LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7323 17.11.2014 Datum des Originals: 14.11.2014/Ausgegeben: 20.11.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2782 vom 9. Oktober 2014 des Abgeordneten Kai Abruszat FDP Drucksache 16/7016 Kommunale Tariferhöhungen für das Taxi-Gewerbe – Welche Informationen kann die Landesregierung geben? Der Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr hat die Kleine Anfrage 2782 mit Schreiben vom 14. November 2014 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Integration und soziales, dem Minister für Wirtschaft, Energie , Industrie, Mittelstand und Handwerk und dem Minister für Inneres und Kommunales beantwortet . Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Sicherstellung eines ausreichenden Nahverkehrsangebots kommt seit jeher eine zentrale Bedeutung im Rahmen der örtlichen Daseinsvorsorge zu. Gerade in einer älter werdenden Gesellschaft, in der ein immer größerer Teil der Bevölkerung notwendige Wege nicht bzw. nicht mehr mit dem eigenen Auto oder mit dem Fahrrad zurücklegen kann, ist der Nahverkehr von essentieller Bedeutung. Während es in den Großstädten und Verdichtungsräumen Nordrhein-Westfalens durch Zug-, U-Bahn- und Straßenbahnverbindungen sowie Buslinien zumeist ein hervorragendes ÖPNV-Angebot gibt, ist dies in vielen peripheren Regionen des Landes nicht der Fall. Im ländlichen Raum existieren vielerorts allenfalls Buslinien mit grobmaschigen Streckennetzen und unregelmäßigen Fahrplantaktungen. Zur Aufrechterhaltung eines Grundangebots an Nahmobilität ist man hier auf ergänzende Angebote, insbesondere von Taxidienstleistern, angewiesen. Taxiunternehmen leisten im Rahmen des Nahverkehrs im ländlichen Raum wertvolle Dienste , sowohl bei der Ergänzung der Schülerbeförderung als auch z.B. beim Transport älterer Menschen zu Arztbesuchen. In dünn besiedelten Gebieten ist die Verfügbarkeit eines ausreichenden und bezahlbaren Taxiangebots ein wichtiger Baustein der örtlichen Daseinsvor- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7323 2 sorge. Insofern ist es naheliegend, dass die Entgelte für Taxifahrten dezentral auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte in sogenannten Taxitarifordnungen festgelegt werden. Zwar haben die Räte und Kreistage bei der Aufstellung ihrer Taxitarifordnungen gewisse Spielräume. Gleichwohl müssen die darin festgelegten Entgelte insoweit auskömmlich sein, dass sich eine ausreichende Anzahl an Dienstleistern findet, die eine flächendeckende Versorgung des jeweiligen Tarifgebietes mit Beförderungsangeboten sicherstellen. Dieses notwendige Gleichgewicht ist augenblicklich gegeben, könnte jedoch durch die Einführung des flächendeckenden Mindestlohns im Taxigewerbe in Gefahr geraten. Denn der ab dem Jahreswechsel 2015 geltende Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde (ohne Trinkgeld) kann im Rahmen der geltenden Tarife gerade in ländlichen Gebieten zu einer großen Herausforderung werden. Einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zufolge haben erste Taxiunternehmen bereits damit begonnen, ihre Mitarbeiter zu entlassen. Allein für Niedersachsen wird ein Verlust von 5.000 bis 7.000 Arbeitsplätzen prognostiziert (FAZ online; 23.09.2014; „Taxiunternehmen kündigen Fahrern wegen Mindestlohns“). Für die auf Taxifahrten angewiesenen Menschen kann diese Entwicklung schwerwiegende Folgen haben. Denn entweder zieht sich das Taxigewerbe aus der Fläche zurück, so dass es zukünftig im ländlichen Raum keine ausreichende Nahverkehrsversorgung mehr gibt, oder, die