LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 16. Wahlperiode Drucksache 16/7328 17.11.2014 Datum des Originals: 17.11.2014/Ausgegeben: 20.11.2014 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2816 vom 21. Oktober 2014 des Abgeordneten André Kuper CDU Drucksache 16/7085 Fehlerhafte Verschuldungsstatistik – Wie hoch ist tatsächliche Pro-KopfVerschuldung der Kommunen in NRW? Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 2816 mit Schreiben vom 17. November 2014 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 6. Oktober 2014 berichteten die Ruhr Nachrichten über eine fehlerhafte Statistik zur ProKopf -Verschuldung der kreisangehörigen Kommune Selm. In der einzelgemeindlichen Auflistung der Pro-Kopf-Verschuldung der Kommunen hatte nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes die Stadt Selm eine Verschuldung von 12.114 Euro pro Kopf zum 31.12.2012. Bei der Veröffentlichung des statistischen Bundesamtes werden die integrierten kommunalen Schulden auf Ebene der einzelnen Gemeinde bzw. des einzelnen Gemeindeverbandes ausgewiesen . Hierbei werden neben den Schulden der Kernhaushalte auch die anteiligen Schulden (entsprechend der Beteiligungsverhältnisse) der Extrahaushalte und der sonstigen öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen zugerechnet. Laut IT.NRW hatte die Gemeinde Selm Schulden von 2.330,02 Euro pro Kopf im Kernhaushalt zum 31.12.2013 und 3.275,91 Euro zum 31.12.2012. Die Eigenbetriebe ohne eigene Rechtspersönlichkeit und die sonstigen Einrichtungen der Gemeinden/Gemeindeverbände in öffentlich-rechtlicher Form wiesen keinerlei weitere Schulden für Selm aus. Beteiligungen werden nicht erfasst. Nach Angaben des statistischen Bundesamtes wäre Selm damit die Stadt in NordrheinWestfalen mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung. Dies beruhe jedoch auf einen Übertragungsfehler . Hintergrund des Fehlers sei eine falsche Anrechnung einer Beteiligung am Lippe -Verband. IT.NRW habe die Zahlen dem statistischen Bundesamt zur Verfügung gestellt – LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7328 2 bei IT.NRW fließen die Beteiligungen aber nicht mit in die Berechnung der Verschuldungsquote ein, beim statistischen Bundesamt aber sehr wohl. Das statistische Bundesamt hat die Beteiligungen bewusst eingerechnet, um auch die Beteiligungen an Zweckverbänden im Rahmen der Verschuldung zu berücksichtigen. Hintergrund der fehlerhaften Berechnung beim statistischen Bundesamt ist derweil eine defekte Datei, die nicht 150 Mitglieder des Lippe-Verbandes auswies, sondern lediglich drei Mitglieder. Dadurch sei sie Verschuldung der Stadt Selm so hoch ausgefallen. Eine Richtigstellung des Fehlers hat über das statistische Landesamtes zu erfolgen. Vorbemerkung der Landesregierung Das Statistische Bundesamt hat in diesem Jahr gemeinsam mit den Statistischen Ämtern der Länder (d. h. unter Beteiligung von IT.NRW) eine Modellrechnung zu den kommunalen Schulden erstellt, in der die Verbindlichkeiten aller Beteiligungen bzw. Mitgliedschaften einer Kommune, dem Konzept „Konzern Stadt“ folgend, auf die Eigentümerkommunen rückgerechnet werden. Die methodische Herangehensweise sowie zentrale Ergebnisse der Modellrechnung sind Gegenstand der Veröffentlichung „Integrierte Schulden der Gemeinden und Gemeindeverbände - Anteilige Modellrechnung für den interkommunalen Vergleich“, die das Statistische Bundesamt gemeinsam mit den Statistischen Ämtern der Länder veröffentlicht haben (online abrufbar unter: https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/FinanzenSteuern/OeffentlicheHaushalt e/Schulden/IntegrierteSchulden5713201129004.pdf?__blob=publicationFile; Stand: 06.11.2014). Die in der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage 2816 genannten Verschuldungswerte entstammen der o. g. Modellrechnung. 1. Welche Fälle von fehlerhaften Daten sind der Landesregierung über den o.g. Fall hinaus bekannt – drei von 150 Mitgliedern des Lippe-Verbandes wurde die Verschuldung konkret angerechnet? Der Landesregierung sind keine weiteren fehlerhaften Meldungen bekannt. 2. Laut Bericht der Ruhrnachrichten fragt das statistische Landesamt, im Rahmen der Erhebung der Verschuldungsquote, auch die Beteiligungen ab, das Bundesamt veröffentlicht diese, um Transparenz zu schaffen. Wie ist der aktuelle Stand der Verschuldung der nordrhein-westfälischen Kommunen jeweils im Rahmen von Beteiligungen an Zweckverbänden? Die Schulden der Zweckverbände und anderer juristischer Personen interkommunaler Zusammenarbeit werden entsprechend den gesetzlichen Vorschriften statistisch erfasst, im Rahmen der kommunalen Schuldenstatistik jedoch nicht separat ausgewiesen. Informationen zum aktuellen Stand der im Rahmen von Beteiligungen an Zweckverbänden bestehenden Verschuldung der nordrhein-westfälischen Kommunen liegen der Landesregierung daher nicht vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/7328 3 3. Das statistische Bundesamt weist aus Transparenz und Übersichtlichkeitsgründen die gesamte Verschuldung der Kommunen inklusive der Beteiligungen aus. Aus welchen Gründen wurde gesetzlich geregelt, dass Kommunale Beteiligungen nicht bilanziert werden dürfen? Die kommunalen Beteiligungen bilanzieren nach den gesetzlichen Vorschriften. Ein Bilanzierungsverbot ist der Landesregierung nicht bekannt. 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Ausweisung der Verschuldung durch die Beteiligungen an kommunalen Zweckverbänden? Die Rückrechnung der Verbindlichkeiten aller kommunalen Beteiligungen auf die Eigentümerkommunen ist mit einem großen methodischen und operativen Aufwand verbunden und birgt daher ein erhöhtes Risiko von Berechnungsfehlern. Dies zeigt sich u.a. daran, dass die Berechnungsergebnisse für die baden-württembergischen Kommunen aufgrund einer systematisch fehlerhaften Erfassung der kommunalen Beteiligungsstrukturen der Zweckverbände erst gar nicht veröffentlicht wurden. Vor diesem Hintergrund erscheint die von den beteiligten Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder gewählte Lösung, die entsprechenden Auswertungen im Rahmen eines Modellprojekts durchzuführen, nachvollziehbar. 5. Für wie verlässlich hält die Landesregierung die eigene Statistik der kommuna- len Finanzen? Die Verlässlichkeit der Statistik hängt in erster Linie von der Qualität der von den Kommunen gemeldeten Daten ab. Für IT.NRW ist es zudem eine Daueraufgabe, mit Hilfe stetig verbesserter Plausibilitätskontrollen etwaige fehlerhafte Meldungen der Kommunen aufzuspüren. Insgesamt hält die Landesregierung die Finanzstatistik für zuverlässig.