.5 Die Auslagen sind angemessen, soweit sie im Interesse einer wirksamen Durchführung der Gefangenenbetreuung und Wiedereingliederungshilfe erforderlich sind. 3 Notwendige sonstige Auslagen (Nr. 2.4) Als notwendig kommen namentlich Auslagen in Betracht, die der ehrenamtlichen Betreuerin oder dem ehrenamtlichen Betreuer dadurch entstanden sind, dass sie oder er 3.1 Veranstaltungen mit betreuten Gefangenen wie z. B. eine Freizeit oder ein Seminar zum Zwecke der praktischen Einübung sozialadäquaten Verhaltens durchgeführt hat; 3.2 einen Zuschuss zu den Reisekosten hilfsbedürftiger Familienangehöriger aus Anlass des Besuchs einer Gefangenen oder eines Gefangenen gewährt hat; 3.3 einer betreuten Haftentlassenen oder einem betreuten Haftentlassenen im Rahmen der Wiedereingliederungshilfe eine Zuwendung zur Überbrückung einer wirtschaftlichen Notlage gewährt hat, soweit diese durch die Hilfe eines an und für sich zuständigen Kostenträgers (z. B. Sozialamt, Agentur für Arbeit, Krankenversicherung) nicht oder nicht rechtzeitig behoben werden konnte, und zwar 3.3.1 um einer oder einem obdachlosen Entlassenen beim Anmieten einer Unterkunft Hilfe zu leisten (Wohnraumbeschaffungsbeihilfe), 3.3.2 um einer oder einem Entlassenen die Aufnahme einer Arbeit durch Beschaffung erforderlicher Gegenstände wie Arbeitskleidung und -gerät, durch ähnliche Leistungen sowie durch Übernahme der Fahrtkosten bis zur ersten Lohnzahlung zu erleichtern (Beihilfe zur Arbeitsaufnahme), 3.3.3 um durch Gewährung einer Unterstützung in anderer Weise nicht mögliche Hilfe zu leisten. 3.4 Auslagen, die ehrenamtlichen Betreuerinnen oder Betreuern durch Gewährung von Geld- und Sachspenden an Gefangene und ihre Familienangehörigen (mit Ausnahme von Reisebeihilfen nach Nr. 3.2) sowie an Angehörige von Entlassenen entstanden sind, können nicht erstattet werden. 4. Glaubhaftmachung. Nachweis 4.1 Die Erstattung des Aufwands und der Fahrtkosten kann davon abhängig gemacht werden, dass der Zweck und die Dauer des Betreuungsgeschäftes glaubhaft gemacht werden. Wird die Erstattung von Fahrtkosten in entsprechender Anwendung des § 5 Abs. 2 JVEG verlangt, so sind die besonderen Umstände, die der Benutzung eines öffentlichen regelmäßig verkehrenden Beförderungsmittels entgegenstanden, glaubhaft zu machen. 4.2 Erstattungsfähige bare Auslagen sind auf Verlangen durch Vorlage von Belegen nachzuweisen. Nach 2.4 in Verbindung mit Nr. 3 erstattungsfähige sonstige Auslagen sind stets nachzuweisen; die Belege über die unter Nr. 3.2 und 3.3 aufgeführten Auslagen müssen eine Empfangsbescheinigung der Hilfeempfängerin oder des Hilfeempfängers enthalten; die Belege über die unter Nr. 3.3. aufgeführten Auslagen müssen außerdem einen kurzen Vermerk der ehrenamtlichen Betreuerin oder des ehrenamtlichen Betreuers darüber enthalten, aus welchen Gründen der Hilfeempfängerin oder dem Hilfeempfänger durch einen an und für sich zuständigen Kostenträger nicht geholfen werden konnte. 4.3 In dem Erstattungsantrag hat die Antragsstellerin oder der Antragsteller eine Erklärung darüber abzugeben, ob und ggf. in welcher Höhe sie oder er zu den geltend gemachten Auslagen Zuwendungen von öffentlichen oder privaten Stellen oder Personen (Dritten) erhalten hat. Hat die Antragsstellerin oder der Antragssteller solche Zuwendungen zu den Auslagen erhalten, kann ihr oder ihm aus Haushaltsmitteln der Justizverwaltung nur eine Auslagenerstattung bis zu Höre des noch ungedeckten Betrages gewährt werden. Die Antragsstellerin oder der Antragssteller hat sich ferner zu verpflichten, den ihr oder ihm aus Haushaltsmitteln der Justizverwaltung gewährten Erstattungsbetrag ohne besondere Aufforderung zurückzuzahlen, soweit sie oder er zusammen mit nachträglichen Zuwendungen Dritter die Summe ihrer oder seiner Auslagen überschreitet. 5 Die Rundverfügung vom 22.06.1977 (4454 - IV B. 2) wird aufgehoben. 6 Diese Rundverfügung tritt rückwirkend zum 01.07.2004 in Kraft.