LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7232 04.11.2014 Datum des Originals: 04.11.2014/Ausgegeben: 07.11.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2767 vom 8. Oktober 2014 der Abgeordneten Kai Abruszat und Dirk Wedel FDP Drucksache 16/6991 Haushaltskontrolle: BLB und Schwarzarbeit – was sagt die Landesregierung? Der Finanzminister hat die Kleine Anfrage 2767 mit Schreiben vom 4. November 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie , Mittelstand und Handwerk, dem Minister für Inneres und Kommunales und dem Minister für Arbeit, Integration und Soziales beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut einem Bericht der Neuen Westfälischen vom 3. Oktober 2014 sind auf der landeseigenen Baustelle des Zentralgefängnisses für Schwerverbrecher in Werl bei einer Routinekontrolle des Zolls mehrere Schwarzarbeiter aufgegriffen worden. Neben ausländerrechtlichen Verstößen werde der Neuen Westfälischen zu Folge „wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt, Beihilfe zum illegalen Aufenthalt, Steuerverkürzung und Mindestlohnverstößen gesondert ermittelt“. Dadurch rückt der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) des Landes NRW erneut in die Negativschlagzeilen. Vor dem Hintergrund einer effektiven Haushaltskontrolle sind Informationen zu diesem Vorfall von Nöten. Dieses gilt umso mehr, als dass die rot-grüne Landesregierung 2012 ein Tariftreue- und Vergabegesetz auf den Weg gebracht hat, welches bei der Vergabe öffentlicher Aufträge anzuwenden ist. Vorbemerkung der Landesregierung Mit Blick auf die Vorbemerkung in der Kleinen Anfrage 2767 und die dort genannte Presseberichterstattung vom 03.10.2014 bezieht sich die nachfolgende Beantwortung ausschließlich auf Baustellen des Bau- und Liegenschaftsbetriebs NRW (BLB NRW). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7232 2 1. Wie erklärt die Landesregierung, dass es offensichtlich zu derart massiven Verstößen auf einer landeseigenen Baustelle des Bau- und Liegenschaftsbetriebs gekommen ist? Der BLB NRW hat nach einer europaweiten Ausschreibung den Neubau einer Sicherungsverwahrung für die Justizvollzugsanstalt (JVA) Werl extern vergeben. Die am Projekt beteiligten Firmen haben dem BLB NRW gegenüber schriftlich erklärt, dass keine Verstöße gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) vorliegen und Verfehlungen im Laufe der Vertragserfüllung entsprechend geahndet werden. Die beauftragten Firmen sind dafür verantwortlich, dass ihre Subunternehmer die genannten Auflagen ebenfalls erfüllen. Die Arbeiten auf dem Gelände der JVA Werl unterliegen einem umfangreichen Sicherheitskonzept , das vom BLB NRW mit dem Justizministerium und der JVA Werl erarbeitet wurde. Der Zugang zum Gelände und zur Baustelle wird über eine Schleuse mit Wachcontainer unter Vorlagezwang eines Baustellenausweises kontrolliert. Nach Angaben des BLB NRW hat die Kontrolle des Zolls ergeben, dass bei einem Subunternehmer beschäftigte Personen nicht identisch mit den Inhabern der Baustellenausweise waren und nicht über die erforderlichen Unterlagen zur ordnungsgemäßen Beschäftigung auf der Baustelle verfügten. Die Verstöße sind offenbar durch die kriminelle Energie und den unbefugten Zutritt einzelner Personen entstanden. Der Hauptauftragnehmer des BLB NRW hat das Vertragsverhältnis mit dem Subunternehmer sofort gekündigt und die Zugangskontrollen weiter verschärft. 2. Wie stellt die Landesregierung zukünftig sicher, dass auf landeseigenen Baustel- len – auch aufgrund der Vorbildfunktion der öffentlichen Hand – derartige Rechtsverstöße nicht mehr vorkommen? Der BLB NRW als zuständiger Bauherr wendet das Instrumentarium des Vergaberechts zur Vorbeugung (z.B. Eigenerklärung von Bietern, Vorlage von Bescheinigungen oder Einholung von Auskünften) und Sanktionierung (z.B. Ausschluss von einem konkreten Auftrag oder von künftigen öffentlichen Vergaben) von derartigen Rechtsverstößen an. Zudem nutzt der BLB NRW bei Abschluss der Bauverträge seine vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten, um sicherzustellen , dass es auf landeseigenen Baustellen nicht zu Verstößen gegen das SchwarzArbG kommt. So ist etwa im Fall der Unrichtigkeit der Eigenerklärung ein Sonderkündigungsrecht des öffentlichen Auftraggebers geregelt. Ein weiterer Aspekt ist die Baustellenkontrolle. Bei Großbauvorhaben sind Zugangskontrollen vorgesehen, die unter anderem verhindern sollen, dass Unternehmen bezüglich ihrer Mitarbeiter den sozialversicherungsrechtlichen Melde-, Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht nachkommen. Die Überprüfung der relevanten Tatsachen vor Ort auf der Baustelle obliegt den Behörden der Zollverwaltung nebst den sie unterstützenden Stellen. Bei einem vermuteten Verstoß gegen das SchwarzArbG unterrichtet der BLB NRW die zuständigen Verfolgungsbehörden. 3. Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung im Hinblick auf die Aufbau- und Ablauforganisation des Bau- und Liegenschaftsbetriebes des Landes NRW aus diesem Vorfall? Die Verstöße sind hier offensichtlich auf die kriminelle Energie und den unbefugten Zutritt einzelner Personen vor Ort auf der Baustelle zurückzuführen. Der BLB NRW schöpft die ihm zur Verfügung stehenden Instrumente des Vergaberechts, der Vertragsgestaltung und der Kontrolle zur Vermeidung von Verstößen gegen das SchwarzArbG in der Praxis aus. Ein LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7232 3 unmittelbarer Zusammenhang des Vorfalls mit der Aufbau- und Ablauforganisation des BLB NRW ist nicht erkennbar. 4. Wie konnten trotz des von der Landesregierung massiv verteidigten Tariftreue- und Vergabegesetzes, wonach bei der Vergabe öffentlicher Aufträge höchste Maßstäbe an Standards angelegt werden, dennoch derart massive Rechtsverstöße begangen werden? Es kann nie ganz ausgeschlossen werden, dass durch kriminelles Verhalten einzelner Personen derartige Rechtsverstöße begangen werden. 5. Welche strafrechtlich relevanten Handlungen hat es seit dem 01.01.2012 auf lan- deseigenen Baustellen insgesamt gegeben (bitte auflisten nach Verstößen gegen das Ausländerrecht, Verstößen wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt, Beihilfe zum illegalen Aufenthalt, Steuerverkürzung, Sozialversicherungsbetrug , Mindestlohnverstöße und anderer vergleichbarer Delikte)? Dem BLB NRW sind - neben dem konkret vorliegenden Sachverhalt bei dem Neubau der Sicherungsverwahrung in Werl - keine strafrechtlich relevanten Handlungen bekannt.