LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7264 07.11.2014 Datum des Originals: 07.11.2014/Ausgegeben: 12.11.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2774 vom 9. Oktober 2014 der Abgeordneten Kai Abruszat und Ralf Witzel FDP Drucksache 16/7000 Marginale Haushaltsverbesserungen mit existenziell nachteiligen Folgen für Kleinbetriebe – Droht den Lottofilialen in Folge einer mehr als Verzwölffachung der Lizenzgebühren durch die rot-grüne Landesregierung der Kollaps? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2774 mit Schreiben vom 7. November 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin und dem Finanzminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut einem Bericht der Rheinischen Post vom 7. Oktober 2014 haben die Bezirksregierungen in NRW zum 1. Oktober die Gebühr für eine Fünf-Jahres-Lizenz, die zum Verkauf staatlicher Lottoscheine berechtigt, von 100 auf 1.250 Euro erhöht. Statt bislang 360.000 Euro sollen so 4,5 Millionen Euro in den Landeshaushalt fließen. Diese Verzwölffachung bei der Festsetzung von Lizenzgebühren wirft erhebliche Fragen auf. Der Lotto- und Toto-Verband in NRW hat Schätzungen angestellt, wonach mehr als 300 Lotto- Filialen ihren Geschäftsbetrieb einstellen müssten, weil sie nicht in der Lage seien, die drastisch erhöhten Lizenzkosten zu begleichen. Insgesamt soll es in NRW 3.600 Lotto- Annahmestellen geben. Angesichts der Tatsache, dass der Inhaber einer Lotto-Filiale lediglich 6,55% Provision vom Lottoumsatz behalten kann, der durchschnittlich im Monat bei 7.000 Euro liegen soll, ist verständlich, dass durch die von der rot-grünen Landesregierung beziehungsweise den Bezirksregierungen angeordneten Gebührenerhöhung eine substantielle Gefahr für die wirtschaftliche Existenz einzelner, in der Regel kleinerer Filialinhaber ausgehen kann. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7264 2 Im Übrigen dienen kleinere Einzelhandelsgeschäfte, in denen in der Regel Lotto- Annahmestellen integriert sind, auch der Versorgung der Bevölkerung mit einem Sortiment für den täglichen Bedarf. Nicht selten sind gerade diese Geschäftsmodelle, besonders im ländlich-mittelständisch strukturierten Umfeld, ein wichtiger Bestandteil der Begegnung von Menschen und damit auch des örtlichen Sozialraums und erfüllen Funktionen, die über den reinen Verkauf von Waren hinausgehen. 1. Welche Motive haben die Landesregierung veranlasst, eine Verzwölffachung der Lizenzgebühren in NRW zu Lasten der Lotto-Annahmestellen anzuordnen? Die Anhebung der Verwaltungsgebühr für die Erteilung der Erlaubnis zum Betrieb einer Annahmestelle nach § 4 des Ausführungsgesetzes NRW zum Glücksspielstaatsvertrag (AG GlüStV NRW) beruht zum einen auf der Änderung rechtlicher Vorgaben und wurde darüber hinaus notwendig, um den Beanstandungen des Rechnungsprüfungsamtes Arnsberg vom 31.01.2014 Rechnung zu tragen. Mit Änderungsverordnung vom 19.02.2013 wurde die Rahmengebühr für eine bis zu fünf Jahre gültige Erlaubnis zum Betrieb einer Annahmestelle von 50 Euro bis 1.000 Euro auf 50 Euro bis 5000 Euro angehoben, um der allgemeinen Kostenentwicklung Rechnung zu tragen. Die Erhöhung trat mit Wirkung vom 28.02.2013 in Kraft. Dies bewirkt für sich genommen eine deutliche Erhöhung der bis dahin erhobenen Gebühren. Eine weitere Erhöhung wurde wegen einer Prüfungsbeanstandung des Staatlichen Rechnungsprüfungsamts Arnsberg vom 31.01.2014, welche sich auf eine Entscheidung des OVG NRW vom 21.08.2004 - 9 A 3155/01 stützte, erforderlich. Nach dieser Entscheidung ist bei der Festsetzung der Gebühren regelmäßig nicht der untere, sondern der mittlere Bereich des Gebührenrahmens zu wählen. Der mittlere Bereich des oben dargestellten im Februar 2013 erhöhten Gebührenrahmens lag zwischen 1.700 Euro und 3.350 