LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7300 12.11.2014 Datum des Originals: 12.11.2014/Ausgegeben: 17.11.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2809 vom 21. Oktober 2014 der Abgeordneten Kai Abruszat und Ernst-Ulrich Alda FDP Drucksache 16/7078 Haushaltskontrolle: Kommt es in Folge der Haushaltssperre des Landes zu einem Wegfall der Förderung von zusätzlichen Plätzen in anerkannten Werkstätten für Menschen mit Behinderung? Der Minister für Arbeit, Integration und Soziales hat die Kleine Anfrage 2809 mit Schreiben vom 12. November 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die vom Finanzminister verhängte Haushaltssperre trifft offensichtlich auch anerkannte Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Einem Bericht der Ruhr Nachrichten vom 16.10.2014 zu Folge soll „der Ausbau vieler chronisch überfüllter Werkstätten für behinderte Menschen“ besonders „betroffen“ sein. In diesem Zeitungsbericht wird, vermutlich beruhend auf Informationen der Finanzabteilung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, davon ausgegangen, dass „die angedachte Mitfinanzierung des Landes in Höhe von 2,3 Millionen Euro“ wegfällt und „deshalb […] nur 273 der ursprünglich 343 neuen Werkstattplätze realisiert “ werden. Zahlen und Fakten den Landschaftsverband Rheinland betreffend werden nicht explizit benannt. Werkstätten für Menschen mit Behinderungen sind wichtige Einrichtungen. Sie dienen der sozialen Rehabilitation und beruflichen Integration von Menschen mit geistiger, psychischer oder körperlicher Behinderung. Sie eröffnen diesem Personenkreis die Chance, ein Recht auf Arbeit auch tatsächlich wahrzunehmen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7300 2 1. Inwieweit ist es zutreffend, dass das Land eine angedachte Mitfinanzierung zusätzlicher Plätze in anerkannten Werkstätten für Menschen mit Behinderung in Folge der Haushaltssperre nicht mehr vollumfänglich beziehungsweise wie vor dem Inkrafttreten der Haushaltssperre angedacht gewährleistet? Es trifft zu, dass nach Verhängung der Haushaltssperre keine Neubewilligungen aus Landesmitteln zum Bau und zur Einrichtung von Werkstätten für Menschen mit Behinderung ausgesprochen werden können. 2. Sofern das Land sich in Folge der Haushaltssperre zumindest teilweise aus der Förderung zusätzlicher Plätze in anerkannten Werkstätten für Menschen mit Behinderung zurückzieht: Wie beurteilt die Landesregierung die sich hieraus ergebenden Konsequenzen für die Qualität der Arbeit an den betroffenen Werkstätten für Menschen mit Behinderungen im Land? Nordrhein-Westfalen hat ein gut ausgebautes, regionalisiertes Netz von Beschäftigungsmöglichkeiten in Werkstätten. Aktuell bestehen in NRW rd. 64.700 Werkstattplätze. Die Dichtezahl liegt in NRW bei rd. 5,7 pro 1.000 Einwohner (18 bis unter 65 Jahre) und damit deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt von 5,3. Da die Zahl der Werkstattbeschäftigten – unter anderem aufgrund mangelnder Alternativen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt – steigend ist, wird in NRW die Zahl der Werkstattplätze jährlich bedarfsorientiert erhöht. So werden – trotz Wegfall der Landesförderung – in diesem Jahr vorbehaltlich der Zustimmung der politischen Vertretungen der Landschaftsverbände die Förderung für 633 zusätzliche Werkstattplätze zugesichert. Bei der Bedarfsplanung, die in enger Abstimmung mit dem jeweiligen Werkstattträger erfolgt, wird insbesondere berücksichtigt, dass nicht jeder/jede Werkstattbeschäftigte einen (Vollzeit- )Arbeitsplatz innerhalb der Werkstatt benötigt. Hierzu leisten insbesondere die Förderung von Teilzeitbeschäftigung, Jobsharing, betriebsintegrierten bzw. Außenarbeitsplätzen wesentliche Beiträge. Insoweit ist die Qualität der Leistung für die Werkstattbeschäftigten durch die Haushaltssperre des Landes nicht beeinträchtigt. Die Landschaftsverbände berücksichtigen bei den Planungen zum Ausbau der Werkstattplätze , dass Menschen mit einer (drohenden) wesentlichen Behinderung, sofern sie aufgrund der Art und der Schwere ihrer Behinderung nicht oder nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden können, einen Rechtsanspruch auf Teilhabeleistungen zur Beschäftigung in einer Werkstatt haben und stellen diesen sicher. 3. Wie beurteilt die Landesregierung einen etwaigen Wegfall der Förderung von zu- sätzlichen Plätzen in anerkannten Werkstätten für Menschen mit Behinderung vor dem Hintergrund der von ihr selbst gesteckten Ziele zur Inklusion? Die Förderung von Werkstattarbeitsplätzen ist ein wichtiger Baustein, jedoch auch „nur“ ein einzelner Baustein des Angebots zur Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderung . Inklusion sowie ein inklusiver Arbeitsmarkt sind Ziele, die nicht sofort zu erreichen sind und an denen alle Akteure mitwirken müssen. Gerade um dem Leitgedanken der UNBehindertenrechtskonvention zu folgen, gibt die Landesregierung der Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Teilhabe am allgemeinen Arbeitsmarkt Vorrang und unterstützt dies durch LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7300 3 verschiedene Instrumente der Beschäftigungspolitik (wie z. B. STAR, das Landesprogramm „Integration unternehmen!“ sowie die Initiative „Teilhabe an Arbeit – 1.000 Außenarbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen“). Daneben setzt die Landesregierung sich für den erforderlichen Bewusstseinswandel hin zu einem inklusiven Arbeitsmarkt ein, z. B. durch die Arbeit im Inklusionsbeirat bzw. dem Fachbeirat „Arbeit und Qualifizierung“, in dem die Akteure des Arbeitsmarktes gemeinsam an Lösungen für den inklusiven Arbeitsmarkt arbeiten. Personen, denen zumindest zeitweise eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht möglich ist, wird aber auch weiterhin die Teilhabe am Arbeitsleben in Anbindung an eine Werkstatt ermöglicht. Die Landesregierung plant für das Jahr 2015 erneut, rund 5 Mio. Euro für den bedarfsgerechten Ausbau an Arbeitsplätzen und die Ausstattung der Arbeitsplätze in Werkstätten zur Verfügung zu stellen. 4. Wie viele neue Werkstattplätze können in Folge der Haushaltssperre des Landes in diesem Jahr nicht mehr realisiert werden (bitte möglichst detailliert aufschlüsseln )? Wie bei der Antwort auf die Frage 2 ausgeführt, beabsichtigen die Landschaftsverbände unter finanzieller Beteiligung der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit in diesem Jahr entsprechend dem Bedarf 633 zusätzliche Plätze zu fördern. 5. In welcher Größenordnung belaufen sich die Haushaltsmittel des Landes, die die Landesregierung in Folge der Haushaltsperre für die ursprünglich angedachte Förderung von zusätzlichen Plätzen in anerkannten Werkstätten für Menschen mit Behinderung nun nicht mehr verausgaben will? Die Ausgaben im Haushaltsjahr 2014 sind von der Haushaltssperre nicht betroffen, da diese vollumfänglich durch Bewilligungen aus Vorjahren belegt sind. Durch die Haushaltssperre können die Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von rund 5 Mio. Euro (für die Jahre 2015 und 2016) nicht in Anspruch genommen werden.