kommunalen Entscheidungsträger müssen erhebliche Tarifsteigerungen beschließen , die sich gerade ältere Menschen mit niedrigen Renten kaum noch leisten können. Die Lösung dieses Problems ist zu komplex, um allein auf der kommunalen Ebene gelöst werden zu können. Vielmehr bedarf es landesweiter Überlegungen, unter welchen Rahmenbedingungen der Nahverkehr in den ländlichen Regionen Nordrhein-Westfalens unter den veränderten Umständen auch weiterhin gewährleistet werden kann. Einem Bericht der Rheinischen Post vom 09.10.2014 zu Folge sollen im Rheinland bereits Tarif-Erhöhungen von 20 Prozent beantragt worden sein. Nicht nur die Grundgebühr soll angehoben werden. Auch der Kilometerpreis „soll um 20 Cent steigen“. Der deutsche Taxiund Mietwagenverband soll Erhöhungen von 25 bis 40 Prozent vorgeschlagen haben. Nach einem Bericht der Tageszeitung „Die Welt“ vom 08.10.2014 soll das Taxifahren „bis zu 30 Prozent teurer werden“. 1. Welche Bedeutung misst die Landesregierung dem Taxigewerbe besonders in ländlichen Kommunen hinsichtlich seines Beitrags zum Nahverkehrsangebot zu, durch den – in Ermangelung alternativer ÖPNV-Angebote – vielerorts die Grundmobilität insbesondere älterer Menschen sichergestellt wird? Die Auswirkungen des demographischen Wandels sind besonders im ländlichen Raum zu spüren. Dort kommt dem Taxiverkehr im Rahmen des Nahverkehrs eine bedeutende Rolle zu. Kernaufgabe der Verkehrsplanung in ländlich strukturierten Räumen wird es künftig sein, zentrale Linienverkehre zu stärken, flexible Verkehre als Ergänzung bedarfsorientiert anzubieten und ehrenamtliches Engagement, zum Beispiel in Form von Bürgerbusverkehren, zu bekräftigen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7323 3 2. Welche kommunalen Tarifstrukturen für die Personenbeförderung in Taxis existieren in den einzelnen Kreisen und kreisfreien Städten des Landes (bitte tabellarische Darstellung der einzelnen Tarife, differenziert nach Kreisen und kreisfreien Städten)? Die Festlegung der Beförderungsentgelte und -bedingungen (Taxitarifordnungen) liegt in der Zuständigkeit der Kreise und kreisfreien Städte. Der Landesregierung liegen keine eigenen Informationen vor. 3. Welche Kenntnis hat die Landesregierung von geplanten kommunalen Tarifstei- gerungen, zum Beispiel infolge der Einführung des Mindestlohns im Taxigewerbe ? Die Kreise und kreisfreien Städte sind personenbeförderungsrechtlich verpflichtet zu prüfen, ob eine Tariferhöhung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmers, einer ausreichenden Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals und der notwendigen technischen Entwicklung angemessen ist. In fast allen Kreisen und kreisfreien Städten in Nordrhein -Westfalen wurden Anträge auf Erhöhung des Taxitarifes gestellt. Diese werden zunächst behördenintern geprüft und dann durch die politischen Gremien der Kreise und kreisfreien Städte beschlossen. Tarifanpassungen, die nicht zum Jahresbeginn 2015 erfolgen können, sollen möglichst im ersten Quartal 2015 umgesetzt werden. 4. Gerade in ländlichen Kommunen besteht die Gefahr, dass es infolge möglicher Entlassungen im Taxigewerbe zu einer Ausdünnung des Beförderungsangebots kommt. Welche Strategie verfolgt die Landesregierung, um im Falle eines ausgedünnten Taxiverkehrs in ländlichen Regionen weiterhin ein ausreichendes und bezahlbares Angebot an Nahmobilität – insbesondere für ältere Menschen – zu gewährleisten? Der Landesregierung liegen keine Kenntnisse über Entlassungen und damit verbundene Ausdünnungen in Nordrhein-Westfalen vor.