Euro. Die Gebühr ist auch nach den Vorgaben der Rechtsprechung angemessen. Nach § 9 Abs. 1 Gebührengesetz (GebG) NRW ist bei der Gebührenbemessung einerseits der Verwaltungsaufwand und andererseits der wirtschaftliche oder sonstige Nutzen der Amtshandlung zu Grunde zu legen. In korrekter Anwendung dieser Maßstäbe haben sich die zuständigen Bezirksregierungen darauf verständigt, eine Gebühr von 250 Euro für eine Neueinrichtung, Übertragung und Verlängerung pro angefangenem Jahr zu erheben. Bezogen auf die regelmäßige Gültigkeitsdauer einer Erlaubnis von fünf Jahren beträgt die Gebühr lediglich in der Summe 1.250 Euro. Für die Genehmigung der Verlegung einer Annahmestelle und für den Wechsel in der Person des Annahmestellenleiters soll zu Gunsten der Gebührenzahler auf Grund des geringeren Prüfaufwandes in der Regel lediglich die Hälfte in Ansatz gebracht werden. Selbst mit der Fünfjahresgebühr von 1.250 Euro sind die Bezirksregierungen 450 Euro unter dem regelmäßig in Ansatz zu bringenden mittleren Bereich geblieben. Damit wurde zum einen den rechtlichen Vorgaben bei der Gebührenbemessung Rechnung getragen als auch die Folgen der deutlichen Gebührenerhöhung zu Gunsten der Gebührenzahler abgemildert. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7264 3 2. Vor dem Hintergrund, dass gebührenrechtliche Veränderungen insbesondere dieser Größenordnung auch einer gerichtlichen Kontrolle zugeführt werden können: Wie rechtfertigt die Landesregierung die angeordnete Verzwölffachung der Linzenzgebühren im Hinblick auf die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Willkürverbotes? Die vorgenommenen Gebührenänderungen basieren auf den in der Antwort zu Frage 1 dargestellten rechtlichen Vorgaben und Gründen. Wie dort ausgeführt, sind die Bezirksregierungen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung mit der veranschlagten Gebühr noch unter dem regelmäßig in Ansatz zu bringenden mittleren Bereich geblieben. Sachgerechte Gründe für eine weitere Ermäßigung sind nicht ersichtlich. 3. Wie beurteilt die Landesregierung die in der Vorbemerkung zu dieser Kleinen Anfrage dargestellte Sorge des Lotto- und Toto-Verbandes in NRW, wonach aufgrund der drastisch gestiegenen Lizenzkosten „mehr als 300“ Lotto-Filialen ihren Geschäftsbetrieb einstellen müssten? Die Erhöhung der Genehmigungsgebühr von derzeit 1,66 Euro pro Betrieb und pro Monat auf 20,83 Euro zieht eine Mehrbelastung von 19,17 Euro pro Monat und pro Betrieb nach sich. Schon allein in der Summe dürfte diese Mehrbelastung nicht geeignet sein, eine Grenze zwischen einem wirtschaftlichen und einem unwirtschaftlichen Betrieb einer Annahmestelle zu ziehen. Im Übrigen steht es der WestLotto GmbH & Co OHG frei, die Auswirkungen von gesetzlichen Gebühren auf Betreiber von Lottoannahmestellen durch eine entsprechende Lizenzgestaltung abzumildern. 4. Betragsmäßig welche vergleichbaren Gebührensätze, jeweils einzeln für die anderen Bundesländer, hat die Landesregierung in puncto Lizenzgebühren der Lottoannahmestellen als Referenzrahmen ermittelt, bevor sie die Entscheidung ihrer Kostenexplosion in Nordrhein-Westfalen getroffen hat? Da die Maßnahme auf der Umsetzung landesrechtlicher Vorgaben beruht, gab es keine Veranlassung, die Gebührensätze, welche andere Länder eigenverantwortlich nach deren Landesrecht und Rechtsprechung festlegen, systematisch abzufragen. 5. Inwieweit hat die Landesregierung vor dem Inkrafttreten der drastischen Erhöhung der Lizenzgebühren mit Wirkung zum 1. Oktober diesen Jahres die betroffenen Akteure und Verbände in die Entscheidungsfindung in einem dialogorientierten Prozess eingebunden? Die Notwendigkeit der Gebührenerhöhung wurde im Vorfeld mit der Geschäftsführung von WestLotto erörtert. Die Gründe wurden ausführlich dargelegt.