LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7316 13.11.2014 Datum des Originals: 12.11.2014/Ausgegeben: 18.11.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2795 vom 15. Oktober 2014 der Abgeordneten Serap Güler CDU Drucksache 16/7041 Geschlechtergerechtigkeit in der Berufsorientierung ist nötig – Ist die Landesregierung zu zögerlich? Der Minister für Arbeit, Integration und Soziales hat die Kleine Anfrage 2795 mit Schreiben vom 12. November 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Weiterbildung, der Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport und der Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Berufswahl von Jungen und Mädchen wird nicht selten von Stereotypen dominiert, die im Laufe der Zeit durch die Kategorisierung aufgrund des Geschlechts entstehen. Ein Großteil der geschlechtlichen Sozialisation ist bereits weit fortgeschritten, wenn die ersten Instrumente der Berufsorientierung einsetzen. Junge Menschen bedürfen daher vielfach der Ermutigung , bei Interesse und Neigung auch geschlechtsuntypische Berufe zu ergreifen. In der vom Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen herausgegebenen Broschüre „Neues Übergangssystem Schule – Beruf in NRW. Zusammenstellung der Instrumente und Angebote“ (Stand November 2012) heißt es: „Der Ausbildungskonsens des Landes NRW beschließt zur Einführung eines transparenten geschlechtersensiblen „Neuen Übergangssystems Schule – Beruf in NRW“ mit klaren Angebotsstrukturen für Schüler und Schülerinnen die nachfolgenden Umsetzungsschritte […].“ (S. 6) Offensichtlich zur Unterstützung der Geschlechtersensibilisierung hat das Land NordrheinWestfalen ein Projekt mit dem Namen „Genderkompetent NRW“ ins Leben gerufen. Ziel ist es, die Qualität im Übergang Schule – Beruf durch Geschlechtersensibilität zu erhöhen. Die im Rahmen dieses Projekts angebotenen Veranstaltungen und Schulungen basieren aller- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7316 2 dings auf Freiwilligkeit. Der Erfolg dieses Projekts ist demnach stark abhängig von dem Engagement und der Eigenverantwortung der angesprochenen Personengruppen. 1. Hält die Landesregierung es für sinnvoll, Erzieherinnen und Erzieher hinsichtlich Geschlechtersensibilität verpflichtend zu schulen? Bereits bei der Ausbildung zur Staatlich anerkannten Erzieherin/zum Staatlich anerkannten Erzieher in der Fachschule für Sozialpädagogik wird die Schulung zur Geschlechtersensibilität berücksichtigt. In dem Kapitel „Intention der Bildungsgänge“ wird in dem Lehrplan ausgeführt : „Zu einer umfassenden Handlungskompetenz gehört auch die Sensibilisierung für die Wirkungen tradierter männlicher und weiblicher Rollenprägungen und die Entwicklung alternativer Verhaltensweisen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern (Gender Mainstreaming).“ 2. Bestehen Hindernisse und Beschränkungen für Personen, die der Schulverwal- tung unterstehen, an Schulungen im Rahmen des Projekts „Genderkompetent NRW“ teilzunehmen? 3. Wenn ja, was sind die Gründe hierfür? Grundsätzlich können alle interessierten Personen an Schulungen im Rahmen des Projekts „Genderkompetent NRW“ teilnehmen. Hindernisse und Beschränkungen bestehen, wenn dienstliche Belange dem entgegenstehen. 4. In welcher Weise sind Lehrerinnen und Lehrer hinsichtlich der genderbezogenen Kompetenzen geschult (z.B. durch Studium, Referendariat und Weiterbildung)? Der Aspekt der genderbezogenen Kompetenzen ist Bestandteil der verbindlichen Vorbereitung von angehenden Lehrkräften auf eine Schule der Vielfalt. Sowohl in den KMKStandards für die Bildungswissenschaften für die universitäre Lehrerausbildung wie auch im Kerncurriculum für den Vorbereitungsdienst in NRW ist das Thema Vielfalt – auch das Thema Geschlechtergerechtigkeit in Schulleben und Unterricht - obligatorischer Gegenstand der Ausbildung. Durch die 2014/2015 geplante Überarbeitung aller Rechtsvorschriften zur ersten und zweiten Phase der Lehrerausbildung wird dieser Aspekt weiter konkretisiert werden. 5. Welche verpflichtenden bzw. freiwilligen Angebote der Weiter-bildungen zur Ge- schlechtersensibilisierung für die betreffenden Personengruppen, also zum Beispiel für Erzieher/innen, Lehrer/ innen und Berufsberater/innen, gibt es? Zu Angeboten der Weiterbildung zur Geschlechtersensibilisierung für Erzieher/innen liegen der Landesregierung keine Informationen vor, da die Verantwortung für die Fortbildung des pädagogischen Personals bei den Trägern der Kindertageseinrichtungen als Arbeitgeber liegen. Geschlechtersensibilisierung in der Schule ist Aufgabe aller Fächer und ist somit eine Querschnittsaufgabe . Über die Suchmaschine für Lehrer-fortbildung NRW haben Schulen die LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7316 3 Möglichkeit, aus zahlreichen Angeboten genderrelevanter Themen dritter Anbieter auszuwählen . Mit den 8 Fortbildungsprogrammen der Fortbildungsinitiative des Ministeriums für Schule und Weiterbildung konzentriert sich die staatliche Lehrerfortbildung bewusst auf die Unterrichtsentwicklung für eine neue Lehr- und Lernkultur. Bei der Konzept- und Materialentwicklung werden Genderkriterien beachtet. Für die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat Gender Mainstreaming generell eine besondere, weil doppelte Bedeutung: Bei der Aufgabenerledigung im Rahmen der Arbeitsförderung - also im Kundenkontakt nach außen – ist Gender Mainstreaming als durchgängiges Prinzip zu verfolgen (§ 1 Abs. 1 Sozialgesetzbuch III). Aber auch nach innen – für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - ist die BA dem Prinzip der Chancengleichheit verpflichtet (§ 2 Bundesgleichstellungsgesetz ). Die Genderthematik ist sowohl in die Studiengänge an der Hochschule der BA implementiert, als auch in die BA-Ausbildung „Fachangestellte/r für Arbeitsmarktdienstleistungen“ und Traineeprogramme . Neu in ihrer Tätigkeit eingesetzte Berufsberaterinnen und Berater für akademische Berufe erhalten eine verpflichtende Grundqualifizierung zur Vorbereitung auf ihr künftiges Aufgabengebiet , in der das Thema Geschlechtersensibilisierung ebenfalls entsprechende durchgängige Berücksichtigung im Rahmen der Fallbearbeitungen zur Erarbeitung beruflicher Perspektiven und individueller Problemlagen findet. Im Rahmen weiterer Fortbildungen wird dem Thema ebenfalls Rechnung getragen. Daneben gibt es zahlreiche freiwillige, spezialisierte Lernangebote in Form von E-Learning (z.B. Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG, Bundesgleichstellungsgesetz, Diversitiy bei der Zusammenarbeit, Diversity in Beratung und Vermittlung), Weiterbildungsangeboten sowie Arbeitshilfen und Materialen.